Die große Flying Saucer Verschwörung - Informationskrieg gegen extraterrestrische Präsenz?
Während internationale Medien die Schließung eines unbedeutenden britischen UFO-Büros und das Ende der UFO-Ära ausrufen, berichten ehemalige Angehörige der amerikanischen Regierung über ihre UFO-Konfrontationen während der Amtsausübung und die angebliche Vertuschung derselben durch das Establishment
Manche Zeitgenossen gehen nach Feierabend zum örtlichen Dorfteich, um Enten zu füttern. Andere treffen sich in einer verrauchte Spelunke, um Berichte über unidentifizierte Flugobjekte zu diskutieren. Wieder andere tun beides. So wie Denis Plunkett, 70 Jahre alter Gentleman der britischen Ufologie. Kaum einer ist so lange dabei wie er. 1953 gründete er und sein Vater das "British Flying Saucer Bureau" (BFSB), die Inselzweigstelle des "International Flying Saucer Bureau", damals mit 1500 Mitgliedern weltweit eine der größten und ersten privaten UFO-Organisationen. Derer gibt es heute so viele wie Sand am Meer. Die meisten werden wahrscheinlich genauso unbekannt wieder verschwinden, wie sie entstanden sind. Doch das BFSB wurde im April 2001 weltbekannt, als Medien von der Schließung dieses "Büros" aus Mangel an UFO-Meldungen berichteten. Dabei ist Plunketts Büro alles andere als geschlossen und er plant auch nicht, es zu schließen. Vielmehr sei er Opfer einer Desinformationskampagne, die gezielt von der "Existenz außerirdischen Lebens" auf der Erde ablenken soll.
Stille Post in Londons Redaktionen
3. April 2001. Die Bristoler Lokalzeitung "Western Daily Press" veröffentlicht einen Artikel mit dem Titel "Is the truth still out there?". Darin wird Denis Plunkett zitiert, dass UFOs besonders zu Zeiten des kalten Krieges des öfteren "über Raketenstützpunkten, Kernkraftwerken und Regierungsgebäuden" gesehen worden seien. Doch heute sei es "in der Tat sehr ruhig". Vielleicht hätten die Außerirdischen ihre Mission beendet, spekuliert er. Aufgrund des Rückgangs an Meldungen sei auch das Interesse an seiner Gesellschaft enorm zurückgegangen. "Wer will schon an einem regnerischen Abend in einem dunklen Pub auftauchen, um ein paar Leuten mit Dias zuzuhören, wenn man auch zu Hause sitzen und im Web surfen kann?" Bis dahin also noch kein Wort über die Schließung des Büros sondern lediglich über die "Beendigung der Treffen" aus Mangel an Teilnehmern.
Das hatte auch Simon de Bruxelles von der "Times of London" so gelesen und, nach einem Telefonat mit Denis Plunkett, in seinem späteren Artikel so geschrieben. Nun muss man wissen, dass bei den meisten britischen Zeitungen die Überschriften nicht von den Reportern selber, sondern von den Redakteuren geschrieben werden. So erschien der Times Artikel am 23. April 2001 mit der Überschrift UFO bureau shuts as aliens shun Earth. Etwas ähnliches passierte auch bei der "Evening Post" aus Bristol. Diese Zeitung brachte am 4. April 2001 einen Artikel mit der Überschrift "Closed Encounters", ein Wortspiel mit dem Filmtitel von Steven Spielbergs "Close Encounters of the Third Kind". Beide Autoren machen jedoch in ihren Texten klar, dass das Büro nicht geschlossen sondern lediglich die Treffen aufgeschoben worden waren.
Die ganze Sache wäre auch nur halb so wild, hätten nicht die Nachrichtenagenturen die Sache völlig durcheinandergebracht. Sowohl bei Reuters (Where have all the UFOs gone? Long time passing!, 23. April 2001) als auch bei AFP (British UFO bureau shuts down due to lack of flying saucers, 23. April 2001) ist im eigentlichen Text nicht mehr von Aufschub, sondern von einer Schließung des UFO-Büros die Rede. Aus den Texten wird klar, dass man ohne eigene Recherche nur den Times Artikel weiterverarbeitet hatte. Wie man sich vorstellen kann begann nun der Siegeszug der Falschmeldung. Deutsche Zeitungen von taz bis Welt, der International Herald Tribune, "Le Figaro" und die BBC, um nur einige zu nennen, waren dankbar für eine bunte Meldung. Richtig amüsant wurde es sogar, als sich ein Wissenschaftsjournalist von Scientific American der Sache annahm.
