Endlich mehr Solarstrom
Das Mieterstromgesetz kommt. Taugt es als Ansporn gegen die Leere auf deutschen Dächern?
Die große Koalition will ab Juni mit einem neuen Gesetz Vermieter dazu motivieren, auf ihren Dächern Solarstromanlagen zu installieren und den erzeugten Strom direkt an die Mieter zu liefern. Nur die Überschüsse sollen dann noch ins Netz eingespeist werden.
Diese Initiative ist endlich mal wieder eine gute Idee in Sachen Energiepolitik, denn Dachflächen stehen reichlich zur Verfügung, für sie müssen keine Freiflächen bebaut werden, es gibt also keine Umweltkonflikte. Der Strom wird direkt bei den Verbrauchern erzeugt, Zeiten von Erzeugung und Verbrauch stimmen gut überein und die Leitungswege sind kurz. Das öffentliche Stromnetz dient dann nicht mehr dem Ableiten von Energie, sondern nur noch dem Ausgleich von Mehr- und Minderproduktion.
Außerdem stoßen laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov Mieterstrommodelle auf großes Interesse. 66 Prozent der befragten Mieter können sich vorstellen, Mieterstrom, also Strom, der am oder im eigenen Haus erzeugt wird, zu beziehen. Die Akzeptanz dürfte sich in eine noch größere Nachfrage wandeln, wenn Mieterstrommodelle nicht mehr nur ein Konzept, sondern erprobte Technik und ganz alltäglich werden.
Doch dem federführenden Wirtschaftsministerium ist auch klar, dass die Jahre der großen Koalition und die Verschmelzung zum "Bundesministerium für Wirtschaft und Energie" viel kaputt gemacht haben. Zu dominant war das Bestreben im Haus, den Zubau an erneuerbaren Energien auszubremsen und zu kontrollieren, anstatt ihn ohne Hintergedanken zu fördern.
Die größte Hürde sei deshalb, so räumt man dort heute ein, nicht die Akzeptanz für Mieterstrom, sondern die fehlenden Anlagen. Das BMWi geht von einem Potenzial von 3,8 Millionen Wohnungen aus, die mit Mieterstrom aus 370.000 Solaranlagen versorgt werden.
Das BMWi rechnet damit, dass jährlich rund 12.500 Mieterstromanlagen auf der Grundlage des neuen Gesetzes einen Zuschuss beantragen werden. Unter der Annahme eines "moderaten Ausbaupfads" kalkuliert man dabei mit einer jährlichen Erzeugung von 120 GWh Mieterstrom.
Die Mieterstromvergütung
Der Photovoltaik-Anlagenbetreiber erhält beim Mieterstrommodell für den Strom, der im Haus von den Mietern verbraucht wird, einen Bezugspreis, der soll dabei auf höchstens 90% des Tarifs des jeweiligen örtlichen Grundversorgers gedeckelt sein. Damit die Installation einer Solaranlage auf dem Haus attraktiver wird, soll es je kWh zusätzlich eine "Mieterstromvergütung" geben.
Sie errechnet sich aus der jeweils aktuellen Einspeisevergütung minus 8,5 Cent/kWh. Das heißt, zurzeit gäbe es für Mieterstrom aus einer PV-Anlage bis 10-kWp 3,81 ct/kWh. Bei einer Anlage von 10 bis 40 kWp noch 3,47 ct/kWh. Für größere Installationen bis 100 kWp sinkt die Vergütung auf 2,21 ct/kWh, für die ersten 10 kWp soll es aber auch bei großen Anlagen den höheren Vergütungssatz geben. Für den Stromanteil, der nicht selbst verbraucht, sondern ins Netz eingespeist wird, bekommen die Anlagenbetreiber die aktuelle EEG-Vergütung von 12,31 ct/kWh (Stand: 1. Februar 2017, wenn die Anlage nicht größer als 10-kWp-PV ist).
Die Krux bei den bisherigen Plänen: für den selbst erzeugten Strom soll 6,88 ct/kWh EEG-Umlage gezahlt werden. Vollkommen absurd, wenn man bedenkt, dass diese Abgabe ursprünglich den Unterschied aus Verkauf an der Strombörse und der Einspeisevergütung ausgleichen sollte.
Doch Mieterstrom wird nicht an der Börse gehandelt, er gelangt erst gar nicht ins Netz, sondern wird vor Ort verbraucht. Diese Umlage auch auf Ökostrom hat sich damit offensichtlich als Strafsteuer längst verselbständigt, Zeit dass das endlich korrigiert wird.
Kritik der Solar-Verbände
Die konstruktive Kritik der Solar-Verbände ist in den jetzigen Entwurf des Mieterstrom-Gesetzes, der am 26. April vom Bundeskabinett beschlossen wurde, anscheinend nicht mehr eingeflossen.
Deutlich wird das, wenn man das jetzige Förderkonzept für eine 15 kW-Peak Photovoltaik Anlage betrachtet. Sie liefert den Jahresbedarf an Strom für etwa 10 Bewohner. Für die Kilowattstunde gibt es dann: 11,96 ct EEG-Vergütung minus 8,5 ct gleich 3,46 ct Mieterstromförderung. Allerdings müssen auch 6,88 ct EEG-Umlage gezahlt werden. Im Endeffekt gibt es also -3,42 ct pro erzeugte und an die Mieter im eigenen Haus gelieferte Kilowattsunde. Wirkliche "Förderung" sieht eigentlich anders aus. Immerhin soll auf weitere Netzumlagen verzichtet werden.
Dazu kommt im jetzigen Mieterstrom-Gesetzesentwurf allerdings noch, dass der Strom von dem Dach stammen muss, unter dem die Abnehmer wohnen, das heißt Quartierslösungen sind ausgeschlossen. Und auch die Beschränkung der Anlagengröße auf höchstens 100 kW ist fragwürdig.
Die Autoren des Gesetzes räumen daher auch selbst ein, dass sie sich bei diesen Regelungen an den Behinderungen durch das EEG orientiert haben und erst gar nicht auch noch dieses Fass aufmachen wollten. Denn das EEG ist nach 15 Jahren Lobbying bekanntermaßen vollkommen aufgebläht und auch für Fachleute nur noch kryptisch auszulegen.
Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie DGS warf sogar kürzlich die Frage auf, ob das EEG, so wie es jetzt missraten ist, nicht besser ganz abgeschafft und durch sinnvolle Regelungen ersetzt werden sollte.