Donald Trump als neuer Hitler: Michael Moores "Fahrenheit 11/9"
Seite 2: Auch Obama bekommt sein Fett weg
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Einen Fokus legt Michael Moore auf seine Heimatstadt Flint (Michigan) im "Rostbelt", dem verarmten Industriegürtel der USA, wo die einst stolzen Stahl- und Auto-Metropolen Rost angesetzt haben -und Trump bei verelendeten weißen Arbeitern Wahlerfolge feierte. Doch Moore setzt hier seine Kritik grundsätzlicher an: 2014 wurde Flint Opfer einer besonders absurden Wasser-Privatisierung unter Michigans Gouverneur Rick Snyder, wie Trump ein Multimillionär.
Obwohl dort mit den Großen Seen das bedeutendste Trinkwasser-Reservoire Amerikas direkt vor der Tür liegt, erhalten die Menschen verseuchtes Flusswasser aus der Industriekloake Flint River. Nach einer Privatisierung der Wasserwerke konnte der neue Betreiber so ein paar Cent mehr Profit machen. Folge: Bleivergiftungen vor allem bei Kindern, dauerhafte geistige Behinderungen drohen. Politiker und Gesundheitsbehörden wussten Bescheid, aber durften offenbar nichts dagegen tun. Moore interviewt April Cook-Hawkins, die im Dienst des Gesundheitsamtes Flint medizinische Messwerte des Bleigehalts im Blut von Kindern fälschen sollte. Als die Whistleblowerin dies publik machte, wurde sie gefeuert.
Als die überwiegend schwarze Bevölkerung der von verseuchtem Wasser betroffenen Gebiete sich hilfesuchend an "ihren" schwarzen Präsidenten Obama wandte, fiel ihnen dieser in den Rücken. Obama stellte sich hinter die lokalen Behörden, lobte das Flint-Wasser mit gewinnendem Lächeln als gesund und tat TV-wirksam so, als würde er einen Schluck aus einem Glas davon nehmen. In den von Moore gezeigten Bildern sieht man jedoch deutlich, dass Obama nur am Glasrand nippt. "Als er kam, war er mein Präsident. Als er fuhr, war Obama das nicht mehr", lässt Moore eine schwarze Aktivistin die Szene kommentieren.
Moore hat Obama, den von Konservativen als "links" bewerteten US-Präsidenten, kalt erwischt. Damit hat er zumindest in einem Fall die ihm oft vorgeworfene plumpe Einseitigkeit widerlegt: Die Springer-Zeitung Die Welt wetterte anlässlich des neuen Films gegen Michael Moore:
Dieser Regisseur ist ein Ideologe von der eher plumpen Sorte. Seine Dokumentarfilme dokumentieren nichts: Es handelt sich um Propaganda. Moore neigt zu dämlichen Verschwörungstheorien. Für ihn sind immer und ausnahmslos die bösen Kapitalisten beziehungsweise die Rechten an allem schuld. Dass auch Linke zu enormen Schuftigkeiten imstande sind, wird von ihm nicht einmal geleugnet - es kommt schlicht nicht vor. (...) Am Ende hätte Moore sich... belehren lassen können, dass die europäischen Varianten des Faschismus ökonomisch allesamt links waren und dass Antikapitalismus ziemlich häufig nach hinten losgeht. Vielleicht wird Moore ja im nächsten Film darüber reden. Wenn es bis dahin nicht zu spät ist.
Die Welt
Moore will die Demokraten reformieren
Moore beklagt, dass Obama sich genauso kaufen ließ wie das ganze Partei-Establishment der Demokraten ("niemand nahm mehr Spenden von Goldman Sachs an als er"). Aber schon unter Bill Clinton sei die Partei neoliberal geworden, warb für Freihandel, deregulierte Banken und reduzierte den Sozialstaat.
Moore zeigt einen Lehrer-Streik in West Virginia, wo wochenlang für eine menschenwürdige Krankenversicherung gekämpft wurde. Man wollte den Pädagogen stattdessen ein Fitness-Armband verpassen, dass ihre tägliche Bemühung um körperliche Selbstoptimierung überwacht. Der Streik weitete sich aus und die Lehrer kämpften auch für fairen Lohn, der wenigstens über dem Armutsniveau liegt. Viele staatliche Lehrer müssen in den USA einen Zweitjob ausüben, um ihre Miete zahlen zu können. Nur reiche Leute können ihren Kindern eine gute Schulbildung ermöglichen - in teuren Privatschulen. Beide herrschende Parteien vertreten meist die Interessen einer wohlhabenden Geldelite, auch die als vergleichsweise "links" geltenden Demokraten.
Die Führungsriege der Demokratenpartei würde lieber mit den Republikanern gemeinsam eine Politik für die Reichen und die Unternehmen durchsetzen. Doch dies muss nicht ewig so weitergehen: Moore präsentiert Umfragen, die zeigen, dass die US-Bevölkerung eigentlich mehrheitlich linksliberal, wenn nicht sozialistisch denken würde. Moore zeigt eine neue Generation von linken Politikerinnen der Demokratenpartei, etwa Alexandria Ocasio-Cortez aus dem New Yorker Schwarzenghetto Bronx oder Rashida Thaib aus Michigan, die schon bald als erste Muslima im Repräsentantenhaus sitzen wird.
Das alles schafft Moore, ohne den Demokraten allzu deutlich ein "Ich hab‘s euch ja gesagt" unter die Nase zu reiben - obwohl er ihnen tatsächlich vor der Wahl gesagt hatte, dass sie mit ihrem neoliberalen Clinton-Establishment den Rostbelt und damit die Wahl an Trump verlieren würden. Vielleicht geben einige Angehörige der demokratischen US-Eliten künftig weniger Geld für teure Berater, Medienleute und Experten aus, die allesamt den Wahlsieg von Hillary Clinton für sicher erklärt hatten, und schauen sich lieber den neuen Moore-Film an. Der Britische Guardian immerhin gab ihm zu Recht 4 von 5 Sternen.
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