Die digitale Kluft schmälern
UNO sieht in der Verbreitung von Informationstechnologie den Schlüssel zur Armutsbekämpfung
UN-Generalsekretär Kofi Annan hat sich für den bis Freitag in New York stattfindenden Milleniumsgipfel der Vereinten Nationen drei zentrale Ziele vorgenommen: Krisenbewältigung, Umweltschutz und Armutsbekämpfung. Letzteres Vorhaben wollen die Strategen der UN vor allem durch die systematische Verbreitung von Informationstechnologien in den Ländern der Dritten Welt erreichen.
"Vor drei Jahren"; so erklärte Mark Malloch Brown, der Vorsitzende des UN-Entwicklungsprogrammes UNDP am Donnerstag gegenüber telepolis, habe man sich in seiner Organisation zum ersten Mal Gedanken über das Internet gemacht. "Heute ist dieses Medium aus unserer Arbeit nicht mehr wegzudenken."
Mit der Erschließung von marginalisierten Regionen in Asien, Afrika und Lateinamerika mit Telekommunikationsnetzen und damit auch dem Internet verfolgt das UNDP zwei Ziele. Zum einen sollen Alphabetisierungs- und Ausbildungsprogramme erleichtert werden, zum anderen will man die wachsende digitale Kluft, den "digital gap" verkleinern. "Im Zeitalter der Globalisierung", so Mark Malloch Brown, "fallen die Entwicklungs- und Schwellenländer immer weiter zurück."; Die Chancen einer gleichwertigen wirtschaftlichen Entwicklung mit den Industrienationen sei damit immer weniger gegeben.
Dennis Gilhoody, Direktor der Abteilung für Informationstechnologie im UN-Entwicklungsprogramm erklärt den Hintergrund. Wenn man sich die Entwicklung der europäischen und US-amerikanischen Volkswirtschaft in den vergangenen Jahren ansehe, dann werde klar, dass der IT-Sektor die treibende Kraft gewesen sei. In der Konsequenz werde klar, dass die Entwicklungsländer in der Wirtschaftskraft künftig noch weiter zurückzufallen drohen, wenn sie von der neuen Technologie ausgeschlossen blieben.
Tatsächlich steht auf diesem Gebiet viel Arbeit an. In den afrikanischen Regionen abseits der Sahara leben nach Angaben der Vereinten Nationen fast zehn Prozent der Weltbevölkerung, während die Internetanschlüsse gerade mal 0.1 Prozent ausmachen.
Um der Entwicklung neue Impulse zu verleihen, hat Kofi Annan auf dem New Yorker Gipfel eine Initiative gestartet, die schon lange gefordert wurde. Mit dem Global-Compact-Programm soll die Kooperation zwischen staatlichen Institutionen, Nichtregierungsorganisationen und der Privatwirtschaft gefördert werden. Nach Ansicht von Marc Malloch Brown haben besonders private Unternehmen ein natürliches Interesse daran, neue Regionen, also Märkte, zu erschließen. Für die Vereinten Nationen öffnet das Internet neue Chancen für die Kooperation zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor, so etwa im Rahmen von Joint-Ventures.
Ein prominentes Beispiel für die Nützlichkeit des Netzes für Entwicklungsprojekte ist die initiative netaid.org. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit Cisco Systems organisiert und bietet einem breiten Spektrum von Organisationen eine Plattform, um ihre Ziele darzulegen. Netaid.org veranstaltete im vergangenen Jahr große Benefizkonzerte in Genf, London und New York. Das Projekt hat damit nicht nur bewiesen, dass das Internet eine konkrete Basis für gemeinnützige Projekte über nationale Grenzen hinweg sein kann, es hat auch wichtige Impulse für die künftige Nutzung des Mediums gegeben. Dass die Vereinten Nationen dies erkannt haben zeugt davon, dass das Motto des Millenniumgipfels ernst genommen wird: Die UN für die Erfordernisse des 21. Jahrhundert fitmachen.