Die drei Verlierer beim SPD-Parteitag
Stegner, Müller und Maas
Am meisten Aufmerksamkeit bekamen beim SPD-Parteitag am Wochenende die beiden nach einem Mitgliederentscheid von den Delegierten bestätigten Vorsitzenden - Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken. Daneben gab es aber auch noch einige andere Personalentscheidungen, die mit dem bisherigen SPD-Vize Ralf Stegner, dem Berliner Bürgermeister Michael Müller und Bundesaußenminister Heiko Maas auch drei bundesweit bekannte SPD-Politiker betrafen.
Diese drei scheiterten beim ersten Versuch, sich noch einmal in den Bundesvorstand wählen zu lassen. Stegner und Müller gaben danach auf, während Maas seinen Verbleib in einem zweiten Versuch durchsetzte. Die Ursache für ihr Scheitern war den Informationen der Bild-Zeitung nach, dass wichtige Delegiertengruppen im ersten Wahlgang - anders als sonst üblich - ohne vorherige Absprachen abstimmten. Solche Absprachen soll es erst vor der zweiten Runde gegeben haben - sonst wäre Heiko Maas vielleicht auch ein zweites Mal gescheitert.
Stegner offenbarte in Telefonstreich, dass er sich zu Höherem berufen fühlt
Als besonders schmerzhaft empfunden hat die Niederlage womöglich Ralf Stegner: Er hatte kurz vorher nicht nur über seine eigene Vorsitzendenkandidatur, sondern auch in einem Telefonstreich des YouTubers Klemens Kilic, auf den er hereinfiel, offenbart, dass er sich zu Höherem berufen fühlt. Ein vermeintliches Angebot eines vermeintlichen Norbert Walter-Borjans, Olaf Scholz als Bundesfinanzminister abzulösen, wollte er darin "mit [s]einer Frau besprechen".
Das Bild, das vieler Wähler von Ralf Stegner haben, unterscheidet sich etwas von diesem Selbstbild. Bereits vor elf Jahren bescheinigte der Meinungsforscher Manfred Güllner dem SPD-Politiker, dass er "von den Menschen als Kotzbrocken wahrgenommen" wird." "Wo immer er auftritt", so der Forsa-Gründer, "stabilisiert er dieses Bild" (vgl. Zehn unter zahlreichen).
Berliner Mithaftung
Michael Müllers Scheitern könnte dagegen damit zu tun haben, dass Berlin unter seiner Regierung eher nicht so gut funktioniert (vgl. Berlin: BER-Betreiber bestätigt Berichte über neue Mängel). Mit starker Tendenz zum noch Dysfunktionaleren. Das geht inzwischen so weit, dass Bürger auf Twitter über dreistellige Bußgelder klagen, die man wegen abgelaufener Personalausweise verhängt, obwohl sie wegen monatelanger Wartezeiten gar keine Chance haben, rechtzeitig an neue zu kommen.
Dabei wird Müller auch in Mithaftung für Ideen seiner beiden Koalitionspartner genommen, die er und seine SPD in Berlin dulden: Für eine Bausenatorin, die nicht baut (vgl. Berlin: Hält sich die "Bausenatorin, die nicht baut"?), sondern lieber enteignet und für einen Baustadtrat, der Parkplätze mit Sitzgelegenheiten blockiert, die fast ausschließlich frühmorgens genutzt werden - dann jedoch zum Leidwesen der Anwohner sehr lautstark.
Auf elf Prozent abgesackt
Bei Heiko Maas dürfte das von ihm verantwortete Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) noch nachwirken, das der SPD eine Schicht ehemaliger Wähler sehr nachhaltig vergraulte. Aber auch als Außenminister machte er bislang keine sonderlich gute Figur.
Ob sich ein SPD-Bundesvorstand mit einem verwarnten Maas und ohne Stegner und Müller bei den Wählern wesentlich besser ankommt als der alte, bleibt abzuwarten und wird auch davon abhängen, mit welchen Äußerungen und Taten der neu hinzugekommene Kevin Kühnert auffällt.
Das neue Vorsitzendenduo alleine wird von den Wählern in jedem Fall nicht mit Vorschusslorbeeren bedacht. Im Gegenteil: In einer am Samstag veröffentlichten neuen Forsa-Umfrage sind die Sozialdemokraten von 14 auf jetzt nur mehr elf Prozent abgesackt. Der bekannte Hamburger Rechtsanwalt und NetzDG-Kritiker Joachim Steinhöfel glaubt allerdings, dass es für die SPD nach ihnen noch dicker kommen könnte:
2020 werden die beiden überstehen, es gibt nur die Bürgerschaftswahl in Hamburg. 2021 sind sie Geschichte und die SPD redet sich ein, dass Kevin Kühnert der Richtige sei. Bei der Bundestagswahl landen sie dann irgendwo zwischen 5 und 10 %. (Joachim Steinhöfel)
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