Das Murren, besonders unter britischen UFO-Forschern, war groß. Von einem Abebben an UFO-Sichtungen könne gar keine Rede sein, schrieb man der Times. Deren Reporter Simon de Bruxelles sei unter Forschern ohnehin bereits als UFO-Leugner bekannt und Denis Plunketts Büro spiele in der Szene keine wichtige Rolle. Simon de Bruxelles sagt, er könne sich nicht daran erinnern, bereits über UFOs geschrieben zu haben, doch "vielleicht haben die Men in Black meine Erinnerung daran ausradiert."
Denis Plunkett versuchte mehrmals eine Gegendarstellung bei der Times zu erwirken. Ohne Erfolg wandte er sich viermal an die "Press Complaints Commission", dem britischen Äquivalent des deutschen Presserats, wo man ihm sagte, dass der eigentliche Text des Times Artikels doch faktisch korrekt sei. "Dabei ist es doch die Überschrift, die den Ärger verursachte." Einwand abgelehnt. So nahm die Geschichte ihren Lauf, bis Plunkett in der Juli-Ausgabe des britischen "UFO Magazine" kundgab, dass er niemals und zu niemandem etwas gesagt habe, "was als Schließung der ältesten UFO-Organisation der Welt ausgelegt werden könnte." Und so steht seitdem die Theorie im Raum, dass irgend ein Niemand die Falschmeldung absichtlich in Umlauf gebracht hat, um von einem anderen Ereignis abzulenken.
Kongressanhörungen für einen guten Zweck
9. Mai 2001. Pressekonferenz des Disclosure Project. Im großen Ballraum des "National Press Club" in Washington DC drängeln sich 235 Reporter, um den Aussagen Dr. Steven Greers und seiner 20 Zeugen zu lauschen. Diese sollen die These belegen, dass Außerirdische auf der Erde sind, das Establishment das weiß und es vertuscht. Mehrere ehemalige Mitglieder der US Air Force, darunter Professor Robert Jacobs, sagen über ihre Erfahrungen aus. Jacobs will gefilmt haben, wie ein UFO beim Test einer Interkontinentalrakete den Sprengkopf "bestrahlte", bis dieser zu trudeln begann. Doch eigentlich dürften die Zeugen gar nicht aussagen. Sie hätten alle Geheimhaltungsverträge unterschrieben und auch Drohungen seien üblich.
Erreichen will der ehemalige Ambulanzdoktor Greer Anhörungen im amerikanischen Kongress zur Beendigung des UFO Cover-Ups. Sollte seinen Zeugen Immunität zugesagt werden hätte er etwa 400 weitere aussagewillige Militär- und Regierungsangehörige zur Hand. Dabei war von vorne herein klar, dass einige Zeugen einer Überprüfung nicht standhalten. Auch Greer selber ist von seiner Sache sehr überzeugt und weit davon entfernt, die Sache mit wissenschaftlicher Methodik anzugehen. Bevor er sich der Lobbyarbeit widmete ging er öfter auf UFO-Jagd, versuchte den Kontakt zu außerirdischen Intelligenzen mittels seiner eigens entwickelten CE-5 Methode herzustellen.
Greer beließ es auf der Pressekonferenz nicht bei den Aussagen der Zeugen über UFOs und deren Vertuschung. Was für viele schon weit hinter der Grenze des Glaubwürdigen liegt ist für ihn nur ein Teil des Ganzen. Greers Stärke liegt darin, über Implikationen zu sprechen: Die Untersuchung abgestürzter Raumschiffe hätte zu "signifikanten technologischen Durchbrüchen in der Energieerzeugung" geführt, und die "Ausnutzung der neuen Physik" - wenn deklassifiziert - würde "eine neue menschliche Zivilisation ohne Bedürfnisse, Armut und Umweltverschmutzung" ermöglichen.
