Energie-Rochaden am Persischen Golf
Seite 2: Ölhandel unter Sanktionsbedingungen: Beispiel Indien
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Außerdem hat Indien Medienberichten zufolge Vorkehrungen für den Kauf von iranischem Rohöl unter den neuen, sanktionsbedingten Umständen getroffen. Indien hatte Anfang November 2018 ein Abkommen mit dem Iran unterzeichnet, nachdem künftige Rohöllieferungen aus dem Persischen Golf in Indischen Rupien gezahlt werden. Alle Einkünfte, die ein ausländisches Unternehmen auf einem indischen Bankkonto erzielt, unterliegen normalerweise einer Quellensteuer von 40 Prozent - die im Falle des Ölhandels nun ausnahmsweise nicht erhoben wird. Im Gegenzug verpflichtet sich die NIOC als Empfänger der Zahlungen, keinen anderen Aktivitäten in Indien nachzugehen. Der Rupien-Pakt war unterzeichnet worden, nachdem die USA Indien und sieben weiteren Staaten erlaubt hatte, zeitweise weiterhin iranisches Öl zu kaufen, trotz verhängter Sanktionen. Zuvor zahlte Indien seinen drittgrößten Ölversorger über europäische Bankkanäle in Euro. Diese Kanäle wurden im November 2018 gesperrt.
Indien, der drittgrößte Ölkonsument der Welt, deckt mehr als 80 Prozent seines Ölbedarfs über Importe ab. Der Iran ist nach dem Irak und Saudi-Arabien der drittgrößte Lieferant und bedient bisher rund 10 Prozent des gesamten Bedarfs. Das sind fast ein Viertel der iranischen Rohölexporte.
Anfang November waren die US-Sanktionen zurück auf der Tagesordnung, und mit ihnen Sonderregelungen für acht wichtige iranische Ölkunden, die noch bis Anfang Mai 2019 begrenzt iranische Ölmengen importieren dürfen - darunter Indien.
Die Sanktionen haben bisher dazu geführt, dass iranisches Erdöl in einer Größenordnung von einer Million Barrel Rohöl pro Tag effektiv vom Markt genommen wurde, doch es wird geschätzt, dass der Iran immer noch mehr als eine Million Barrel pro Tag exportiert.
Ballistische Raketen, Atomprogramm, Marine-Ausflug
Der drittgrößte OPEC-Produzent Iran gerät immer wieder mit Saudi-Arabien aneinander, der de-facto-Führungsmacht der OPEC, in Konflikten, die über die immer wieder hervortretenden Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Ölkartells hinausgehen und die sich seit 2015 verschärfen. Beide Länder konkurrieren um eine geopolitische Vormachtstellung im Nahen Osten, an den unterschiedlichsten Schauplätzen, wie etwa Syrien, Libanon oder Bahrein.
Ein Streitpunkt im internationalen Rampenlicht sind die divergierenden Ansichten zu den Entwicklungsplänen ballistischer Raketen sowie zum umstrittenen Atomentwicklungsprogramm des Irans. Im Mai 2018 gab US-Präsident Donald Trump bekannt, sich von einem internationalen Abkommen über das iranische Atomprogramm zurückziehen und wieder Sanktionen gegen Teheran verhängen zu wollen - für Beobachter eine wenig diplomatische Lösung.
Im Atomabkommen von 2015 hatten sich die Vertragspartner geeinigt, den iranischen Bestand an angereichertem Uran für einen Zeitraum von 15 Jahren auf 300 kg Uranhexafluorid festzuschreiben, bei einem Anreicherungsgrad von 3,67 Prozent. Dieser Anteil wäre für eine zivile Nutzung ausreichend, jedoch nicht für den Bau von Atomwaffen.
Im Iran gibt es mit Natanz und Fordo zwei Urananreicherungsanlagen. Von den ursprünglich insgesamt fast 20.000 Zentrifugen sollte der Iran 6.104 behalten. Gemäß dem vereinbarten Abkommen ist die Anlage in Natanz darauf beschränkt, nicht mehr als 5.060 der ältesten und am wenigsten effizienten Zentrifugen zu installieren. In Fordo ist für 15 Jahre keine Anreicherung erlaubt, und die unterirdische Anlage wird zu einem Atom-, Physik- und Technologiezentrum umgebaut. 1.044 Zentrifugen am Standort werden Radioisotope für die Verwendung in Medizin, Landwirtschaft, Industrie und Wissenschaft herstellen. Dem Iran wurde zudem gestattet, Kernbrennstoffe für den Betrieb seiner Kernkraftwerke herzustellen.
Im Dezember 2018 hatte der Chef der Atomenergieorganisation des Irans (AEOI), Ali Akbar Salehi, bei einem Besuch in Fordo gewarnt, der Iran könne die Produktion von höher angereichertem Uran wieder aufnehmen, wenn der Nukleardeal von den noch verbliebenen Parteien endgültig verworfen würde - die vereinbarten Mengen seien dann ebenfalls hinfällig. Keine Ölexporte, keine Finanztransaktionen: die Iraner sähen dann schlichtweg keinen Nutzen mehr im Beharren am Abkommen. Zudem ziehen die Iraner die Aufrichtigkeit der Europäer im Zusammenhang mit dem Vertragswerk zunehmend in Zweifel.
Salehis Äußerungen kamen kurz nach Warnungen der Vertragspartner Frankreich und Großbritannien, Tests von Mittelstreckenraketen, die mehrere Sprengköpfe transportieren können, würden möglicherweise gegen die Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats verstoßen. In der Resolution war die Vereinbarung über das iranische Nuklearprogramm befürwortet worden. In ihr wird der Iran aufgefordert, von ballistischen Raketen zu lassen, die Atomwaffen transportieren könnten - einschließlich Raketenstarts, die eine solche ballistische Raketentechnologie verwenden.
Beobachter vom James Martin Center for Nonproliferation Studies sahen das 2017 (noch) nicht, im Gegenteil: Das Atomabkommen habe vielmehr dazu beigetragen, die Prioritäten des Irans für sein Raketenprogramm von der Entwicklung einer mit Kernwaffen bestückten Interkontinentalrakete auf die Entwicklung von Feststoff-Kurzstreckenraketen umzulenken. Solche Raketen könnten prinzipiell zwar auch Kernwaffen transportieren, sie erweitern jedoch die Reichweite oder die Nutzlastkapazität des Irans nicht sinnvoll und scheinen vor allem der konventionellen Abschreckung zu dienen.
Die iranischen Seestreitkräfte haben Anfang Januar 2019 unterdessen Pläne angekündigt, Kriegsschiffe ab März für fünf Monate in den Atlantik auslaufen zu lassen. Der Iran habe angesichts der Anwesenheit von US-Flugzeugträgern am Persischen Golf Sicherheitsbedenken und will darauf mit dem Zeigen der iranischen Flagge in der Nähe amerikanischer Gewässer reagieren. In den USA wird das bisher vor allem als eine anekdotische Provokation aufgefasst, die die Ambitionen Teherans als Weltmacht illustrieren soll.