Die falsche Alternative für die Bahn
Fussnoten
Diese "Privaten" sind oft Töchter von Staatsbahnen der Nachbarländer: Abellio als Tochter der niederländischen Staatsbahn, SBB Cargo als SBB-Tochter und Netinera ist als Tochter der italienischen Tren Italia (die wiederum Tochter der Holding FS ist. Netinera ist u.a. beteiligt an den EVUs Metronom und erixx).
Im Regionalverkehr ist es dann nochmals komplexer: Kassiert DB Netz hohe und wachsende Trassengebühren bei DB Regio, dann führt das mittelfristig dazu, dass ein Druck ausgeübt wird zur Erhöhung der Regionalisierungsgelder des Bundes, mit denen der Schienenpersonennahverkehr der Länder finanziert wird. Damit kann der DB-Konzern mittelfristig die geringeren Gewinne bei DB Regio durch mehr Steuergelder kofinanzieren.
Erneut nach Daten und Fakten, hier Ausgabe 2020. Basis: EBIT bereinigt (EBIT = earnings before interest and taxes, Gewinn vor Zinsen und Steuern).
1994 gab es im Schienennetz (DB AG) noch 131.968 Weichen; 2020 waren es 65.732. 1994 gab es noch 11.742 Gleisanschlüsse (das sind Gleise, mit den Unternehmen oder Gewerbeparks einen direkten Anschluss an den Schienengüterverkehr haben), 2020 waren es noch 2.329. Ähnlich drastisch wie bei der Entwicklung der Weichen ist der Rückgang der Ausweichgleise. Angaben nach den jeweiligen Heften von "Daten und Fakten der Deutschen Bahn AG", letzte Ausgabe 2020.
Nehmen wir nur das Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr: Betriebslänge: minus 24 Kilometer, Länge aller Gleise: minus 78 km; Weichen und Kreuzungen: minus 339; Infrastrukturanschlüsse (identisch mit Gleisanschlüssen oder Industriegleisen): minus 8. "Fortschritte" gibt es jedoch von Jahr zu Jahr bei der Länge der Tunnels (2020 plus 2,6 km mit nunmehr einem Rekord von insgesamt 595,5 Tunnelkilometern. Während das Eisenbahnnetz von Jahr zu Jahr schrumft, nehmen die Tunnelkilometer zu - und zwar in absoluten Werten und natürlich noch wesentlich stärker als Anteile am Gesamtnetz.
Personenkilometer = die Multiplikation von Fahrgästen mit der Zahl der zurückgelegten Kilometer. Es handelt sich um den aussagekräftigen Indikator für die Verkehrsleistung.
Basis: EU Transport in Figures, Statistical Pocket Book 2018.
Konkret: Die Entwicklung der „Betriebslänge“ der Netze wie folgt, jeweils für den Zeitraum 1995 bis 2017: Gruppe 1: Deutschland -19,9 Prozent; Frankreich -10,5 Prozent; Italien + 5,6 Prozent; Österreich -12,7 Prozent; Schweiz + 26,3 Prozent. Gruppe 2: Spanien - 10,8 Prozent; UK -4,3 Prozent; Niederlande + 9,0 Prozent; Schweden -1,5 Prozent; Dänemark -10,8 Prozent. Erneut nach: EU Transport in Figures, Statistical Pocket Book 2018.
Die Besonderheit in Großbritannien war, dass 1996 nicht nur der Betrieb, sondern auch die gesamte Infrastruktur privatisiert – also direkt in die Hände privater Investoren gegeben – wurde. Das war ein absolutes – aber auch absehbares – Desaster. 2001 wurde die Schieneninfrastruktur in eine staatliche Gesellschaft überführt. Im Mai 2021 legte die Tory-Regierung den Plan für „Great British Railways“ vor, mit dem Friktionen in dieser Struktur beseitigt werden sollen. Im Gegensatz zu übereilten Kommentaren hierzulande, wonach damit in Großbritannien ein integriertes System Schiene wieder etabliert werden würde, soll es mit „Great British Railways“ bei der Trennung von Netz und Betrieb bleiben – was bei einer neoliberalen Regierung Johnson ja auch naheliegt: „Great British Railways will run and plan the network, as well as providing online tickets, information and compensation for passengers nationwide […] The RMT (National Union of Railway Maritime and Transport Workers; W.W.] general secretary, Mick Lynch, said it was ´a missed opp0rtunity to make a clear break´, adding: ´The governement talk about ending a generation of fragmentation but then leave the same private companies in place to extract fees that could be invested in building a truly integrated national rail network.“ Gwyn Topham, Great British Railways plan aims to simplify privatised system, in: Guardian vom 19. Mai 2021.