Ein beträchtlicher Teil der Westeuropäer hängt populistischen Vorstellungen an

Populisten trauen nach einer PEW-Umfrage den gelisteten Nachrichtenmedien weniger und sehen deren Berichterstattung mit größerer Skepsis

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Die Nachrichtenmedien sind in einer Krise, zumindest die traditionellen Medien, die sich gerne als "Qualitätsmedien" im Unterschied zu den Schmuddelmedien begreifen. In den USA wurde sogar ein Präsident gewählt, der den Umbruch zu den Onlinemedien mit auskämpft und gegen die alten Mainstreammedien antritt, die er in Analogie zur Lügenpresse als Fake News bezeichnet. Diese wiederum werfen Trump vor, selbst Lügen zu verbreiten, alternative Fakten zu schaffen und im Verein mit russischen "Beeinflussungsoperationen" das Vertrauen in die demokratischen Institutionen, wozu auch die Presse gehört, zu untergraben. Deutlich wird daran, dass ein Kampf nicht nur um die Deutungshoheit ausgefochten wird, sondern auch, welche Medien das Sagen haben, was die Gesellschaft nur weiter spaltet.

Auf diesem Hintergrund hat Pew Research Ende 2017 eine Umfrage in acht europäischen Ländern (Dänmark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, die Niederlande, Schweden, Spanien) durchführen lassen. Das Vertrauen in die Medien hängt danach stark von der politischen Haltung ab. Menschen, die rechten, populistischen Ideologien anhängen, deren Vertreter auch der amerikanische Präsident ist, haben ein deutlich geringeres Vertrauen in "Nachrichtenmedien". Die Autoren haben für jedes Land eine spezifische Auswahl getroffen, für Deutschland waren es: ARD, Sat1, RTL, Bild, Süddeutsche Zeitung (SZ), Spiegel, FAZ, taz.

Interessant ist, welche Definition die Autoren für eine populistische Haltung zugrundelegen. Sie berufen sich auf Forschung, die weitgehend davon ausgehe, dass der Populismus durch drei Überzeugungen charakterisierbar ist:

  1. Der Wille ist die Hauptquelle für die Legitimität der Regierung.
  2. "Das Volk" und "die Elite" sind zwei homogene und antagonistische Gruppen.
  3. "Das Volk" ist gut, während "die Elite" korrupt ist.

Für die Umfrage wurden Menschen als Populisten eingestuft, wenn sie zwei Fragen für "das Volk" und gegen "die Elite", in dem Fall Politiker, beantworteten:

1) Normale Menschen würden die Probleme des Landes besser/nicht besser als gewählte Politiker lösen und

2) Die meisten gewählten Politiker kümmern sich nicht/kümmern sich darum, was Menschen wie ich denken.

Ist Populismus zur Hauptideologie geworden?

Danach ist ein beträchtlicher Bevölkerungsanteil der Länder populistisch. Am meisten in Spanien (45%), Italien (43%) und Frankreich (40%). In Deutschland ist es wie in den Niederlanden und Dänemark ein Viertel (26%). In Schweden gibt es mit 12 Prozent den geringsten Anteil. Würde man die "gemischten Ansichten" einbeziehen, also wer eine oder beide Fragen nicht beantwortete oder nicht beide bejahte oder ablehnte, läge der Anteil der Menschen, die populistisch sind oder dem Populismus zuneigen, teils über 80 Prozent, in Deutschland bei 76 Prozent. Als Nicht-Populisten wurden in Spanien 12 Prozent, in Deutschland 24 Prozent und in Schweden 40 Prozent eingestuft.

Populisten in allen Ländern trauen den gelisteten Nachrichtenmedien weniger und sehen deren Berichterstattung über große Themen wie Wirtschaft, Einwanderung oder Kriminalität negativer als Nicht-Populisten. Dabei spielt in Spanien, Deutschland und Schweden auch der Unterschied zwischen Linken und Rechten eine geringe Rolle. Während in Spanien die Linken den Medien weniger trauen als die Rechten, ist dies in Schweden und Deutschland umgekehrt. In den USA trauen demokratische Wähler den Medien eher als republikanische.

Es gibt aber auch regionale Unterschiede. Die Menschen im Norden trauen, zumindest etwas, den Medien eher als die im Süden. Über 60 Prozent trauen den Medien in den Niederlanden, in Deutschland und Schweden. In Dänemark sind es allerding nur 47 Prozent, Großbritannien gleicht mit etwas mehr als 30 Prozent Frankreich und Spanien. In Italien trauen nur 29 Prozent den Medien, auch wenn noch 75 Prozent meinen, Nachrichtenmedien seien wichtig. Das sagen dagegen 95 Prozent in Schweden und 90 Prozent in Deutschland. Überraschend ist, dass 88 Prozent der Spanier Nachrichtenmedien für wichtig halten, aber nur 38 Prozent Vertrauen in sie haben.

Sehr unterschiedliche Rezeptionsweisen und Medienlandschaften

Interessant ist auch die unterschiedliche Medienlandschaft. Auch wenn in Großbritannien und Spanien das Vertrauen gering ist, nutzen hier ähnlich wie in Deutschland, Schweden und den Niederlanden eine relative Mehrheit ein primäres Nachrichtenmedium, in der Regel einen öffentlich-rechtlichen Sender. In Großbritannien nutzen 49 Prozent BBC, in Schweden 39 Prozent SVT, in den Niederlanden 37 Prozent NPO, in Deutschland 32 Prozent die ARD (ZDF nur 7%, gefolgt von Spiegel mit 6%), in Dänemark 31 Prozent TV2 News. RAI News sind für Italiener das Hauptnachrichtenmedium, in Frankreich TV1 für 17 Prozent, in Spanien RTVE für 13 Prozent.

Hier ist die Nachrichtenmedienlandschaft fragmentierter, klar ist aber in allen Ländern, dass die Fernsehsender für Nachrichten eine zentrale Rolle einnehmen. Das wird nicht nur mit der "Qualität" zu tun haben, sondern eher mit Gewohnheiten und der Bequemlichkeit, Nachrichten nicht lesen zu müssen, sondern in kurzen Sequenzen ohne große Differenzierungen sehen und hören zu können.

Man muss natürlich einbeziehen, dass zunehmend mehr Menschen Nachrichten nicht aus den herkömmlichen Medien, sondern über Soziale Netzwerke, vor allem über Facebook, beziehen. In fast allen Ländern schaut mindestens ein Drittel der Befragten täglich nach Nachrichten in den Sozialen Netzwerken. In Italien, wo das Vertrauen in die Medien am geringsten, ist es bereits die Hälfte. Populisten in Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland nutzen diese stärker als Nichtpopulisten, was heißen dürfte, dass durch die Nutzung der Sozialen Netzwerke die Rezeption einseitiger Nachrichten verstärkt werden dürfte.

Allerdings werden über die Sozialen Netzwerke vornehmlich die Informationen von bekannten Nachrichtenmedien verbreitet. Aber auch das könnte sich ändern. In Frankreich, den Niederlanden und in Italien sagen mehr als 30 Prozent, sie würden nicht darauf achten, woher die Nachrichten von Medien kommen. In Deutschland sagt das auch noch ein Viertel, in Dänemark 21 Prozent, in Schweden nur 17 Prozent. Das wäre dann vor allem die Öffentlichkeit, die sich leicht manipulieren ließe.