Dmitry Sklyarov angeklagt

Nach Verfahrenseröffnung gegen den russischen eBook-Cracker sind weltweite Proteste angekündigt

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Ein US-Gericht in San Jose, Kalifornien hat jetzt Anklage gegen den russischen eBook-Hacker Dmitry Sklyarov und seinen Arbeitgeber Elcomsoft erhoben. Beiden werden Verstöße gegen den Digital Millennium Copyright Act vorgeworfen. Unterstützer haben zur heutigen Prozesseröffnung weltweit zu Solidaritätsdemonstrationen aufgerufen.

Sklyarov und Elcomsoft werden in fünf Anklagepunkten Verstöße gegen jene Teile des DMCA vorgeworfen, die das Umgehen von Kopierschutz-Maßnahmen verbieten. Auslöser für das international beachtete Verfahren war eine Präsentation Sklyarovs auf der Hacker-Konferenz Def Con 9 vor gut einem Monat. Sklyarov redete dort über die Sicherheitslücken bei der Verschlüsselung von Adobes eBooks. Im Anschluss an den Vortrag wurde Sklyarov von FBI-Beamten verhaftet. Nach einiger Zeit in Untersuchungshaft wurde Sklyarov am 6. August gegen Kaution auf Bewährung entlassen.

Vorgeworfen wird ihm und seinem Arbeitgeber Elcomsoft die Verbreitung und die "Verschwörung zur Verbreitung" des Advanced eBook Processors, einem Programm zum Kopieren von eBooks. Theoretisch kann Sklyarov für jeden der fünf Anklagepunkte zur Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis verurteilt werden, außerdem warten bis zu 2 500 000 Dollar Strafe auf ihn. Seinem Arbeitgeber drohen als juristischer Person nach US-Recht bis zu 2 500 000 Dollar Höchststrafe.

Der DMCA unter Beschuss

Unterstützt wird Sklyarov von der Electronic Frontier Foundation (EFF), die sich offenbar bis zuletzt um eine außergerichtliche Einigung in dem Fall bemühte. Die EFF-Rechtsexpertin zeigte sich dementsprechend empört über die Anklage:

"Wir haben von vielen Leuten gehört, die Elcomsofts Programm für legale Zwecke benutzen. Es ist unerhört, dass der verfassungswidrige Digital Millennium Copyright Act diesen jungen Mann für den Rest seines Lebens ins Gefängnis bringen kann."

Mit der Verhängung der Anklage steigt nicht nur in den Reihen der EFF die Kritik am DMCA. Sklyarovs Fall ist der erste, in dem es überhaupt zu einer Anklage wegen eines Verstoßes gegen dieses Gesetz kommt. Sollte es zu einer Verurteilung des russischen Programmierers kommen, befürchten viele eine ganze Reihe von ähnlichen Prozessen gegen Programmierer und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland. So manch einer hat daraus bereits öffentlichkeitswirksam die Konsequenzen gezogen.

Unterstützung von Crypto-Experten und Burning Man-Fans

So erklärte der Crypto-Experte Niels Ferguson vor zwei Wochen, dass er derzeit keine Möglichkeit sehe, seine Forschungsergebnisse zum High-bandwidth Digital Content Protection-System (HDCP) zu publizieren. Dieses Verfahren zur Verschlüsselung von Video-Signalen ist nach den Worten Fergusons "fatal fehlerhaft". Er habe nur die Dokumentation des Systems durchlesen müssen, und schon habe er es knacken können. Normalerweise würde er seine Ergebnisse jetzt veröffentlichen, damit das System verbessert werden könne. Doch wegen des Sklyarov-falls steht für Ferguson fest:

"Ich habe ein Paper über HDCP geschrieben, aber ich kann es nicht publizieren."

Der Prozess gegen Dmitry Sklyarov wird heute offiziell mit einer ersten Anhörung eröffnet. Die EFF hat bereits angekündigt, dass "gut gekleidete Beobachter" das Geschehen vor Ort verfolgen wollen. Außerdem sind Protestdemonstrationen vor Ort in San Jose, sowie unter anderem in San Francisco, Los Angeles, London, Moskau sowie der Wüste Nevadas geplant, wo derzeit das legendäre Burning Man-Festival stattfindet. Sicher werden auch dort die Demonstranten auf gewisse Weise "gut gekleidet" für ihr Anliegen eintreten.