Dieselskandal ohne Ende

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Die Energie- und Klimawochenschau: Von einsitzenden Automanagern, Bußgeldern für VW, deutsches Versagen im Klimaschutz sowie russischen Windkraftplänen

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Nun hat es den Audi-Chef Rupert Stadler erwischt. Am Montag wurde er im Zusammenhang mit dem Dieselskandal verhaftet, wie verschiedene Nachrichtenagenturen berichten. Die Staatsanwaltschaft München II hatte, wie sie am Montag erklärte, gegen Stadler Haftbefehl wegen Verdunkelungsgefahr beantragt.

Eine Woche zuvor hatten die Ermittler mitgeteilt, dass die Ermittlungen gegen das Audi-Management noch einmal ausgeweitet worden seien. Nunmehr würden auch Stadler "sowie ein weiteres Mitglied des derzeitigen Vorstands als Beschuldigte geführt. Ihnen werden jeweils Betrug sowie mittelbare Falschbeurkundung zur Last gelegt. Hierbei geht es um das Inverkehrbringen von mit manipulativer Abgassteuerungssoftware ausgestatteten Diesel-Kraftfahrzeugen auf dem europäischen Markt".

In diesem Zusammenhang waren bereits letzte Woche die Privatwohnungen der beiden zusätzlich Beschuldigten durchsucht worden. Es werde nunmehr im Falle Audis gegen 20 Personen ermittelt. Der Mutterkonzern VW wird derweil nun auch hierzulande endlich für die Betrügereien mit der Software von Dieselfahrzeugen belangt. Eine Milliarde Euro muss an das Land Niedersachsen gezahlt werden.

Der NDR berichtet über allerlei Vorschläge, wie das Geld ausgegeben werden könnte. Der niedersächsische Verband der Metallindustrie fordert zum Beispiel, den Ausbau des Breitbandnetzes mit dem Geld zu finanzieren. Der DGB will "bessere Straßen und Schienen, mehr bezahlbaren Wohnraum, gut ausgestattete Kindertagesstätten und Schulen".

Und der Bundesverband Elektromobilität möchte das Geld gerne zweckgebunden in den Aufbau von Ladeinfrastruktur für Elektroautos sehen.

Aber ob das wirklich Sinn macht? Ein neues Personenbündnis Verkehrswende von Politik- und Verkehrswissenschaftlern sowie Aktiven aus verschiedenen Initiativen beklagt die Kopflosigkeit der Verkehrspolitik und fordert neben der Aufklärung des Dieselskandals eine Umkehr in der Verkehrspolitik. Der öffentliche Nah- und Fernverkehr müsse massiv ausgebaut und vergünstigt werden und die Zahl der Autos in den Städten drastisch verringert, um dort die Lebensqualität zu steigern.

Klimaversagen

Doch die Bundesregierung übt sich eher im Wegducken. Obwohl mit der Automobilindustrie einer der wichtigsten Wirtschaftszweige ganz offenbar auf eine schwere Existenzkrise zusteuert, wird an der autozentrierten Verkehrspolitik festgehalten.

Das hat unter anderem auch für den Klimaschutz verheerende Folgen. Trotz aller seit fast 30 Jahren immer wieder vorgetragenen Selbstverpflichtungen der Branche trägt der Straßenverkehr heute wieder so viel wie 1990 zu den deutschen Treibhausgasemissionen bei.

So musste denn Bundesumweltministerin Svenja Schulze am Montag auf dem sogenannten Petersberger Klimadialog in Berlin eingestehen, dass die Bundesregierungen dem internationalen Publikum jahrelang zu viel versprochen haben: "(...) es ist bitter für mich, Ihnen sagen zu müssen, dass wir unsere selbstgesteckten Ziele für 2020 verfehlen werden."

Deutschland habe sich nicht genug "um die Abkehr von der alten kohlebasierten Stromversorgung gekümmert." Diese sei "die wohl größte Herausforderung." Und: "Hier gehen über 300 Jahre stolze Braunkohle-Bergbau-Tradition absehbar zu Ende."

Am heutigen Dienstag sprachen die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und als Ko-Gastgeber auch der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (PiS, die PiS ist übrigens eine Schwesterpartei der türkischen Regierungspartei AKP) zu den Gästen aus 35 Ländern, die zu informellen Gesprächen in die deutsche Hauptstadt gekommen waren.

Inhalt war vor allem die Vorbereitung der diesjährigen UN-Klimakonferenz, die im Dezember im polnischen Katowice tagen wird. Viel zu bieten hatten die beiden Gastgeber allerdings nicht. Berlin und Warschau sperren sich derzeit in den EU-Verhandlungen gegen eine Verschärfung der Klimaschutzziele für 2030. Bisher heißt es, dass die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 reduziert werden müssen.

Einige Länder, wie etwa die Niederlande, fordern, dass dieses Ziel auf 55 Prozent hochgesetzt wird. Das könnte mit einem deutlich höheren Anteil der erneuerbaren Energieträger erreicht werden. Bisher lautet das EU-Ziel für 2030 hier 27 Prozent.

Das EU-Parlament und Regierungen wie die Spaniens und Frankreichs fordern, dieses Ziel auf 35 Prozent hoch zu setzen. Doch bisher scheitern sie damit am Widerstand der Mehrheit im Ministerrat, wobei Polen einer der Bremser-Wortführer ist und von Deutschland darin bestärkt wird. Dessen Stimmengewicht gibt in diesem Fall den Ausschlag.