UFO-Forscher kritisierten neben einigen Zeugen vor allem diese klare politische Agenda. Die Berater und Anwälte des "Disclosure Project", Yale Law School Absolvent Alfred Lambremont Webre und Harvard Law School Absolvent Daniel Sheehan, verfolgen nebenher eigene politische Ziele. Webre beschäftigt sich mit Exopolitik, der Politik im Universum, und fordert ein Ende des "Informationskrieges gegen die extraterrestrische Präsenz". Daniel Sheehan hat mehrfach in Fällen als Anwalt fungiert, in denen es um die Bloßstellung amerikanischer verdeckter Operationen ging. Beide setzen sich für die friedliche Nutzung des Weltalls ein, einer weiteren Forderung des "Disclosure Project".
Dass man mit einer derart überladenen Agenda Politiker zu Kongressanhörungen und skeptische Reporter zu einem positiven Artikel überzeugen könne, glaubte nach der Pressekonferenz nicht mal mehr der optimistischste UFO-Forscher. Dabei war das "Disclosure Project" von vorne herein auf Medienwirksamkeit ausgelegt und Greer erhoffte sich die Unterstützung der Medien bei seiner Kampagne. Deswegen tourt er auch heute noch durch Universitätssäle und Stadthallen, um die so wichtige Lokalmedien auf seine Seite zu bekommen. Die Medienberichte in den Tagen nach der Pressekonferenz beschränkten sich nämlich weitestgehend auf Anekdoten von der Pressekonferenz mit eingestreuten Zitaten des einen oder anderen Sprechers. Symptomatisch ist vielleicht der Artikel des Internetmagazins Wired, das die Konferenz zum Anlass nahm, einmal mehr augenzwinkernd über die "UFO-Enthusiasten" laut nachzudenken.
Warum ablenken von einer Gruppe, die sich offenbar selber diskreditiert?
Für den etablierten UFO-Forscher Richard Hall waren auf der Pressekonferenz auch "einige echte Zeugen, deren Berichte es verdienen, gehört zu werden." Hall war Mitglied des "National Investigative Committee on Aerial Phenomena" (NICAP), das sich bereits 1966 für Kongressanhörungen zu UFOs eingesetzt hatte, und das einiges weiter gekommen war, als das Disclosure Project ein drittel Jahrhundert später.
Als einer dieser "echten" Zeugen gilt Captain Robert Salas. Seine Aussagen sind im beeindruckenden Disclosure Project Briefing Document dokumentiert. Salas war von 1964 bis 1971 im aktiven Dienst der US Air Force. Am 16. März 1967 war er Offizier eines Silos der "490th Strategic Missile Squad" in Malmstrom, Nord Dakota, bestückt mit zehn nuklearen "Minuteman One" Interkontinentalraketen. In den frühen Morgenstunden erhielt er laut eigenen Aussagen 20 Meter unter der Erde den Anruf eines sehr beunruhigten Wächters:
Sir, hier schwebt ein rot glühendes Objekt direkt über dem Eingangstor. Ich schaue es gerade an. Ich habe die ganzen Männer hier bei mir mit gezogenen Waffen...
Noch während er die Meldung seinem Kommandanten durchgab gingen sechs bis acht Raketen in "rascher Folge" in einen "NO GO" Zustand. Die Raketen hätten also nicht gestartet werden können. Von der Kommandostelle erfuhr Salas, dass ein etwa 90 km entfernter Silokomplex sogar alle zehn Raketen verloren hatte. Auch dort soll ein UFO über dem Komplex geschwebt haben.
Dass am 16. März wirklich etwas ungewöhnliches passiert ist steht außer Zweifel. In einem 1996 deklassifizierten Papier des Strategic Air Command steht:
Alle zehn Raketen des Echo Schwarms in Malmstrom verloren strategische Bereitschaft binnen zehn Sekunden voneinander. Dieses Ereignis fand statt um 0845L am 16. März 67. [...] Die Tatsache, dass keine klare Ursache für den Verlust von zehn Raketen ohne weiteres identifiziert werden kann ist Ursache ernster Besorgnis dieses Hauptquartiers.
