Ende des schwedischen Sonderwegs?
Die schwedische Regierung kündigt schärfere Corona-Regeln an
In Schweden werden ab dem 24. November verschärfte Corona-Maßnahmen gelten. Dies kündigte Ministerpräsident Stefan Löfven am Montagnachmittag an. Mit den strengeren Regeln werden Versammlungen von mehr als acht Personen verboten.
"Dies ist ein sehr klares und starkes Signal an alle in diesem Land und die gesamte Gesellschaft, wie die Regeln aussehen", so Löfven. Die "beispiellose" Maßnahme sei absolut notwendig, um die Ausbreitung von Corona-Infektionen einzudämmen.
Die Verbreitung von COVID-19 nehme rapide zu. Gleichzeitig habe sich in der Bevölkerung die Akzeptanz der Empfehlungen zur Eindämmung der Pandemie verschlechtert. Nun seien Restriktionen notwendig, um die Infektionen in den Griff zu bekommen.
"Ein Teil der schwedischen Strategie bestand immer darin, sowohl mit Verboten als auch mit Empfehlungen zu arbeiten", so Regierungschef Löfven. "Jetzt sehen wir, dass die Akzeptanz geringer ist, was in gewisser Weise verständlich ist, weil viele Menschen diese Situation satthaben." Die Regierung versuche nun, so schwedische Presseberichte, die Bevölkerung aufzurütteln.
Schweden zählte zu den Ländern, die im Frühjahr nicht in einen "Lockdown" gingen. Manchen Beobachtern galt das Land deswegen als Leitmodell für eine behutsame Kontrolle der Pandemie, in welchem die Wirtschaft geschont wurde und der Bevölkerung drastische Restriktionen erspart blieben. Appelle an die Bevölkerung hätten zu gleichwertigen oder sogar zu besseren Ergebnissen geführt, so manche Kritiker der harten Maßnahmen anderer Länder.
Die schwedische Strategie schien jedoch, darauf verwiesen skeptische Beobachter, auch ihren Preis zu haben. Der Verzicht auf einen Lockdown habe zu einer stark erhöhten Sterberate geführt. Den schwedischen Gesundheitsbehörden zufolge war eine zweite Welle in Schweden jedoch weniger wahrscheinlich, da man bereits zu Beginn der Pandemie mehr Todesfälle als die skandinavischen Nachbarn erlitten hatte.
Mittlerweile hat Schweden wieder die höchste Zahl an Neuinfektionen in Skandinavien. Die Financial Times berichtet, die Zahl der coronapositiven Fälle pro Kopf liege derzeit zehn Mal höher als in Finnland und vier Mal höher als in Norwegen. In der vergangenen Woche sei die Hospitalisierungsrate schneller angestiegen als in jedem anderen Land in Europa. Laut Bloomberg News befanden sich am Montag 150 Patienten in den Intensivstationen, sechsmal so viele wie noch Anfang Oktober.
Auf die Frage, warum Schweden nicht in einen Lockdown gehe, antwortete Stefan Löfven während seiner Pressekonferenz gestern: "Wir glauben nicht an einen totalen Lockdown. Wir glauben, dass die Maßnahmen, die wir ergreifen, angemessen sind." Die schwedische Regierung hatte bereits zuletzt die Corona-Maßnahmen etwas verschärft und den Verkauf von Alkohol nach 22.00 Uhr verboten. "Wir leben in schwierigen Zeiten und es wird schlimmer werden", antwortete Regierungschef Löfven während seiner Pressekonferenz. "Geht nicht ins Fitnessstudio, geht nicht in die Bibliothek. Veranstalten Sie keine Abendessen, veranstalten Sie keine Party. Sagen Sie es ab."