EU-Airlines: "gravierende und anhaltende Verbraucherprobleme"

Die europäischen Billigflieger stehen weiterhin wegen irreführender Werbung und unfairer Praktiken am Pranger

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Die für Verbraucher zuständige EU-Kommissarin Meglena Kuneva veröffentlichte gestern den Zwischenbericht über die europaweite Ermittlung zur Durchsetzung der EU-Rechtsvorschriften, an der sich 15 einzelstaatliche Behörden der EU sowie Norwegen beteiligten. Die Aktion unter dem Namen „Sweep“ wurde von einem Ende 2006 eingerichteten Netz der für die Durchsetzung des Verbraucherrechts zuständigen nationalen Behörden (Consumer Protection Enforcement Network – CPC) durchgeführt und von der Europäischen Kommission koordiniert. Die EU-Kommission will damit gegen irreführende Werbung und unfaire Praktiken vorgehen, mit denen Käufer im Internet auf der Suche nach billigen Flügen in die Falle gelockt werden.

Der von Kuneva vorgestellte Bericht zeigt, dass es in der gesamten Flugverkehrs-Branche „gravierende und anhaltende Verbraucherprobleme“ gibt. Gegen jede dritte der geprüften Websites (137 von 386 Websites, die ursprünglich von den 13 Ländern kontrolliert worden waren) wurde in den vergangenen sieben Monaten wegen Verstößen gegen das EU-Verbraucherrecht ermittelt. Viele Websites wiesen gleich mehrere Probleme auf. 58 Prozent der kontrollierten Internetpräsenzen beinhalteten irreführende Preisangaben und auf 49 Prozent fanden sich Unregelmäßigkeiten bei den Vertragsbedingungen, so Kuneva. Auf 15 Prozent der Websites waren Angebote vorhanden, die letztlich aber überhaupt nicht verfügbar waren.

Nach Angaben der Europäischen Kommission täuschten die Online-Verkaufsstellen der Fluggesellschaften vor allem mit dem Ticketpreis bei Beginn der Buchung, die ohne Angabe der Steuern und sonstiger Gebühren erfolge. So würden Flugtickets auf der ersten Seite etwa für 20 Euro angeboten, einige Klicks später liege der Preis dann bei über 100 Euro. Außerdem bezögen sich Preisangaben für Sonderangebote häufig nur auf einen bestimmten Zeitraum oder eine begrenzte Menge. Nur mit einem besonderen Aufwand könne der Kunde am Ende die Einschränkungen erkennen. Oft könnten auch nicht problemlos die Bedingungen für eine Stornierung oder Verschiebung des Fluges eingesehen werden. Ähnliche Praktiken werden angewendet, indem die Fluggesellschaften versuchten, den Betroffenen Reiseversicherungen oder sonstige Zusatzleistungen zu verkaufen, an denen die Airlines zusätzlich Einnahmen akquirierten. Diese Leistungen seien auf den Webseiten von vornherein aktiviert und könnten nur durch einen Klick der Verbraucher abbestellt werden.

Über die Hälfte der kritisierten Webseiten wurden inzwischen korrigiert, erklärte Kuneva am Donnerstag in Brüssel:

„Es ist nicht hinnehmbar, dass jeder dritte Verbraucher, der online ein Flugticket buchen will, geschröpft, irregeführt oder verwirrt wird. Meine Botschaft an die Unternehmen ist klar: entweder sie handeln jetzt, oder wir werden handeln. Wenn uns bis zum 1. Mai nächsten Jahres keine glaubhaften Beweise für Verbesserungen dieser Verkaufs- und Marketingpraktiken in der Flugverkehrsbranche vorliegen, haben wir keine Wahl mehr; dann müssen wir eingreifen.“

Allerdings ist die direkte Einflussnahme der EU-Kommission bezüglich der Ahndung von Verstößen kaum wahrscheinlich, weil das EU-Verbraucherrecht von den Mitgliedstaaten vollzogen wird und nur sie selbst auch Sanktionen für Verstöße aussprechen dürfen. Auch das Strafmaß für derlei Verstöße scheint eher bescheiden: Es reicht von der Aufforderung, die beanstandete Praxis zu ändern oder einzustellen, über eine Geldbuße oder die Schließung der Website. Kuneva bestätigte in der Pressekonferenz, dass gegenwärtig gegen 12 Airlines ermittelt werde, darunter befindet sich auch der irische Billigflieger Ryanair.

Die aufgeführten Probleme bestünden in der gesamten Flugverkehrsbranche, betonte Kuneva, sowohl bei Fluggesellschaften als auch bei Reiseveranstaltern. Von den 79 Websites, die wegen irreführender Preisangaben kontrolliert wurden, gehörten 44 (56 Prozent) zu Fluggesellschaften, 27 (34 Prozent) zu Reisebüros bzw. Reiseveranstaltern, und 8 (10 Prozent) waren sonstiger Art wie etwa Angebotsseiten von Preisvergleichsunternehmen. Von den 21 Homepages, bei denen Probleme mit der Verfügbarkeit der Angebote auftraten, gehörten 12 (57 Prozent) zu Fluggesellschaften und 6 (28 Prozent) zu Reiseveranstaltern. Von den 67 Onlinepräsenzen, die wegen unlauterer Vertragsbedingungen kontrolliert wurden, gehörten 26 (39 Prozent) zu Fluggesellschaften und 34 (51 Prozent) zu Reiseveranstaltern.

Deutschland hatte sich übrigens an der Untersuchung nicht beteiligt. Die Anfrage der EU-Kommission nach Angaben des Bundesamts für Verbraucherschutz für die im September 2007 durchgeführte Kontrolle sei zu kurzfristig erfolgt, hieß es. Das Bundesamt hatte wenige Monate zuvor die Verantwortung für diesen Bereich zugewiesen bekommen.