Donald Trump stärkt die Maduro-Regierung
Nachdem der US-Präsident von einer militärischen Option gesprochen hat, protestieren viele Regierungen, die sich bislang gegen die venezolanische Regierung stellten, gegen die USA
Manchmal will man gar nicht glauben, was der angeblich mächtigste Mann der Welt, US-Präsident Donald Trump von sich gibt. Nach seinen Drohungen gegenüber Nordkorea mit "Feuer und Zorn" und dass die Waffen gesichert und geladen oder dass die Bomber (mit Atomwaffen) auf Guam einsatzbereit seien, versuchte der Präsident am Samstag den Gouverneur von Guam zu beruhigen, dass der Konflikt doch nur gut für die Insel sei. Auch wenn Kim Jong-un seinerseits gedroht hat, ein paar Raketen Richtung Guam zu schicken, würde Guam nach Trumps Werbeaktion jetzt einen zehnfachen Anstieg des Tourismus erleben.
Der Gouverneur Eddi Calvo, ein Republikaner, stellte den Mitschnitt des Gesprächs auf seine Facebook-Seite, wahrscheinlich auch fasziniert von dem, was ihm Trump mitteilte. War es eine Verarschung, ein Versuch, die Sache unter Männern witzig zu nehmen, oder gar ernst? Gelegentlich lachte Calvo, aber spielte das Spiel mit, als er hörte, dass nun Guam durch Trump mit kostenloser Werbung ins Zentrum der globalen Aufmerksamkeit gerückt sei. Trump versicherte noch in seinem üblichen Gestus der Übertreibung, dass Guam sicher sei: "Wir stehen tausendprozentig hinter Ihnen." Was das genauer heißt, ließ Trump lieber offen, der aber so erkennen ließ, dass es ihm vor allem um Aufmerksamkeit geht.
Nebenbei meinte Trump am Freitag, womit er neben Nordkorea einen weiteren Konflikt eröffnete, dass Washington in Venezuela auch "militärische Optionen" nicht ausschließe. Das ist zwar Routine in Washington, lässt aber doch aufhorchen, weil man Trump vieles zutraut. Dazu kam die Äußerung vor dem Antritt einer Reise des Vizepräsidenten Pence nach Kolumbien, Argentinien, Chile und Panama. Das Pentagon distanzierte sich zwar schnell und erklärte, man habe von Trump keine Anweisungen in Bezug auf Venezuela erhalten, aber die vermutlich unbedachte Äußerung verhilft nun der Regierung von Präsident Maduro zu neuem Rückhalt.
Waren zuvor an einige lateinamerikanische Staaten nach dem taktischen Zug von Maduro, das Parlament durch eine verfassungsgebende Versammlung abzulösen, aber auch wegen Festnahmen von Oppositionsführern auf Distanz gegangen, sind sie nun genötigt, gegen die USA und damit für Venezuela Position zu beziehen. Auch Peru, das am Freitag angekündigt hatte, den venezolanischen Botschafter aus Protest wegen der Entmachtung des Parlaments außer Landes zu weisen und das Initiator der "Declaración de Lima" Anfang August war, erklärte, die Androhung von Gewalt sei nicht die richtige Antwort. Peru ist eines der Länder, die am schärfsten die Regierung Maduro kritisiert haben, auf die Ausweisung reagierte Venezuela, indem der peruanische Präsident Pedro Pablo Kuczynski zur persona non grata erklärt wurde. Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay hatten am 5. August beschlossen, aufgrund der Demokratieklausel Venezuelas Mitgliedschaft in Mercosur zu beenden.
Am Samstag bekräftigte die argentinische Regierung den Beschluss und wies erneut den Einsatz von Gewalt zur Wiederherstellung der demokratischen Ordnung zurück. Aber man sah sich offenbar auch gezwungen, gegen Trump Stellung zu beziehen. Einzig Dialog und Diplomatie seien akzeptable Instrumente zur Förderung der Demokratie, hieß es nach Washington gewandt. Gewalt "und jede Option, die die Anwendung von Gewalt impliziert", wird intern und in internationalen Beziehungen zurückgewiesen. Kolumbien und Mexiko haben ebenfalls erklärt, man lehne jede militärische Intervention in Venezuela ab.
"Verrückt und extremistisch"
Die venezolanische Regierung versucht natürlich hingegen, Trumps Androhung als Geschenk für sich zu wenden. Erfahrungen mit Umsturzversuchen, die von Washington unterstützt wurden, haben viele lateinamerikanische Länder, die früher als "Hinterhof" der USA galten. Nicht zuletzt war ein Putschversuch 2002 gegen den damaligen Präsidenten Chavez gescheitert.
Vladimir Padrino López, der venezolanische Verteidigungsminister, bezeichnete die Äußerungen von Trump als "verrückt und extremistisch" und rief die Opposition auf, sich jetzt "patriotisch" zu zeigen. Die hatte zwar am Sonntag wieder auf der Straße demonstriert, aber musste sich auch gegen jede Einischung von außen aussprechen, wenn auch gewunden. In einer Stellungnahme geht es vor allem gegen die Diktatur von Maduro und wird darauf verwiesen, dass doch auch angeblich Kuba "militärisch und politisch interveniert" habe, weswegen man keiner doppelten Moral folgen dürfe. Alles, was man wolle, sei die Wiederherstellung der Demokratie durch freie Wahlen.
Der venezolanische Außenminister Jorge Arreaza erklärte in einer ziemlich durchsichtigen Argumentation, dass Washington versuche, mit der "Androhung einer militärischen Intervention" in Venezuela ganz Lateinamerika zu destabilisieren. Er bedankte sich für die Solidarität und rief alle lateinamerikanischen Staaten dazu auf, sich hinter Venezuela zu stellen. Ein Gespräch von Trump mit Maduro wurde vom Weißen Haus abgelehnt, man spreche erst mit ihm, wenn die demokratische Ordnung wiederhergestellt ist. Ende Juli hatten die USA bereits Sanktionen gegen Maduro und andere Personen verhängt, aber den Ölsektor ausgelassen.
Der befindet sich schon lange wegen der niedrigen Ölpreise und der sinkenden Förderung im Niedergang. 2016 sind die Gewinne des staatlichen Ölkonzerns PDVSA gegenüber 2015 um 89 Prozent von 7,3 Milliarden auf 828 US-Dollar eingebrochen. Die Einnahmen sind um 34 Prozent geringer geworden. Das reißt nicht nur die Wirtschaft weiter herunter, aus den Öleinnahmen werden auch die Sozialprogramme finanziert, die Chavez mit der Verstaatlichung initiiert hatte. Dass angesichts der niedrigen Preise aber auch die Produktion von 2,9 Millionen Barrel täglich auf 2,57 Millionen zurückgegangen ist, weist auf ein Versagen der Regierung hin. Auch der Export fiel von 2,4 Millionen Barrel täglich auf 2,19 Millionen. Der Rückgang der Förderung setzt sich fort. Im Juli wurden 39.000 Barrel täglich weniger gefördert.