Ein Gebet erschüttert die muslimische Welt
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Weil eine Frau die Hauptrolle spielt, gibt es gegen eine Berliner Moschee eine Fatwa, die potenziell zum Tode verurteilt. Ein Kommentar
Folgendes Szenario: Eine evangelische Kirche in Berlin stellt einer Gruppe von Muslimen, die sich als liberale Reform-Muslime verstehen, einen Raum zur Verfügung. Diese Gruppe möchte der Welt zeigen, dass ein anderer Islam, ein zeitgemäßer Islam, möglich ist. Und lädt die Welt ein, daran teilzuhaben, diesen zu entwickeln.
Egal welchen Geschlechts, welcher Herkunft, gläubig oder nicht, welchen Glaubens, homo-, hetero oder a-sexuell, alt oder jung, konservativ oder links. Mit und ohne Kopftuch. Im Grunde geht es um Spiritualität, unabhängig von Anbetung eines bestimmten Gottes. Wobei der Grundkonsens, dass es einen gibt, schon gegeben ist. Aber selbst das darf angezweifelt werden. Zumindest in der Theorie, es gab ja noch nicht viel Gelegenheit, diese Offenheit in der Praxis zu testen.
Eine Frau spielt die Hauptrolle
In diesem Raum spielt eine Frau die Hauptrolle. Als Imamin. Also als Vorbeterin, als Priesterin sozusagen. Das wäre auch für die katholische Kirche eine Sensation und würde in Rom vermutlich keine Begeisterungsstürme auslösen.
Gut, wir haben also diesen Raum mit dieser Frau als Vorbeterin. Das bringt nicht nur hiesige, angeblich so moderate und an Integration interessierte Muslime und Islamverbände auf die Palme, die ihr im Sekunden-Takt Hassmails schicken. Was namhafte Vertreter dieser Verbände äußerst unterhaltsam finden und auf Popcorn nur verzichten, weil grad Ramadan ist.
Die muslimische Zusammenkunft sorgt in der islamischen Welt für Aufruhr. Eine hohe sunnitische Instanz schaltet sich ein, die Fatwa-Behörde Dar al-Ifta.
Die Moscheegründung "sei ein Angriff auf den Islam", lautet ihr Urteil. Dar al-Ifta ist quasi das jüngste Gericht. Und das meine ich ganz ohne Witz, denn die Fatwa kommt einem Todesurteil gleich. Das ist quasi wie die Fatwa gegen Rushdie.
Nur dass sie nicht gegen Personen, sondern gegen die Moschee, wir erinnern uns, diesen kleinen Raum in der evangelischen Kirche, ausgesprochen wird. Somit gegen alle, die damit in Verbindung gebracht werden.
Zunächst natürlich gegen die Imamin Seyran Ateş, eine türkisch-stämmige Anwältin, auf die Anfang der 1980er Jahre geschossen wurde, weil sie während ihres Jura-Studiums ehrenamtlich von häuslicher Gewalt betroffene Frauen beraten hat. Die zwei Mal ihre Anwaltspraxis geschlossen hat, weil sie Morddrohungen erhielt.