Droht Deutschland die große Pleitewelle?
Deutsche Wirtschaft steckt in der Krise. Bundesbank warnt vor gewaltigen Problemen für Unternehmen. Warum 2024 viele Firmen um ihr Überleben bangen müssen.
Die deutsche Wirtschaft steht nach Einschätzung der Bundesbank vor gewaltigen Herausforderungen, die das Risiko von Firmenpleiten erhöhen. Die deutsche Wirtschaft stehe "weiterhin vor tiefgreifenden strukturellen Herausforderungen, die auf den mittelfristigen Wachstumsaussichten lasten", heißt es im jüngsten Finanzstabilitätsbericht der Zentralbank, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.
Bundesbank erwartet steigende Zahl von Unternehmensinsolvenzen
"Aufgrund der weiterhin bestehenden strukturellen Veränderungen und der aktuell noch anhaltenden konjunkturellen Schwäche ist eine signifikante Anzahl an Unternehmensinsolvenzen im kommenden Jahr wahrscheinlich", so die Einschätzung der Bundesbank. Das Ausfallrisiko für Firmen dürfte 2025 erhöht bleiben.
Bereits im vergangenen Jahr ist die deutsche Wirtschaft nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Sinkende Exportnachfrage, steigende Energiekosten und höhere Löhne belasten die Unternehmen und drücken auf die Margen – insbesondere im großen Industriesektor.
Ein Teil der Probleme ist demnach hausgemacht: Die Jahre, in denen Kreditzinsen nahezu bei null gelegen haben, haben Akteure in Deutschland unvorsichtig gemacht. Weil sich die Wirtschaft in dieser Zeit gut entwickelte, ließen sich die mittelfristigen Kreditrisiken immer schlechter einschätzen – und dass sie unterschätzt wurden, sei wahrscheinlicher geworden.
Die Risikovorsorge war angesichts geringer Ausfallraten niedrig, das Kreditwachstum äußerst dynamisch. Es kam zu Überbewertungen an den Märkten für Vermögenswerte, etwa bei Wohnimmobilien, womit die Kreditsicherheiten ebenfalls überwertet wären. Daneben bestanden bei Banken große Zinsänderungsrisiken und bei Lebensversicherern wegen hoher Zinsgarantien Ertrags- und Solvenzrisiken.
Finanzstabilitätsbericht
Als im Jahr 2022 die Inflation deutlich anstieg und die Zentralbanken sich gezwungen sahen, die Leitzinsen anzuheben, gerieten viele Unternehmen in Bedrängnis. Inflation und Zinsen schmälerten nicht nur das Portemonnaie der Bürger, sondern belasteten auch die Gewinne der Unternehmen. Auch die Lage auf den Immobilienmärkten wurde zunehmend unsicher. Die Folge: Die Kreditrisiken stiegen wieder, was Banken und Versicherer belastete.
Refinanzierungsbedarf könnte Insolvenzen weiter verschärfen
Vor diesem Hintergrund sind die Insolvenzen im Jahr 2024 weiter angestiegen. In den Jahren 2020/21 gingen sie deutlich zurück, da der Staat während der Coronapandemie das Leben vieler angeschlagener Unternehmen mit Hilfsgeldern verlängerte. Ab 2022 stiegen die Insolvenzen wieder an und betrafen vermutlich zunehmend auch größere Unternehmen: Spätestens ab Oktober 2023 waren laut Bericht auch die Insolvenzforderungen sehr hoch.
Das Ende der Fahnenstange könnte bislang nicht erreicht sein. Sollten die Zinsen wieder steigen, könnte die Zahl der Insolvenzen weiter zunehmen. Denn ein erhöhter Refinanzierungsbedarf treibt die Kosten und könnte zu mehr Zahlungsausfällen führen.
Einen Lichtblick sieht die Bundesbank hingegen bei den privaten Haushalten. Deren Finanzen dürften trotz der Herausforderungen solide bleiben. Der Arbeitsmarkt zeige sich robust und die Löhne würden zumindest nominal steigen. Dies verschaffe den Verbrauchern einen soliden finanziellen Puffer.