Empfindliche Treffer auf einem saudi-arabischen Ölfeld
Drohnen der Huthis erreichen das 1.000 Kilometer entfernte Schaiba-Ölfeld und lösen Alarm aus. Für Beobachter ist das eine entscheidende Entwicklung im Jemen-Krieg
Das Schaiba-Ölfeld im Osten Saudi-Arabiens in der Nähe der Grenze zu den Vereinigten Arabischen Emiraten wird in der Internet-Enzyklopädie als "super giant" beschrieben. Der saudi-arabische Energieminister Khalid al-Falih stellt den Angriff am Wochenende auf das Ölfeld als Vorhaben dar, die globale Ölversorgung zu sabotieren.
Am vergangenen Samstagmorgen landeten Drohnen, die von Huthis (häufig: Houthis) abgeschossen wurden, auf dem Ölfeld und entzündeten dort ein Feuer. Andere Quelle sprechen von zwei Feuern, die angeblich erst nach einigen Stunden von der saudischen Feuerwehr gelöscht werden konnten.
Wie immer im Krieg gibt es unterschiedliche Darstellungen, doch die Bemerkung des saudischen Energieministers deutet an, dass der Angriff ein empfindliches Ziel hatte. Die saudische Ölgesellschaft Aramco stuft ihn, wahrscheinlich auch um Märkte nicht nervös zu machen, als geringfügig ein: Es sei ein begrenztes Feuer gewesen, das auf der Anlage zur Verflüssigung von Erdgas entbrannte und schnell unter Kontrolle gebracht worden sei; kein Mensch sei verletzt worden, die Ölförderung von Saudi Aramco sei nicht unterbrochen worden. Nach Darstellung des Huthi-TV-Senders al-Masirah TV wurde eine Raffinierie und ein Öllager getroffen.
In Schaiba (englisch transkribiert: Shaybah) wird laut al-Jazeera täglich etwa eine Million Fässer Rohöl produziert (manche sprechen von einer Lagerkapazität von einer Million Barrel Rohöl). Derzeit würde das ungefähr einem Zehntel der täglichen Produktion in Saudi-Arabien entsprechen. Grund zu Beunruhigung aus Sicht des Königreiches gibt aber eine andere Zahl.
"Saudi-Arabien hat den Krieg verloren"
Das Ölfeld liegt "mehr als 1.000 Kilometer" vom Territorium im Nordwesten Jemens entfernt, das von den Huthis kontrolliert wird. So gesehen ist es erstmal zweitrangig, ob nun tatsächlich 10 Drohnen mit explosiver Ladung Anlagen im Schaiba-Feld getroffen haben, wie es die Huthis behaupten und wie große der faktische Schaden dieses Mal war. Denn der nächste Angriff, den der Anführer der "Huthi Ansarullah", Abdul-Malik al-Houthi, ankündigt, könnte schlimmer ausfallen.
Die Reichweite der Drohnen wird in Saudi-Arabien wie auch in den Emiraten und in den USA für Nervosität sorgen. Dass der saudische Energieminister auf Gefahren verweist, die Konsequenzen auf den globalen Ölhandel haben, ist ein erneuter Ruf nach Unterstützung für diese Seite des Konflikts im Jemen. Saudi-Arabien steht vor Schwierigkeiten.
Kritische Beobachter der US- bzw. der Politik westlicher Verbündeter im Nahen Osten wie das Blog Moon of Alabama und der belgische Journalist Elijah J. Magnier werten den Angriff als deutliches Signal der Niederlage: "Heute hat Saudi-Arabien den Krieg im Jemen verloren. Es kann sich nicht gegen die neuen Waffen wehren, die die Huthis im Jemen erworben haben. Diese Waffen bedrohen die wirtschaftliche Lebensader der Saudis" (Moon of Alabama). "Wenn der Krieg im Jemen weitergeht, dann werden die Huthis dazu fähig sein, die tägliche Ölproduktion in Saudi-Arabien zu stoppen" (Elijah J. Magnier).
Das sind weitgefasste Spekulationen, die nicht in Rechnung stellen, welche Widerwehr zu erwarten ist, sollten die Ölfelder in Saudi-Arabien einer tatsächlich vitalen Bedrohung ausgesetzt werden. Das würde dann Interessen von mehreren Industriestaaten empfindlich berühren und letztlich auch die neue Nahostordnungsmacht Russland in die Dynamik miteinbeziehen. Was sich daraus entwickeln könnte, ist nicht voraussehbar. Die russische Führung achtet auf ein gutes Verhältnis zur saudischen Herrschaft. Am Fazit der beiden genannten Beobachter, wonach der Krieg im Jemen für Saudi-Arabien nicht mehr zu gewinnen ist, ist nach den Erfahrungen der letzten Jahre aber wenig rütteln.
Irans Unterstützung
Eine Schlüsselfrage ist, woher die technischen Fähigkeiten zur Herstellung der Drohnen mit solcher Reichweite kommen? Moon of Alabama verlinkt dazu auf Mintpress News, wo im Juli neuere Drohnen der Huthis vorgestellt wurden. Die Samad 3 und Qasef 2k werden dort als "Eigenbauprodukte" (domestically-manufactured military hardware) deklariert. Laut Informationen des genannten Blogs wurden sie mithilfe von Experten der Hizbollah hergestellt. Erwähnt wird dazu, dass das iranische Oberhaupt, Ayatollah Khamenei nun zum ersten Mal öffentlich bekannt zugab, dass Iran die Huthis unterstützt.
Dazu passt auch die Ankündigung vom gestrigen Sonntag, wonach mit Ibrahim al-Daïlami ein Huthi-Vertreter als Botschafter in Teheran nominiert wurde - von den Huthis. Einiges Aufhorchen dürfte darüber hinaus der Nachricht zukommen, dass sich vergangene Woche laut unterschiedlichen Quellen die Botschafter Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Deutschlands, im Teheraner Außenministerium zu Gesprächen getroffen haben, bei denen auch Vertreter der Huthis anwesend waren.
Der iranische Außenminister Zarif appellierte an einen Stopp des Krieges im Jemen und an neue Gespräche, die die Stockholmer Vereinbarung umsetzen. Auch der Huthi-Sprecher war anwesend.
Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate
Daran waren bekanntlich die Vertreter des Südlichen Übergangsrates (Southern Transitional Council, STC) nicht eingeladen. Sie sorgten letzte Woche mit der Besetzung von Regierungsgebäude in Aden für internationale Aufmerksamkeit, weil man diese Bewegung als Einflussfaktor im Konflikt bislang unterschätzt hatte. Schlagzeilen machte die Unterstützung der Milizen durch die Vereinigten Arabischen Emirate, was zu Spannungen mit Saudi-Arabien führte (Vereinigte Arabische Emirate: Abweichler aus der Anti-Iran-Front?).
Nach jüngsten Meldungen sind die STC-Milizen nun aus dem Hauptquartier der Hadi-Regierung in Aden, dem Obersten Gerichtshof und der Zentralbank abgezogen. Die Kontrolle über die Hafenstadt behalten sie aber, die Militärlager würden nicht geräumt, heißt es.
Der Abzug hat höchstwahrscheinlich mit den Gesprächen zwischen der saudi-arabischen und emiratischen Spitze zu tun, die öffentlich proklamierten, dass sie sich so gut verstehen, dass nichts zwischen ihnen passe. Allerdings offenbarte die Besetzung der Hadi-Regierungsgebäude durch die STC, dass beide Länder einen unterschiedlichen Kurs im Jemen verfolgen. Das spielt keine geringe Rolle für den weiteren Fortgang des Konflikts.
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