Eine anschließende Untersuchung der Vorfälle durch den Hersteller Boing führte zu "keiner technischen Erklärung, die das Ereignis erklären könnte." Anscheinend könnte jedoch ein 10 Volt Spannungspuls einen ähnlichen Effekt hervorrufen, das aber nur in 80 Prozent der Fälle, und auch nur dann, wenn er direkt auf den logischen Schaltkreis gegeben würde. Laut Aussagen von Robert Salas ist auch nie ein abschließender Bericht geschrieben worden. Er und seine Kollegen hätten eine Vereinbarung mit dem Air Force Geheimdienst treffen müssen, mit niemandem über den Vorfall zu sprechen.
UFOs und die "nationale Sicherheit"
Man muss nicht studiert haben, um sich vorstellen zu können, dass Militärs es nicht an die große Glocke hängen, wenn mitten im kalten Krieg das nukleare Drohpotential mal eben verringert wird. Erst recht nicht, wenn man noch nicht einmal genau weiß warum. Für den freien Journalisten Terry Hanson sind Ereignisse wie die in Malmstrom "klar dokumentierte Belege" dafür, dass UFOs, anders als die US Regierung es seit langem sagt, die nationale Sicherheit der USA betreffen. In seinem Buch The Missing Times dokumentiert er, dass ähnliche Ereignisse wie die 1967 in Malmstrom, immer wieder vorgekommen sind. So soll zum Beispiel am 7. November 1975 eine glühende Scheibe "groß wie ein Football Feld" über einem Raketenstützpunkt in Montana aufgetaucht sein und die Zielinformationen der Interkontinentalraketen geändert haben. Das Objekt sei auch auf Radar geortet worden und Abfangjäger seien damals aufgestiegen (Fawcett/Greenwood 1992).
Terry Hanson, der sich in seinem Buch ausgiebig damit beschäftigt hat, wie die Medien mit UFOs umgehen, will nicht ausschließen, dass es sich bei der Meldung über die Schließung des BFSB um gezielte Desinformation gehandelt hat. Immerhin fänden UFOs in der öffentlichen Meinung zunehmend Akzeptanz. Ein Trend, der zu unerfreulichem politischen Druck auf die Geheimdienste führen könnte, sich in Punkto UFOs zu öffnen.
Angenommen die Geschichte von der Schließung des BFSB war tatsächlich Teil eines Desinformationsschachzugs. Es könnte ein Weg gewesen sein, diesen wachsenden politischen Druck auf die Geheimdienste zu verringern, indem man den Eliten sagt, dass das UFO-Problem keins mehr sei. Die britischen und amerikanischen Geheimdienste arbeiten eng zusammen. Falls die Amerikaner also UFO-bezügliche Desinformation streuen wollten, würden die Briten mittels ihrer Kontakte in den großen Medienunternehmen wohl mitspielen. Die traurige Wahrheit ist, dass die großen Medienunternehmen eng mit Geheimdiensten zusammenarbeiten, um die öffentliche Wahrnehmung zu manipulieren, nicht nur der UFOs sondern auch anderer Bereiche der "nationalen Sicherheit".
Sollten mit der Aktion tatsächlich Eliten von der Belanglosigkeit unidentifizierter Flugobjekte überzeugt werden, so hat der Plan funktioniert. Die Washington Post hat Greer & Co. in der Luft zerrissen. In Deutschland ist außer in TAFF auf PRO7 und in der Saarbrücker Zeitung (Und die Untertassen fliegen doch ..., 12./13. Mai 2001) nicht über das Projekt berichtet worden. Die Ente von der Schließung des BFSB hingegen taucht seitdem immer wieder auf.
Wenn die regelmäßigen Treffen des "British Flying Saucer Bureau" im Januar 2002 wieder anlaufen, wird Denis Plunkett seinen alten und vielleicht auch einigen neuen Mitglieder eine Menge zu erzählen haben. Von dem Wirbel, den seine lapidare Bemerkung zu Lokalreportern ausgelöst haben, von über 100 Personen, die ihn per Telefon überfielen, was mit seinem Büro denn los sei, und von der fehlenden Neugier so mancher Kollegen und Journalisten.
Literatur
Fawcett, Lawrence/Greenwood, Barry L., "UFO Cover-Up", New York: Barnes & Noble Books, 1992 (ursprünglich "Clear Intent", New Jersey: Prentice Hall, 1984).