Ein kleiner Schritt für den IWF-Exekutivrat...

Seite 2: Der Yuan wird Mitglied des "exklusiven Clubs"

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Bislang jedenfalls führte diese Taktik zum gewünschten Erfolg: Im Lärm der Terroranschläge von Paris ging die Meldung völlig unter, dass am 13. November hohe IWF-Offizielle die Aufnahme des Yuan RMB in den SZR-Währungskorb empfahlen, womit die heutige Entscheidung des Exekutivrats zur Formsache wurde. Damit steht seiner weltweiten Nutzung als Reservewährung nichts mehr im Wege; die russische Zentralbank hat dies bereits am Freitag entschieden, weitere Staaten dürften bald folgen.

In den letzten Jahren ist der Yuan bereits zur viertwichtigsten Handelswährung geworden, seit August 2012 stieg sein Anteil von 0,84% auf jetzt etwa 2,8% (Zahlen laut SWIFT). Doch nun dürfte sich daraus eine selbstverstärkende Dynamik entwickeln: Je mehr die Währung zur Verfügung gestellt, genutzt und akzeptiert wird, desto liquider und damit praktischer ist sie auch - und desto attraktiver ihr Gebrauch.

Dass parallel dazu die neuen internationalen Entwicklungsbanken ihre Arbeit aufnehmen - die erste Kreditvergabe der "BRICS-Bank" NDB ist für April 2016 geplant - bedeutet, dass in Zukunft auch internationale Großkredite in RMB vergeben werden können, was seiner Verbreitung einen weiteren Schub geben wird. Praktischerweise sind bereits riesige Infrastrukturprojekte vereinbart in Zentralasien ("Neue Seidenstraße" bzw. "One Belt, One Road"), Pakistan, Südamerika...

Nachdem China bereits in den letzten Jahren zunehmend vom reinen Empfängerland zur Quelle von ausländischen Direktinvestitionen geworden ist, wird damit auch in diesem Bereich zukünftig verstärkt auf Yuan-Basis gerechnet werden - sei es im Rahmen staatlicher Institutionen wie dem "Seidenstraßenfonds" oder bei der privatwirtschaftlichen Expansion ins Ausland. Einerseits eröffnet dies wohlhabenden Chinesen die Möglichkeit, ihr Vermögen produktiver einzusetzen als zum Aufblähen riesiger Finanzblasen, andererseits erhöht es auch die Attraktivität des Yuans für Investoren aus aller Welt und damit die Nachfrage nach der Währung - soweit die Regierung dies zulässt, natürlich.

Zur Abrundung dieses Bildes sollten zwei weitere Elemente nicht vergessen werden: Am 8. Oktober startete die erste Phase des Banktransfersystems CIPS, einem chinesischen SWIFT-Äquivalent, mit dem internationale Zahlungen in RMB abgewickelt werden können. Und nicht zuletzt erhöhte die Zentralbank seit Sommer schrittweise ihre (offiziell gemeldeten) Goldreserven. Diese haben zwar heutzutage keine eigentliche Funktion mehr, sind jedoch für das Vertrauen in eine Währung nach wie vor von entscheidender Bedeutung. Zusammenfassend lässt sich sagen: Beijing scheint tatsächlich an Alles gedacht zu haben.

Andere Zentralbanken müssen sich anpassen

Im Dezember stehen drei für das internationale Finanzsystem extrem wichtige Entscheidungen an, seitens der Europäischen und der US-Zentralbank sowie der Organisation Erdöl exportierender Staaten (OPEC).

Letztere trifft sich am 4. Dezember in Wien, um über die künftige Förderpolitik ihrer Mitglieder zu entscheiden: Bleibt es bei der derzeitigen hohen Fördermenge, die nicht nur zu einer Halbierung des Ölpreises Ende 2014 geführt hat, sondern auch die US-Frackingunternehmen an den Rand der Pleite geführt und selbst im saudischen Staatshaushalt ein riesiges Defizit verursacht hat? Oder stimmen die Saudis im Interesse der Stabilität nicht nur der US-Ölförderer, sondern auch des globalen Finanzkreislaufs einer von fast allen anderen Förderländern gewünschten Senkung zu?

Ebenfalls Anfang Dezember wird die offizielle Ankündigung erwartet, dass die EZB ihr Ankaufprogramm für Staatsanleihen ("QE") über den ursprünglich geplanten Zeitraum hinaus verlängern und möglicherweise auch den Leitzins für Einlagen der Banken weiter senken wird. Damit soll das allgemeine Zinsniveau in der Eurozone und damit auch der Wert des Euros weiter gesenkt werden, um Exporte zu erleichtern und die Staatsschulden tragbarer, die europäische Währung für Anleger hingegen unattraktiver zu machen.

Zinswende in den USA?

In der schwierigsten Situation befindet sich hingegen die US-Zentralbank Fed. Die Finanzmärkte erwarten nach sieben Jahren der Nullzinspolitik endlich die schon so lange versprochene "Zinswende", nach Umfragen gehen angeblich 60-70 Prozent der befragten "Experten" von einer Leitzinserhöhung noch in diesem Jahr aus, manche Artikel sprechen sogar von 90 Prozent.

Tatsächlich würde diese jedoch nicht nur die US-(Finanz-)Wirtschaft schwer treffen, die sich längst an die Schwemme billigen Geldes gewöhnt hat, sondern auch internationale Dollar-Kreditnehmer dazu veranlassen, sich angesichts steigender Zinsen und eines extrem hohen Dollarkurses nach Alternativen umzusehen.

Bislang gab es diese de facto nicht, doch mit der Internationalisierung des Yuan ändert sich dies gerade: RMB-Kredite aus dem Reich der Mitte könnten sich schon bald zu einer ernsten Bedrohung für die bisher unangefochtene, weil "alternativlose" Stellung des US-Dollars entwickeln.

Die Fed befindet sich damit vor der entscheidenden Sitzung am 15./16. Dezember in einer Zwickmühle: Wenn sie den Leitzins erhöht, könnten die wirtschaftlichen Auswirkungen verheerend sein und bisherige Kreditnehmer "die Bank wechseln". Tut sie es jedoch nicht, dann ist es mit ihrer Glaubwürdigkeit nicht mehr weit her - und Vertrauen ist die wichtigste Währung einer Zentralbank. Damned if you do, damned if you don't - eine für alle Seiten gute Lösung gibt es nicht.