Ein Haushalt für Militär und Rüstungsindustrie
- Ein Haushalt für Militär und Rüstungsindustrie
- Aufrüstung der EU: Die ständige strukturierte Gelddruckmaschine
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Mit zunehmenden Auslandseinsätzen, der militärischen Planung der EU und der üblichen Subventionierung der Rüstungsbranche steigen die Kosten für die Steuerzahler
Am Dienstag war es wieder einmal soweit: Bei einem Bombenangriff in der afghanischen Provinz Helmand töten Soldaten mindestens 30 Zivilisten. Die meisten von ihnen waren Angehörige einer Familie, nur eine Person überlebte verletzt. Laut einer Sprecherin der NATO-Mission "Resolute Support", Debra Richardson, hätten afghanische Spezialkräfte und US-Militärberater eine Operation in dem Gebiet durchgeführt.
In "Selbstverteidigung" haben die Bodenkräfte einen Luftschlag angefordert, so die Sprecherin von "Resolute Support". Die Bodenkräfte hätten nicht gewusst, dass auch Zivilisten in dem Gebäude seien. In den deutschen Medien taucht die Meldung nur auf, weil die Zahl der getöteten Zivilisten höher liegt als sonst üblich.
Wie viele Menschen in Afghanistan seit dem Beginn der internationalen Intervention vor 17 Jahren starben, weiß kein Mensch. Bekannt ist seit Anfang dieser Woche allerdings, was die verschiedenen Afghanistan-Einsätze den deutschen Steuerzahler bisher gekostet haben. Zusammen zahlte die Bundesregierung für "Resolute Support" und die drei Vorgänger-Missionen 11.282.200.000 Euro. Diese knapp 11,3 Milliarden Euro für die Afghanistan-Einsätze machen gut die Hälfte sämtlicher Ausgaben für Auslandseinsätze aus.
Laut den Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke belaufen sich die Gesamtkosten für sämtliche Auslandseinsätze seit 1992 auf mindestens 21.602.300.000 Euro. Darin enthalten sind allerdings keine Angaben über den Sold, es fehlen viele Kosten, die nicht als "einsatzbedingte Zusatzkosten" abgerechnet werden können.
Andrej Hunko, der die Zahlen bei der Bundesregierung erfragte, ist vor allem überrascht von der hohen Zahl der im Ausland eingesetzten Bundeswehrangehörigen. Seit 1990 waren mit 423.907 Personen fast eine halbe Million einzelne Soldatinnen und Soldaten im Ausland eingesetzt. "Wir halten die Tendenz, immer mehr Soldaten in internationale Einsätze zu schicken, für grundfalsch. Deshalb haben wir die Einsätze immer abgelehnt. Nirgendwo wurden nach meiner Einschätzung die politisch formulierten Ziele an den Einsatz erfüllt."
Preisgleitklausel: Unkontrollierte Kostenexplosion bei Rüstungsaufträgen
Allerdings zeigen die Auskünfte der Bundesregierung bereits, dass für die kommenden Jahre neue Milliarden im Haushalt für Auslandseinsätze reserviert sind. Die zehn aktuell laufenden Einsätze kosten demnach pro Monat gut 58 Millionen Euro. Hinzu kommen Zahlungen an die EU, welche Einsätze wie Eufor ALTHEA fortführt, an denen die Bundeswehr selbst nicht mehr beteiligt ist. Dafür fällt monatlich eine weitere Million Euro an.
Das macht zusammen pro Jahr laufende Ausgaben für Auslandseinsätze von knapp 710 Millionen Euro. Im Haushalt der Großen Koalition für das kommende Jahr und im Finanzrahmen bis einschließlich 2022 sind jährliche Ausgaben von 770 Millionen Euro für Auslandseinsätze reserviert. Das würde für diese kommenden vier Jahre noch gut 3 Milliarden Euro ausmachen.
Schaut man allerdings auf den Gesamthaushalt, den Finanzminister Olaf Scholz (SPD) soeben durch den Bundestag gebracht hat, dann erscheinen diese Ausgaben für Kriegs- und Kriseneinsätze beinahe wie Petitessen. Kein anderer Etat im Bundeshaushalt soll in den nächsten vier Jahren stärker steigen als der Rüstungsetat. Von rund 38,5 Milliarden im Jahr 2018 geht es hoch auf 43,2 Milliarden Euro in 2019.
Hingegen wird die rot-schwarze Regierung die Mittel für Diplomatie und Entwicklungspolitik in den kommenden Jahren sogar kürzen. Damit bewegt sich die Bundesregierung konsequent in Richtung der 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, wie sie vor allem der amerikanische Präsident Donald Trump von den NATO-Mitgliedern erwartet. Denn niemand kann garantieren, dass die bisher vorgesehenen Ausgaben nicht weiter erhöht werden, sei es, weil überraschend neue Kriegseinsätze anstehen, oder dass die Kosten für laufende Projekte unvorhersehbar aus dem Ruder laufen.
Der sicherheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Matthias Höhn, hat berechnet, dass in den kommenden Jahren mehr als 32 Milliarden Euro zusätzlich anstehen, und zwar nur für bereits laufende Rüstungsprojekte wie das Kampfflugzeug Eurofighter, das Transportflugzeug A-400-M und die Korvette K130. Der einfache Trick, mit dem die Schwerindustrie aus dem Steuerdeckel subventioniert wird, besteht darin, dass keine festen Liefer- und Preisvereinbarungen zwischen Verteidigungsministerium und den Unternehmen getroffen werden.
Auf Anfrage von Höhn führt das Verteidigungsministerium acht Beschaffungsverträge auf, die eine "Preisgleitklausel" enthalten. In diesen Fällen sei "von einer Kostensteigerung auszugehen, da grundsätzlich mit einer ansteigenden Preisentwicklung zu rechnen ist", heißt es aus dem Hause von der Leyen. Zudem gebe es überhaupt kein "spezielles Verfahren zum Umgang mit der Nichteinhaltung von vertraglich vereinbarten Lieferterminen", so ihr Ministerium.
Matthias Höhn kommentierte gegenüber dem RND, es sei erschreckend, dass das Verteidigungsministerium zugeben müsse, mit weiteren Kostensteigerungen bei den Rüstungsbeschaffungen fest zu rechnen: "Mehr als 32 Milliarden Euro obendrauf für laufende Rüstungsprojekte, die kaum einsatzbereit sind und viel zu spät geliefert werden: Unter Frau von der Leyen muss sich das Land in den nächsten Jahren auf weitere Rekordhaushalte beim Militär einstellen."