E-Fuels: Rolle rückwärts bei VW
Porsche hat ein Liebesverhältnis zu veralteten Technologien und möchte dafür das ganze Land in Geiselhaft nehmen.
Wenn man unbedingt einen erheblichen Teil seines Einkommens in ein Fahrzeug stecken möchte, das die größte Zeit des Tages nutzlos herumsteht, dieses aber nicht mit klimaschädlichem Benzin oder Diesel betanken will, hat man drei Möglichkeiten.
Erstens: Man kauft sich ein Elektroauto und wird dafür reichlich vom Staat beschenkt. Die Zuschüsse können bis zu 9.000 Euro betragen, wovon 6.000 Euro der Fiskus zahlt. Ein Geldsegen, von dem Fahrradfahrer oder Menschen, die von Hartz-IV-Geld leben müssen, nur träumen können. Die Großmutter des Autors dieser Zeilen pflegte zu derlei Politik zu sagen: De Düvel shiet jümmers upp den grotsten Hopen.
Zweitens: Man kann sogenannten Biokraftstoff tanken, der zumindest zum Teil aus Ethanol oder Diesel besteht, die aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt wurden. Der Haken an dieser Geschichte ist die mangelnde Effizienz des Prozesses und der hohe Bedarf an Fläche.
Um den deutschen Kraftstoffbedarf zu decken, wäre selbst unter günstigen Bedingungen optimierter Technik und Effizienz eine Ackerfläche nötig, die etwas größer als Hessen wäre. Das hat sich inzwischen etwas herumgesprochen, weshalb die anfängliche Euphorie für Biokraftstoffe längst verflogen ist und die Förderung drastisch zurückgeschraubt wurde. Biokraftstoff ist eher ein Auslaufmodell.
Drittens: Der bedingt klimabewusste Autoliebhaber kann auch auf sogenannte E-Fuels hoffen, um weiter ordentlich mit seinem Motor herumzulärmen und Stickoxide in die Luft zu blasen, die hierzulande jährlich rund 6.000 Menschen töten.
Statt den Strom direkt in einem Wagen mit Elektromotor und Batterie zu verwenden, würden mit seiner Hilfe Wasserstoff hergestellt oder Methan, Benzin oder Diesel synthetisiert. Die Umwandlungsverluste sind dabei enorm.
Ein E-Auto kann 70 Prozent der ursprünglich eingesetzten elektrischen Energie in mechanische Energie umwandeln, die direkt zwischen Rad und Straße wirkt. Beim Wasserstoff sind es noch 36 Prozent der Energie, die genutzt werden können, bei den anderen Optionen nur noch 11 bis 14 Prozent. (Angaben nach einer Studie von PriceWaterhouseCoopers.)
Kein Interesse an Effizienz
Die Antwort, welche Option die sinnvollste ist, liegt somit eigentlich klar auf dem Tisch. Der Einsatz von E-Fuels und Wasserstoff macht nur Sinn, wenn Batterien (noch) nicht infrage kommen. Zum Beispiel in der Luftfahrt oder bei Hochseeschiffen.
Doch den künftigen VW-Chef Oliver Blume, der bereits Vorstandsvorsitzender bei Porsche ist, ficht das nicht an. E-Fuels seien eine sinnvolle Ergänzung der reinen Elektroantriebe, ließ er dieser Tage wissen. Auch in Jahrzehnten werde es noch Autos mit Verbrennungsmotoren geben.
Blumes Vorgänger Herbert Diess war da schon weiter. Dem scheidenden VW-Vorstandsvorsitzenden war der extrem schlechte Wirkungsgrad der E-Fuels bewusst und man konnte für einen Augenblick hoffen, dass es in den Führungsetagen deutscher Konzerne doch den einen oder anderen gibt, der den Zug der Zeit nicht ganz verschlafen hatte, sondern verstand, dass man sich ernsthaft um technologischen Wandel kümmern musste.
Ist ja auch eigentlich keine Dauerlösung, darauf zu hoffen, dass die Bundesregierung immer wieder nach Beijing (Peking) fahren würde, um dort, wie es Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) einst tat, auf dem wichtigsten Absatzmarkt der deutschen Automobilindustrie, einen Aufschub bei der Einführung des Quotensystems für E-Autos zu erbitten.
Indes, die Freude kam zu früh. Die Besitzer von VW – 53,3 Prozent der Stammaktien und 31,9 Prozent des gezeichneten Kapitals der Volkswagen AG gehören Porsche – haben offensichtlich anderes im Sinn, wie die Personalie Blume zeigt. Das hatte bereits die Intervention bei FDP-Chef Christian Lindner – das ist der mit der "Gratismentalität" – gezeigt, der dafür sorgte, den E-Fuels eine Hintertür im Koalitionsvertrag der Berliner Regierung offenzuhalten.