Dschihad als Familientradition
Seite 3: Puppen im Salafisten-Look
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In vielen Fällen kommen die Frauen mit der Masche "verfolgte Unschuld" auch durch. U.a. deshalb, weil Frauen nicht ernstgenommen werden. Die Familie ist der kleinste Kern dieser terroristischen Vereinigungen, das Rückzugsgebiet für die Kämpfer, wo sie sich erholen und Kraft für den nächsten Kampf und ganz nebenbei potentielle Gotteskrieger zeugen können sowie der Ort, an dem nachfolgende Generationen auf die zukünftigen Aufgaben vorbereitet werden.
Die Erziehung ist ausgerichtet auf die gewalttätige Umsetzung der Ideologie, die als die einzig wirklich wahre Lebensweise akzeptiert wird. In diese Ideologie werden die Kinder hineingeboren, sie wachsen darin auf und sind die Garanten für die Tradierung dieser Lebensweise.
In Rakka (auch: Raqqa) geborene Kinder kennen nichts anderes als dieses System. Dieses mit kriegerischen Mitteln zu verteidigen und auszubreiten, halten sie vermutlich für völlig normal. Was das für den weiteren Lebensweg dieser gleichwohl zutiefst verrohten wie auch traumatisierten Kinder bedeutet, vermag niemand zu sagen.
Doch nicht nur in Rakka lebten salafistische Familien, sondern auch in Deutschland. Und auch hier werden Kinder nach dieser Ideologie erzogen. Die Frauen in Rakka nahmen auch aktiv an der Gestaltung des Kalifats teil, so z. B. Fatima M., die Anfang 2019 nach Deutschland zurückkehren möchte, um ein neues Leben zu beginnen, wie Erol Kamisli in der LZ schrieb. Laut SZ soll sie für die Sittenpolizei des IS gearbeitet haben.
Ihr Ehemann soll ums Leben gekommen sein; was aus den beiden Söhnen geworden ist, weiß niemand so genau. Fatima M. zufolge ist sie durch einen Bombenanschlag von ihnen getrennt worden.
Harmlos sind Frauen wie Fatima M. beileibe nicht: So haben Reporter des Bayerischen Rundfunks (BR) ein Frauennetzwerk ausfindig gemacht, das in sozialen Netzwerken mit Hilfe von Kindern für Spenden für inhaftierte Gotteskrieger sammelt.
Die Namen der Facebook-Gruppen mit jeweils mehr als 2.000 Mitgliedern, in denen die Frauen sich aufhalten und zum Teil als Verwalterinnen auftreten, sind Programm: "Aseerun Spendengruppe" und "Free our Sisters". Hier wird für die Freilassung verurteilter Dschihadisten geworben - unter anderem mit Kinderzeichnungen sowie Videos mit Kindern. Außerdem wird über den Verkauf von Bastelpüppchen versucht, Erlöse zu generieren, die den Islamisten in Haft und deren Angehörigen zugutekommen sollen.
"Möge Allah ihn aus den Ketten der Ungläubigen befreien", heißt es zum Beispiel in einer Botschaft für einen Hassprediger, der für den Dschihad rekrutiert haben soll und 2016 in Österreich zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde. Auch das Logo von "Niwelt", ein Sprachorgan der Terrormiliz IS, postet das Netzwerk, dessen Facebook-Mitglieder in ganz Deutschland verstreut sind. Dazwischen immer wieder Kinderzeichnungen oder Videos mit Kindern, die für das Engagement für verurteilte Islamisten eingesetzt werden sollen.
BR
Auf Fotos in einer Facebookgruppe identifizierte der BR eine Frau, "die einst aus Bayern mit ihren Kindern ins Dschihad-Gebiet ausreiste und dann wieder nach Deutschland zurückkehrte. Sie lebt derzeit mit einem Mann zusammen, der sich in der Islamisten-Szene als Propagandist einen Namen gemacht hat".
Der neueste Schrei sind "Jundullah"-Puppen, was dem Kölner Islamwissenschaftler Elhakam Sukhni zufolge übersetzt "Soldaten Gottes" heißt. Wie der WDR berichtet, sollen damit nach Ansicht von deren Herstellerin "unsere kleinen Löwen und Löwinnen bereits beim Spielen die natürliche Schamhaftigkeit kennenlernen". Das, so der WDR, habe sie auf Facebook erläutert.
Der Leiter des Landeamtes für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen, Burkhard Freier, legte dem WDR gegenüber dar: "In Geschichten wird zum Beispiel die Mehrehe propagiert oder es geht darum, dass Gefangene, die von der deutschen Justiz inhaftiert worden sind, zu Opfern und Märtyrern erklärt werden."
Laut Elhakam Sukhni soll so für die Kinder "die Welt aufgeteilt werden in die, die auf dem richtigen Weg sind und alle anderen, die auf dem falschen Weg sind." Bereits im Kindesalter werde eine komplette Abschottung vorangetrieben.
Die Frauen nennen sich "Schwestern", analog zu den Männern, die sich "Bruder" nennen. Die Netzwerke der "Schwestern" haben unterdessen auch das Augenmerk der Behörden auf sich gezogen. Laut der NW sind "die islamistischen Frauen in sozialen Netzwerken und Messenger-Diensten aktiv. Es gebe Zusammenschlüsse weniger Personen bis hin zu großen Gruppen. Hier tauschten sich weibliche Szeneangehörige in einer ihrer Ideologie angepassten Lebensführung aus, böten Anleitungen zur Kindererziehung und Unterricht an, seien in der 'Gefangenenhilfe' aktiv und verbreiteten extrem-salafistische Inhalte".