Die türkische Offensive in Syrien wird von massiver Propaganda begleitet
Auch die türkische Regierung praktiziert den viel zitierten "hybriden Krieg"
Die türkischen Streitkräfte bzw. die türkische Regierung begleiten die mit einer abrupten Kehrtwendung der US-Regierung unterstützten Offensive "Schutzschild Euphrat" in Syrien gegen den IS, die allerdings vor allem gegen die Kurden gerichtet ist, mit einer Propagandakampagne im Internet - etwa auf einer Twitterseite, bei der nicht klar gemacht wird, wer sie betreibt.
Die Medien wurden nach dem gescheiterten Putschversuch gleichgeschaltet bzw. es traut sich niemand mehr, kritisch zu berichten. Jetzt wird auch noch Gülenbewegung, nur noch Fetö genannt, dafür verantwortlich gemacht, dass die Offensive jetzt erst gestartet werden konnte.
Begleitende Propaganda-Unterstützung ist auch deswegen notwendig, weil die Zielrichtung des Angriffs zu deutlich ist, nämlich dass die angebliche Bekämpfung des IS nur ein Vorwand ist, die schon seit Jahren in diesem Korridor zwischen den von Kurden kontrollierten Gebieten Sicherheitszone unter türkischer Regie einzurichten. Damit sollen die von der Türkei unterstützten "Rebellen", zu denen auch islamistische Gruppen gehören, weiter versorgt werden können, um den Einfluss von Ankara auf die Post-Assad-Zeit zu wahren. Ankara gibt vor, nur die säkulare Freie Syrische Armee zu unterstützen, die aber längst mit islamistischen Gruppen kooperiert bzw. verschmolzen ist. Die in Dscharablus einmarschierten angeblichen FSA-Milizen seien so zurückhaltend, dass sie nicht in Häuser eindringen, sondern sogar unter offenem Himmel auf den Straßen schlafen.
Lieber war Ankara bis jetzt die Präsenz des IS in Dscharablus und Manbij als die Anwesenheit der Kurden. Jetzt gab es offenbar Absprachen, denn zu Kämpfen mit dem ISA kam es nicht, dagegen wurden Stellungen der SDF beschossen und gefordert, dass die Kurden sich aus Manbidsch hinter den Euphrat zurückziehen. Zwar wurde von der türkischen Regierung deutlich gemacht, dass sowohl der IS als auch die Kurden als Terroristen bekämpft und vertrieben werden sollen. Aber Ankara führt den Krieg gegen die syrischen Kurden natürlich auch aus innenpolitischen Gründen, um dort die Kurdenfrage nicht mehr politisch, sondern militärisch zu lösen.
Wutentbrannt läuft die türkische Regierung Sturm gegen Berichte, dass die Bekämpfung des IS nur ein Vorwand für den Kampf gegen die Kurden in der Türkei und in Syrien sei. Das hatte der Spiegel berichtet, der türkische Regierungschef Binali Yıldırım bezeichnete dies als "blanke Lüge". Der Spiegel lebe "auf einem anderen Planeten". Die Soldaten würden nur die Grenze sichern, was man zwei Jahre lang nicht für nötig hielt, in denen aber die Grenze zu den kurdisch kontrollierten Gebieten abgesperrt wurde, und die Sicherheit der türkischen Bürger garantieren. Alles andere ist Lüge.
In den Propagandameldungen, die auch schön bebildert werden, werden die "Erfolge" dargestellt. So seien am dritten Tag der Offensive vom IS errichtete Barrikaden und Minen an der Grenze entfernt worden. Die von der Türkei unterstützten Milizen einer nicht näher beschriebenen syrischen Opposition hätten weitere Dörfer eingenommen. Das Gebiet, das von Terroristen "sterilisiert" wurde, wird gezeigt. Angebliche Gewinne der SDF/YPG würden nicht stimmen.
Dafür werden Bilder gezeigt, die belegen sollen, dass der türkische Rote Halbmond die Menschen im vom IS angeblich befreiten Dscharablus versorgt, wo wieder Normalität einkehren soll. Erdogan wird zitiert, der sagte, dass der Krieg gegen den Terror "mit allen Mitteln" gewonnen werde, was auch an den totalen Krieg erinnert. Yıldırım sprach denn auch vom "totalen Krieg" gegen den Terror. Kritisiert wird, dass sich die Kurden nicht, wie die USA versichert hatten, östlich des Euphrat zurückziehen würden.
Und behauptet wird, dass die Offensive "mit maximaler Präzision" ausgeführt werde, um zivile Opfer zu vermeiden. Berichte und Bilder, die von "Terrororganisationen" verbreitet würden, seien falsch und Teil einer Desinformationskampagne. Überhaupt sei die Offensive nach internationalem Recht legitim, was aber nicht näher begründet wird. Kein Wunder, denn völkerrechtlich legitim ist sie nicht. Man hat aber gelernt, dass militärische Aktionen von einem Informationskrieg begleitet werden müssen, um richtig verkauft werden zu können. Das kann am besten geschehen, wenn es vor Ort keine kritische, unabhängige Presse mehr gibt und jede Opposition unter Terrorverdacht steht.