Dürre-Sommer mit Ernteeinbußen

Bild: Dietmar Reichle/unsplash

Unterdurchschnittliche Getreideernten, knochentrockene Böden - 2020 war das dritte durch Wetterextreme geprägte Jahr in Folge

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Insgesamt belief sich die Getreideernte auf rund 42,4 Millionen Tonnen. Damit blieb sie rund zwei Millionen Tonnen (= knapp fünf Prozent) unter dem Durchschnitt des Zeitraumes von 2015 bis 2019. Während der Süden Deutschlands relativ gut dasteht, musste der Osten wegen anhaltender Dürre starke Ernteeinbußen hinnehmen.

Die Ernteeinbußen seien entweder massiver Trockenheit bzw. Starkregen oder aber Spätfrösten bzw. dem massenhaftem Auftreten von Mäusen geschuldet, heißt es in der Erntebilanz des DBV. Lediglich im Juni war ausreichend Regen gefallen. Dabei verteilten sich die Niederschläge regional sehr unterschiedlich.

Zwar entspricht der Durchschnittsertrag aller Getreidearten mit sieben Tonnen pro Hektar in etwa dem Mittel der Jahre 2015 bis 2019. Allerdings fällt die Getreideanbaufläche mit knapp 6,1 Millionen Hektar rund 240.000 Hektar (= vier Prozent) kleiner aus als im langjährigen Durchschnitt. Je nach Niederschlagsverteilung und Bodengüte waren auch die Erträge lokal unterschiedlich hoch. Und manche Betriebe verzeichneten höhere Ernteeinbußen als andere.

Weniger Ertrag auf geringeren Anbauflächen

Geringere Anbauflächen und Erträge gab es vor allem bei Wintergerste und - weizen, Winterroggen und Triticale, wie aktuelle Daten zeigen. Insbesondere der Winterweizen stand auf weniger als 2,8 Millionen Hektar und nahm damit um nahezu 300.000 Hektar weniger Anbaufläche in Anspruch als im Jahr zuvor.

In diesem Jahr wurden 21,1 Millionen Tonnen Weizen geerntet. Im vergangenen Jahr waren es noch 22,8 Millionen Tonnen. Immerhin wurde bundesweit ein durchschnittlicher Hektarertrag von 7,6 Tonnen pro Hektar erzielt. Der Ertrag lag damit etwas höher als im Vorjahr.

Auch bei der Wintergerste fiel die Anbaufläche mit 1,3 Millionen Hektar etwas geringer aus als 2019. Geringer war auch der Hektarertrag mit 6,7 Tonnen. Der lag im Vorjahr noch bei 7,2 Tonnen.

Neben der Trockenheit im März und April wurden die Nachtfröste im Mai als Ursache benannt. In manchen Gegenden habe es sogar Totalausfälle gegeben, bzw. die Gerste wurde vorzeitig für Ganzpflanzensilage geerntet. Insgesamt wurden 8,8 Millionen Tonnen Wintergerste vom Acker geholt, rund eine Million Tonnen weniger als im Vorjahr.

Im Gegensatz dazu wurden die Anbauflächen von Sommergerste um 10.000 Hektar auf insgesamt 367.000 Hektar erweitert. Die Ernteerträge stiegen damit von 1,8 auf 1,9 Millionen Tonnen, denn der Hektarertrag war mit 5,1 Tonnen ähnlich hoch wie im Vorjahr. Bei optimalem Proteingehalt wird Sommergerste als Braugerste verarbeitet.

Allerdings in diesem Jahr zum besonders niedrigen Erzeugerpreis von aktuell 163 Euro, der damit um 20 Euro unterhalb des Vorjahrespreises liegt. Ein Grund war die Schließung von Gaststätten und abgesagten Großveranstaltungen. Mit dem Lockdown reduzierte sich der Bierabsatz, das wiederum bremste die Nachfrage nach Braugerste aus.

Trockenheit verursacht Futtermangel

Einzig bei den Erträgen von Winterroggen war ein leichtes Plus zu verzeichnen. Zum einen fiel die Anbaufläche mit 634.000 Hektar gegenüber dem Schnitt der letzten sechs Jahre überdurchschnittlich groß aus. Zwar lagen die Erträge pro Hektar mit 5,5 Tonnen sieben Prozent oberhalb des mehrjährigen Durchschnitts.

