Energiepreise: Regierung sucht Entlastungsformel

Finanzminister Lindner will Menschen und Betriebe mit dem Spritpreis "nicht allein lassen". Rabatte sollen helfen, um Preise unter zwei Euro zu drücken. Wenig Kritik an den Öl-Multis

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine kostet eine Tankfüllung Diesel mit 50 Litern gut 30 Euro mehr, für Super E 10 sind seither über 20 Euro mehr zu bezahlen. In Frankreich hatte der Premierminister Jean Castex am vergangenen Samstag angekündigt, dass ab 1. April ein Rabatt von 15 Cent pro Liter Kraftstoff geplant sei. Anvisiert wird eine Dauer von vier Monaten.

In Deutschland hielt sich die Regierung bislang von solchen Versprechen zurück. Von Finanzminister Lindner hieß es zu Beginn des Wochenendes noch, dass er trotz der Rekordpreise an den Tankstellen eine Mehrwertsteuer-Senkung für Sprit ablehne.

Dann gab es am gestrigen Sonntag doch noch ein Signal von Lindner, dass über eine Entlastung nachgedacht werde:

Wir lassen Menschen und Betriebe mit dem #Spritpreis nicht allein. Als liberaler Finanzminister setze ich mich für strukturelle steuerliche #Entlastungen ein. Jetzt braucht es aber schnelle Lösungen. Ich gehe davon aus, dass die Koalition in Kürze weitere Maßnahmen beschließt.

Christian Lindner

Die Bild am Sonntag konkretisierte "unter Berufung auf Regierungskreise" den Entlastungs-Vorschlag. "Umgehend" wolle man daran gehen, einen Preisnachlass mit Rabatten einzuführen, "um die Ausgaben der Autofahrer je Liter Kraftstoff auf unter zwei Euro drücken", so die Nachricht, die sich schnell über andere Medien verbreitete.

Klettern die Treibstoffpreise weiter derart in die Höhe, wird es schwierig, dieses Ziel einzuhalten. Geht es nach den Informationen, die die Boulevard-Zeitung aus Regierungskreisen erhalten hat, so steht die Höhe des Rabatts auch noch nicht fest. "Er könne bei 20 Cent pro Liter liegen, möglicherweise auch darüber", heißt es.

Klarheit scheint es nur über die Abrechnungsmethode beim Rabattmodell zugeben. Wie in Frankreich sollen die Tankstellen den Rabatt bezahlen und danach beim Staat einfordern.

Wie ein Bericht der Zeit verstehen lässt, gehören die noch nicht konkretisierten Pläne zur Entlastung bei den Treibstoffpreisen zu einem größeren Entlastungspaket, an dem der Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck (Die Grünen) arbeitet. Einzelheiten sind noch nicht bekannt, nur die Absicht:

Extrem hohe Heizkosten, extrem hohe Strompreise, extrem hohe Spritpreise belasten Haushalte, und je geringer die Einkommen, desto stärker. Die Bundesregierung wird daher ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg bringen.

Robert Habeck

Es gebe drei maßgebliche Kriterien: Erleichterungen bei Strom, Wärme und Mobilität. Als zweiter wichtiger Punkt werden genannt: Energieeffizienz und Einsparungen beim Verbrauch. Angesprochen werden bei diesem Punkt Autofahrer und Haushalte, deren Gasheizungen ausgetauscht werden müssten. Immerhin rät Habeck aber nicht wie einige andere Politiker zuvor zum "Frieren".

Das dritte Kriterium klingt etwas abgehoben wie eine Weltformel, an deren Ausdeutung eine Vielzahl von Wissenschaftlern tüftelt: "Drittens seien weiter marktwirtschaftliche Impulse nötig, damit gelte: 'Je effizienter, desto geringer die Kosten'."

Alle drei Kriterien sollten sich in dem Entlastungspaket wiederfinden, wird Habeck zitiert. Dem folgt eine Aussage, die auf eine Konkurrenz zwischen Finanzministerium und Wirtschaftsministerium schließen lässt.

Insofern griffen die Vorschläge von Finanzminister Christian Lindner (FDP) noch etwas zu kurz. "Die Regierung wird das Gesamtpaket jetzt in einem Arbeitsprozess schnell und konstruktiv schnüren."

Die Zeit

Dass die Ölkonzerne bei den Erhöhungen auch eine Rolle spielen und diese dann Gelder aus der Staatskasse bekommen, wird von kritischen Ökonomen in Frankreich herausgehoben, doch wird das nur vereinzelt debattiert:

Nun muss man sich aber immer fragen, wer diese Preise erhöht und warum. Und in einer ungünstigen Situation, in der es die Preise der Energieversorger sind, die steigen, und diese Versorger überwiegend aus dem Ausland kommen, muss die französische Wirtschaft etwas abgeben, das leider ein Verlust für die gesamte Gesellschaft ist.

Gilles Raveaud, französischer Ökonom

In Deutschland streifte Justizminister Marco Buschmann das Thema kurz:

Wir müssen etwas für die Pendler tun. Die Preise bei Kraftstoffen sind extrem hoch. Der Vorschlag von @c_lindner ist europarechtskonform, schnell umsetzbar und sorgt dafür, dass alles eins zu eins in den Taschen der Menschen statt der Öl-Multis landet.

Marco Buschmann