Ein Bild verrät deine Meinung
Die neurologische Antwort des Gehirn auf ein einziges Bild verrät zuverlässig, ob ein Mensch liberale oder konservative Ansichten hegt
Welche politische Meinung ein Mensch vertritt, ist in der Regel ein Spiegelbild seines Charakters. Biologisch geht es im Grunde nur um eine Frage: Wie reagiert der Betroffene auf eine Einwirkung von außen, die sich als Bedrohung interpretieren lässt? Dabei war es für die Forscher schon immer spannend zu beobachten, wie tief dieser Charakterzug im Gehirn verankert ist und wie konstant er über die ganze Lebenszeit bleibt. Diese Konstanz ist so stark, dass es eine biologische Grundlage dafür geben muss.
Auf der Suche danach haben nun US-Forscher Probanden unter dem Magnetresonanztomografen genauer untersucht. Ihre Ergebnisse beschreiben sie im Wissenschaftsmagazin Current Biology. Die Wissenschaftler wollten dabei ermitteln, inwieweit sich die Gehirne konservativer und (in der US-amerikanischen Bedeutung des Begriffs) liberaler Geister unterscheiden. Dazu mussten sie die Versuchspersonen zunächst in eine Gruppe einsortieren.
Erstes interessantes Ergebnis dabei: Es gibt keine lineare Beziehung zwischen dem Grad des Politik-Interesses und der eigenen Meinung. Vielmehr zeigt die Beziehung U-Form: Wer sich sehr für politische Themen interessiert, ist entweder deutlich konservativ oder deutlich liberal. Wer irgendwo dazwischen liegt, zeigt auch kein großes Interesse an Politik.
Nachdem die Forscher die Probanden in drei Gruppen eingeteilt hatten (liberal, konservativ und weder-noch), mussten die Versuchspersonen zunächst drei Arten von Bildern beurteilen: neutrale, anziehende und abstoßende. Es zeigte sich, dass die drei Gruppen fast identische Urteile abgaben, ganz unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung. Dann jedoch wiederholten die Forscher die Prozedur, während sie die Gehirne der Versuchsteilnehmer unter dem Magnetresonanztomografen beobachteten.
Obwohl alle sich subjektiv ähnlich geäußert hatten, zeigten sich hier deutliche Unterschiede. Am stärksten waren die Reaktionen bei einem abstoßenden Fotos eines verletzten Tieres. Hier konnten die Forscher anhand des fMRT-Fotos die Probanden eindeutig ihrer Gruppe zuordnen - dabei reichte jeweils ein einziges Bild. Bei positiven Bildern erfolgten die Reaktionen nicht so eindeutig. Die Wissenschaftler sind sich hier nicht sicher, ob konservative Menschen besonders stark auf negative Einflüsse reagieren - oder ob es nur einfacher ist, über Bilder negative Emotionen statt positiver Gefühle hervorzurufen.
Die Ergebnisse zeigen, so die Forscher, dass sich Menschen vor allem in einem irren: Dass ihre politischen Überzeugungen das Ergebnis rationalen Denkens sind. Tatsächlich werden diese von unterbewussten Prozessen deutlich stärker beeinflusst als vermutet. Allerdings sind die Überzeugungen wohl nicht angeboren, sondern entstehen aus einer Mischung von genetischer Disposition und individuellen Erfahrungen. Die konkrete Verdrahtung im Gehirn eines Menschen zu einem bestimmten Zeitpunkt unterliegt jedoch weniger dem Einfluss des Menschen als dieser selbst glauben möchte.
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