Insgesamt wurden 3,5 Millionen Tonnen Winterroggen geerntet, doch wegen der Futterknappheit werde ein Teil davon zu Ganzpflanzensilage gehäckselt und somit der Körnergewinnung nicht zur Verfügung stehen, heißt es in der Pressemitteilung des DBV.

Zwar habe sich nach der großen Trockenheit im Frühjahr die Situation in diesem Jahr regional verbessert. In einigen Regionen jedoch wird Tierfutter knapp ähnlich wie nach den beiden Dürresommern 2018 und 2019. Daher erlaubt Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner den Bauern auch in diesem Sommer, solche Flächen stärker zu nutzen, die aus Umweltschutzgründen nur eingeschränkt zur Verfügung standen.

Hitze und Trockenheit im August haben eine zügige Getreide- und Rapsernte ermöglicht. Doch Kulturen wie Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben, die noch mitten in der Ertragsbildung sind, leiden zunehmend unter Wassermangel.

Wegen sinkender Preise sind viele landwirtschaftliche Betriebe in einer wirtschaftlich angespannten Situation. Zwar fährt die EU nach der diesjährigen Ernte mit 282 Millionen Tonnen zwölf Millionen weniger Tonnen Getreide ein als 2019. So exportierten die EU und Großbritannien in den ersten sechs Wochen des laufenden Wirtschaftsjahres nur 978.000 Tonnen Weichweizen - ein Rückgang um 61 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Dennoch stünden die Erzeugerpreise durch die zu erwartende "komfortable Versorgung des Weltmarktes und die starke Konkurrenz an den Exportmärkten unter Druck". Vor allem die Erzeugerpreise für Brotweizen sind gefallen.

Rapsernten von Jahr zu Jahr geringer

Bereits im letzten Jahr hatte die Rapsernte unter den Folgen des Dürresommers 2018 zu leiden. In diesem Sommer kommen die Folgeerscheinungen der Corona-Krise hinzu. Zwar fiel die Rapsernte mit 3,3 Millionen Tonnen um 0,5 Millionen Tonnen deutlich besser aus als im Vorjahr, bleibt aber wegen der geringen Anbaufläche 20 Prozent hinter dem mehrjährigen Durchschnitt von 4,1 Millionen Tonnen zurück. 2020 wurde Raps auf einer Fläche von 954.000 Hektar angebaut, zwölf Prozent mehr gegenüber dem letzten Jahr.

Tendenziell ist der Rapsanbau im Sinkflug. Bereits im vergangenen Sommer verzichteten viele Bauern auf die Aussaat von Raps, weil sie wegen zu erwartender Trockenheit Ertragseinbußen befürchteten. Dieser Trend dürfte sich in diesem Jahr fortsetzen. Von 2015 bis 2019 wurden im Schnitt noch 1,2 Millionen Hektar Raps angebaut. Immerhin liegen die Rapserträge pro Hektar mit 3,5 Tonnen pro Hektar leicht über dem Durchschnitt dieses Zeitraumes.

Der Anbau von trockenheitsbeständigeren Sorten nütze wenig, wenn es über sechs bis sieben Wochen nicht regnet, erklärt Joachim Rukwied. Zur Absicherung der Betriebe gegen schlechte Ernten fordert der Präsident des Deutschen Bauernverbandes eine "einzelbetriebliche Risikovorsorge durch staatlich unterstützte Mehrgefahrenversicherungen sowie die Einführung einer steuerlichen Gewinnrücklage". Die Bauern sollten mit einer Mehrfachgefahrenversicherung zunehmende Dürre-Risiken absichern können.

Für die bevorstehende Rapsaussaat ist Regen nötiger denn je. Pflanzenbauberater empfehlen, den Rapsaussaattermin zu verschieben, sollte der Boden standortbedingt staubtrocken und kein Regen in Sicht sein. Auch wäre Mulchen eine Alternative zum Pflügen, denn eine Mulchauflage reduziert die Verdunstung und schützt in Hanglagen vor Erosion. Noch vor einem Jahr empfahlen Agrarexperten eine Reihe von Herbiziden - zum Vor- und Nachauflauf und zur Nachbehandlung im Herbst.

Inzwischen erhöhen fehlende Bekämpfungsmöglichkeiten wichtiger Rapsschädlinge das Ertragsrisiko, wodurch sich der mehrjährigen Durchschnittertrag gesenkt habe, wie es in der Pressemitteilung des DBV heißt.

