Diese vier Kriege werden um Venezuela gefochten
- Diese vier Kriege werden um Venezuela gefochten
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Der Machtkampf um das südamerikanische Land verläuft auf vielen Ebenen - und ist noch lange nicht entschieden
Der Krieg um Venezuela ist in vollem Gange - und er wird bislang vor allem psychologisch geführt. Gut eine Woche nach seiner bislang gescheiterten Machtübernahme lanciert der selbsternannte "Interimspräsident" Juan Guaidó täglich neue Meldungen, mit denen er den vermeintlichen Zuwachs seiner Unterstützerbasis zu belegen versucht.
Präsident Maduro trat am Samstag indes vor hunderttausenden Anhängern auf und beschuldigte die Teile der Opposition, die hinter Guaidó stehen, mit Hilfe der USA einen Staatsstreich organisieren zu wollen. Seine Gegenspieler machen es ihm dabei nicht allzu schwer.
Sie traten bei einer parallelen Großdemonstration am Samstag im wohlhabenden Osten von Caracas unter einer riesigen projizierten US-Flagge auf und bejubeln offene Gewaltdrohungen von US-Vertretern gegen die amtierende Regierung des südamerikanischen Landes. Dennoch ist der Kampf um Venezuela auch in der zweiten Woche nach Guaidos versuchter Selbstinthronisierung noch lange nicht entschieden.
Auch wenn Venezuela das Ziel ist, wird die Auseinandersetzung vor allem auf der internationalen Bühne geführt. Mexiko, Uruguay und die Karibische Gemeinschaft (Caricom) laden in einigen Tagen nach Montevideo zu einer Vermittlungskonferenz ein. Der Staatenverband positioniert sich damit - von der westlichen Presse weitgehend ignoriert - gegen rechtsgerichtete Regierungen der sogenannten Lima-Gruppe, die sich nach dessen Selbstausrufung umgehend auf die Seite Guaidós geschlagen haben.
Vertreter von Guaidó führen von Washington aus derweil mit Unterstützung einiger US-Abgeordneter, dem Weißen Haus und Diplomaten ihre internationale Kampagne mit dem Ziel weiter, die Regierung Maduro zu stürzen. Carlos Vecchio, der von der US-Regierung als "Geschäftsträger" der "Botschaft" Venezuelas in Washington anerkannt wurde, bezeichnete einen Dialog mit Maduro als reine Zeitverschwendung. Es müsse stattdessen der Druck auf den Straßen, von der Nationalversammlung aus und von internationalen Verbündeten aufgebaut werden.
Der diplomatische Krieg
Dabei spielen die USA eine zentrale Rolle. US-Außenminister Mike Pompeo hatte nach der Zeremonie zur Amtsübernahme des rechtsextremen Präsidenten von Brasilien, Jair Bolsonaro, die Unterstützer in der Region bei einer Rundreise auf Linie gebracht. Seither geben Vizepräsident Mike Pence und der Nationale Sicherheitsberater John Bolton dem "Interimspräsidenten" in Venezuela nach Kräften Rückendeckung.
Auch die Mehrheit der EU-Staaten unterstützt die Linie der US-Regierung von Donald Trump. Vor allem Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien plädieren für die Anerkennung des oppositionellen Parlamentschefs als Gegenpräsident. Hier aber zeigt der zweite Blick: Das Meinungsbild ist mitnichten einheitlich. Griechenland, Österreich und Italien haben sich nach Auskunft Brüsseler Diplomaten gegen eine Anerkennung Guaidós ausgesprochen. Zumindest Schweden hat weiteren Gesprächsbedarf angemeldet.
UN-Generalsekretär António Guterres ließ über seinen Sprecher Estephane Dujarric mitteilen, die Weltorganisation erkenne Präsident Maduro weiterhin als Staatschef an. Dujarric reagierte damit auf ein Schreiben Guaidós, in dem er um humanitäre Hilfe für das Land bittet.
Die Vereinten Nationen seien bereit, "ihre humanitären und entwicklungspolitischen Aktivitäten in Venezuela zu verstärken", heißt es in einem Antwortschreiben. Aber dafür brauche die UNO "die Zustimmung und Zusammenarbeit der Regierung". Die Anerkennung von Regierungen sei nicht eine Aufgabe des UN-Generalsekretärs, sondern der Mitgliedstaaten. Er richte sich nach den Beschlüssen der Generalversammlung und des Sicherheitsrates, so Guterres.
Zuvor hatten die 15 Karibikstaaten der Caricom den US-gestützen Gegenpräsidenten geschlossen abgelehnt. US-Außenminister Pompeo war in der von Washington dominierten Organisation Amerikanischer Staaten mit einem entsprechenden Antrag gescheitert. Im UN-Sicherheitsrat ließen Russland, China, Südafrika, Bolivien, Kuba und weitere Staaten die USA mit einem Antrag zur Anerkennung Guaidós auflaufen.
Der Finanzkrieg
Ein wichtiges Element in der US-Kampagne zum Sturz der Regierung von Präsident Maduro ist die Finanzblockade. Anfang der Woche verhängte die US-Regierung Sanktionen gegen den staatlichen venezolanischen Erdölkonzern Petróleos de Venezuela, S.A. (PDVSA). Die Maßnahmen zielten darauf ab, die Vermögenswerte des Unternehmens einzufrieren und Zahlungen an die Maduro-Regierung zu sperren.
Dabei geht es vor allem um Gelder für venezolanisches Rohöl, das in US-Raffinerien verarbeitet wird. Die Sanktionen versperren Venezuela im Wesentlichen den Zugang zum US-Markt. Denn trotz aller erheblichen diplomatischen Probleme seit Beginn der Bolivarischen Revolution vor 20 Jahren sind die USA stets einer der besten Kunden von PDVSA geblieben.
Nach Angaben von US-Sicherheitsberaters Bolton werden der venezolanischen Regierung rund sieben Milliarden US-Dollar an PDVSA-Aktiva und etwa elf Milliarden US-Dollar an Umsatz verwehrt. Gleichzeitig achten die USA darauf, eigenen Unternehmen nicht zu schaden. US-Energiekonzerne wie Chevron, Schlumberger Limited, Baker Hughes, Weatherford International werden ihre Geschäftstätigkeit in Venezuela in Joint Ventures mit PDVSA vorerst weiterführen können.
Nach unbestätigten Quellen soll die britische Regierung einer Überführung der Goldreserven Venezuelas bei der Bank of England nicht zugestimmt haben. Der Wert dieser Rücklagen belaufe sich auf 1,2 Milliarden US-Dollar. Vertreter der Zentralbank von Venezuela sollen zum wiederholten Male vergebens einen Antrag auf Auszahlung der Gelder gestellt haben.
Nach Angaben der Tageszeitung The Times argumentierte die britische Regierung mit der "bestehenden Korruption" in Venezuela und mit der "fehlenden Legitimation" der venezolanischen Regierung sowie der Institutionen des Landes. Die venezolanische Regierung hat rechtliche Schritte gegen die US-Sanktionen und die Sperrung von Geldern auf Auslandskonten angekündigt.