Emnid-Umfrage: Mehrheit für TTIP schrumpft wieder
Derzeit halten 42 Prozent der Bundesbürger das Freihandelsabkommen für eine "gute Sache" - 36 Prozent glauben das Gegenteil
Morgen will das Europaparlament eine Resolution zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP verabschieden. Einen Tag vorher hat die Verbraucherorganisation Foodwatch eine Umfrage veröffentlicht, in der das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid mit 1001 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählten Bürgern die aktuelle Sichtweise der Deutschen zu TTIP ermittelte.
In der zwischen dem 2. und 4. Juli 2015 durchgeführten Umfrage gab eine relative Mehrheit von 42 Prozent an, sie halte TTIP insgesamt für eine "gute Sache". 36 Prozent glaubten das Gegenteil: dass TTIP eine "schlechte Sache" sei. 18 Prozent wollten keine Einschätzung wagen und vier Prozent entschieden sich für die Position, dass TTIP "weder eine gute noch eine schlechte Sache" sei.
Im Juni war der Abstand zwischen TTIP-Befürwortern und -Gegnern größer und das Lager der Unentschiedenen kleiner. Damals schlossen sich 47 Prozent der Aussage an, TTIP sei eine "gute Sache" - und 14 Prozent gaben zu, dass sie die Antwort auf diese Frage nicht wissen. Der Anteil der TTIP-Gegner lag auch im Vormonat bei 36 Prozent.
Im Februar lag der Anteil dieser TTIP-Gegner noch bei 40 Prozent und damit einen Prozentpunkt über dem damaligen Anteil der TTIP-Befürworter. Was den Meinungsumschwung danach bewirkte, haben die Umfrageinstitute nicht ermittelt. Eine Möglichkeit wäre, dass sich die Frankfurter Autonomenkrawalle im März, bei denen sogar Feuerwehrleute und Rettungskräfte angegriffen wurden, negativ auf des Image der TTIP-Gegner auswirkten, von denen sich nicht alle klar von den Brandstiftern distanzierten.
Im Vorjahr hatte TNS Emnid sinkende Mehrheiten für TTIP ermittelt: Im Februar 2014 waren 55 Prozent dafür und 25 Prozent dagegen; im Oktober 2014 lag der Anteil der Befürworter dann bei nur mehr 48 Prozent und der Anteil der Gegner war auf 32 Prozent angestiegen.
Dass eine Mehrheit der Deutschen das Freihandelsabkommen insgesamt für eine gute Sache hält, heißt jedoch nicht, dass es für alle verhandelten Bestandteile Mehrheiten gibt: Fragt man lediglich nach den besonders umstrittenen Schiedsgerichten, an denen Unternehmen Staaten auf entgangenen Gewinn verklagen können, wenn sie mit deren Gesetzen nicht einverstanden sind, dann antwortet eine relative Mehrheit von 45 Prozent, solche Schiedsgerichte seien eine "schlechte Sache" - nur 37 Prozent halten sie für eine gute. 18 Prozent sind unentschieden. Noch deutlich mehr - nämlich 64 Prozent - lehnen es ab, wenn durch TTIP der Gestaltungsspielraum des Bundestags eingeschränkt wird.
Weil TTIP ohne solch eine Einschränkung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums nur sehr schwer vorstellbar wäre, sieht Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode weiteren Aufklärungsbedarf. Er hält die "Idee des Freihandels" zwar für sinnvoll, glaubt aber, dass TTIP "unter einem völlig falschen Mandat begonnen" wurde, "weil für dieses Abkommen nicht der freie Handel, sondern eine Einschränkung der Demokratie systemimmanent [sei]". Bode fordert die Europäische Kommission deshalb dazu auf, "den Menschen endlich reinen Wein einzuschenken und nicht nur wirtschaftliche Vorteile zu versprechen, sondern auch die demokratischen Risiken zu thematisieren".
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