Ertragreiche Streuobstwiesen

Seit Mitte August fallen Äpfel von den Bäumen - darunter etliche Sorten, die eigentlich erst später reif werden. So wirft ein Baum auch unreife Früchte ab, wenn er mit der Menge überfordert ist, heißt es.

Wegen des trockenen Frühjahrs sah es für die Obsternte zunächst gar nicht gut aus. Der Regen im Juni versorgte die Streuobstbäume dann wieder mit Wasser. Bereits Ende Juli rechneten Fruchtsafthersteller mit einem Ernteertrag von rund 850.000 Tonnen Streuobstäpfeln.

Ausgelöst durch Phytohormone sind bei Obstbäumen Ernteschwankungen - die so genannte natürlich Alternanz - im Zweijahresrythmus zu beobachten: In einem Jahr können die Bäume die Fülle an Früchte kaum tragen, im nächsten Jahr hängt kaum ein Apfel am Ast.

Nach einem schwachen Erntejahr 2019 erfolgt mit nur rund 200.000 Tonnen in diesem Jahr eine etwas größere Ernte mit 850.000 Tonnen. Allerdings liegt diese noch deutlich unter dem Rekordjahr von 2018 mit 1,1 Millionen Tonnen Äpfeln. Auch im Obstbau gibt es regionale Unterschiede. Im Süden Deutschlands, wo sich etwa die Hälfte des bundesweiten Streuobstbestandes befindet, fällt die Ernte relativ hoch aus.

Wegen geringer Niederschläge im Osten Deutschlands fällt die Ernte dort vermutlich niedriger aus. Aufgrund der höheren Erzeugerpreise sei der Bio-Anteil in manchen Streuobstgegenden auf mehr als die Hälfte gestiegen, heißt es, so dass die saure konventionellen Ware eher knapp wird.

Glaubt man der Weltvereinigung für Äpfel und Birnen (WAPA), so lag die Erzeugungsmenge in der EU aus professionellem Anbau bei 10,71 Millionen Tonnen - rund 72.000 Tonnen weniger als im schwachen Vorjahr. Zwar habe man in vielen Regionen mit einem höheren Pflückergebnis gerechnet, doch Frühjahrsfröste hätten dem Ertrag in manchen Regionen erneut geschadet, erklären die Marktexperten.

Im Gegensatz dazu punkten Birnen mit einem EU-weiten Produktionsanstieg von 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 2,20 Millionen Tonnen. Vor allem Italien stemmt mit 279.000 Tonnen Birnen den Löwenanteil in der EU-Birnenproduktion. Für Deutschland wird immerhin ein Pflückergebnis von 43.000 Tonnen erwartet, rund 1.000 Tonnen mehr als im letzten Jahr.

Sorge um Erntehelfer wegen Corona-Maßnahmen

Unterdessen sorgen sich Apfelbauern am Bodensee, dass genügend Erntehelfer aus Polen und Rumänien einreisen dürfen. Was, wenn die "Zweite Welle" kommt? So werden in Lindau Saisonkräfte nach der Einreise auf Covid-19 getestet.

Arbeiten dürfen sie erst, wenn das Ergebnis vorliegt. Lassen die Testergebnisse auf sich warten, müsse man dann zuschauen, wie die Äpfel, die in diesem Jahr früher reif sind als sonst, von den Bäumen fallen, klagt Martin Nüberlin von der Erzeugergemeinschaft Lindauer Obstbauern.

Um Infektionen möglichst zu verhindern, dürfen nur kleinere Erntegruppen zusammenarbeiten. Außerdem müssen Desinfektionsmittel bereitstehen. Der Arbeitgeber muss eine "Gefährdungsbeurteilung" erstellen, verlangt das Stuttgarter Wirtschaftsministerium. Bei allem Ernst der Lage müsse man auch optimistisch bleiben.

"Solange wir hier eine regionale Produktion umsetzen können, ist das das Beste, was wir machen können", erklärt ein Apfelbauer aus Frickingen. Auch im Obstanbaugebiet im Alten Land an der Niederelbe ist man relativ optimistisch. Hier kommt ein Großteil der Erntehelfer aus Polen. Sie haben Erfahrungen bei der diesjährigen Ernte von Erdbeeren und Spargel und sind Einschränkungen durch das Virus bereits gewohnt.