Elon Musk nimmt Disney ins Visier

Seite 2: Gleichsetzung von Republikanern mit verfolgten Juden

Da sich Carano bei Themen wie Coronamaßnahmen, Pronomen im Twitterprofil und Black Lives Matter immer wieder auf eher konservativen Linien bewegt hatte, wurde dies von manchen als ungeheuerliche Gleichsetzung von Republikanern mit verfolgten Juden interpretiert.

Das ist nachvollziehbar, obwohl sie im Beitrag weder Republikaner noch Konservative erwähnte und den aktuellen politischen Hass in den USA nicht mit der Judenverfolgung gleichsetzte, sondern nahelegte, Verfolgung sei eine spätere Eskalationsstufe eines Prozesses, der mit Hass auf Nachbarn beginne.

Sie erklärte später, sie habe naiv angenommen, dass es sich um eine versöhnliche Botschaft handele, die auch so aufgefasst werden würde.

Pedro Pascal ist auch nicht schüchtern

Carano löschte den Beitrag innerhalb eines Tages, doch der war ohnehin nur der berühmte Tropfen gewesen. Sie hatte aufgrund ihrer politischen Äußerungen bei Lucasfilm schon länger auf der Abschussliste gestanden. Der Hollywood Reporter zitierte einen Insider des Studios, der angab, man suche seit zwei Monaten nach einem Grund, sie zu feuern.

Caranos Anwälte werfen den beteiligten Studios nun unrechtmäßige Entlassung und Geschlechtsdiskriminierung vor. Die Klageschrift verweist darauf, dass sich Caranos männliche Co-Stars mindestens so pointiert politisch äußerten wie sie, ohne dafür gemaßregelt, geschweige denn gefeuert zu werden.

Pedro Pascal beispielsweise, der Hauptdarsteller von The Mandalorian, stellte nicht nur wiederholt Donald Trump mit Adolf Hitler und seine Anhänger mit den Nazis auf eine Stufe, sondern auch angebliche Kinder illegaler Einwanderer hinter Gittern (in Wirklichkeit zeigte das verwendete Bild einepalästinensische Suppenküche) mit Juden im Konzentrationslager.

Eindrücke vom DEI-Minenfeld

Musk verbreitete Caranos Stellungnahme zur Klage auf X und forderte dazu auf, sich anzuschließen, wenn man von Disney diskriminiert worden sei. Dazu postete er Dokumente über die "Inklusionsstandards" Disneys, die vorschreiben, wie viele Mitarbeiter aus "unterrepräsentierten Gruppen" vor und hinter der Kamera sowie in den erzählten Geschichten selbst in welcher Weise vorkommen müssen.

Es sei kein Wunder, kommentierte er, dass der Großteil der Inhalte der letzten Jahre schrecklich gewesen sei ("sucked"). Der Versuch, durch das DEI-Minenfeld zu navigieren, zerstöre den kreativen Prozess. DEI steht für "Diversity", "Equity" und "Inclusion".

Mit letzterer Einschätzung ist Musk allerdings nicht allein. Auch namhafte Regisseure wie Todd Philipps und Quentin Tarantino haben sich bereits darüber beklagt, dass die DEI-Philosophie Vorrang vor dem kreativen Schaffen habe und dieses erschwere.

Eine Recherche unter Hollywood-Autoren und -Produzenten zeichnete 2022 ein in dieser Hinsicht desaströses Bild. Es herrsche ein Klima der Angst, gegen die "neue Orthodoxie" zu verstoßen. In den Autorenteams ersticke gegenseitiges Misstrauen die Kreativität.

Mehr Botschaft als Geschichte

In dem Magazin Film Threat berichtet ein Hollywood-Autor, durch Quoten würden die traditionell mehrheitlich männlichen Kreativen durch "vielfältige", aber unerfahrene junge Nachfolger ersetzt. Diese seien mehr Aktivisten als alles andere und ihre Arbeit zu kritisieren sei schwierig, da man sich schnell Rassismusvorwürfe oder Ähnliches einhandele.

In diesem Klima sei selbst die stets gepriesene Diversität der Ideologie untergeordnet, beobachtet der Filmjournalist Alan Ng auf Basis von Innenansichten Disneys.

Es ist nicht genug, wenn eine Animationskünstlerin eine begabte dunkelhäutige Frau ist, sie muss auch den Segen der WiA (der aktivistischen Organisation ‚Women in Animation‘) haben und auf Linie sein.

Alan Ng

Kreative Krise

Das würde die kreative Krise erklären, die auch von außen augenfällig ist. Lucasfilm, Pixar, Marvel – alle ehemaligen Spitzenmarken produzierenteure Flops, wie es vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre.

Krieg der Sterne findet nur noch auf dem Streamingdienst Disney+ statt, dem die Abonnenten davonlaufen, die Fangemeinde ist geschrumpft und gespalten, die Spielzeuge bleiben in den Regalen liegen.

Dass bei allzu vielen Produktionen die Diversity stark und die Geschichte schwach ist, hat auch Bob Iger erkannt, der es höflich ausdrückte: Man habe sich zu sehr auf Botschaften fokussiert. Was er dagegen zu tun gedenkt, ist unklar. Seine Reformbemühungen konzentrieren sich bislang auf Einsparungen.

Ein DisneyX ist unwahrscheinlich

Droht Disney nun die Twitter-Therapie? Auch das Ego von Elon Musk dürfte nicht groß genug sein, um es für eine gute Idee zu halten, bei Disney persönlich das Zepter in die Hand zu nehmen, selbst wenn er die Mittel dazu hätte. Wahrscheinlicher ist, dass er Geld einsetzt, um die Position Peltz’ zu stärken.

Der vorläufige Showdown dieser Auseinandersetzung ist im April zu erwarten, wenn die Aktionäre über Neuzugänge zum Board abstimmen.

Iger gibt sich einstweilen unbeeindruckt, wobei ihm zugute kommt, dass die letzten Quartalszahlen für Disney besser waren als erwartet. Vor deren Präsentation fragte ihn vergangene Woche ein Journalist, was er über die Musk-finanzierte Klage gegen Disney denke.

Seine Antwort: "nichts".

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