Engpass bei Antibiotika: Warum fehlt der lebensrettende Nachschub?

Seite 2: Wie geht die Politik in Deutschland mit der Antibiotika-Knappheit um?

Mit Datum vom 25. April 2023 hat das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) den Versorgungsmangel für antibiotikahaltige Säfte für Kinder bekanntgegeben.

Als Konsequenz aus der Erklärung des Versorgungsmangels eröffnete das BMG Möglichkeiten des von den üblichen Regelungen abweichenden Imports von Antibiotika, die in Deutschland keine Zulassung besitzen.

Man geht davon aus, dass diese Antibiotika den gleichen Standards entsprechen, wie die in Deutschland zugelassenen, der jeweilige Hersteller jedoch für Deutschland keine Zulassung beantragt hat, weil Deutschland für ihn kein Markt von Interesse ist.

Die Aufsicht über den so geschaffenen Importmarkt liegt nicht beim BMG und seinen nachgelagerten Behörden, sondern bei den entsprechenden Landesbehörden, die in Deutschland für die Überwachung des Arzneimittelverkehrs zuständig sind. In deren Zuständigkeitsbereich liegen somit auch Aspekte wie Fälschungen, Qualitätsmängel etc.

Wie es im Föderalismus gebräuchlich ist, entwickelt jedes Bundesland ein eigenes Vorgehen beim jetzt möglichen Import von in Deutschland nicht zugelassenen Antibiotika. Aus einer Umfrage bei den betroffenen Landesministerien geht hervor, dass man sich in der Sache telefonisch abstimme. Die Verantwortung für die Importe liege beim Importeur und letztlich beim jeweiligen Apotheker, welcher die Medikamente an den Patienten abgebe.

Hinsichtlich der Preise für diese aufgrund des Versorgungsmangels importierten Antibiotika, für die es keine Rabattverträge mit den insgesamt 96 Gesetzlichen Krankenkassen gibt, muss bislang mit der jeweiligen Kasse des Patienten verhandelt werden.

Ob ein Importeur oder auch letztlich der abgebende Apotheker sich auf dieses Vorgehen und das damit bestehende wirtschaftliche Risiko einlässt, ist deren freie Entscheidung. Klinikapotheken sind in der aktuellen Situation im Vorteil, weil sie nicht jedes einzelne Medikament mit den Kassen patientenspezifisch abrechnen müssen.

Um zumindest das Risiko zu minimieren, gefakten Medikamenten aufzusitzen, ist man in den Bundesländern bestrebt, sich in erster Linie auf den Import vom Antibiotika aus der EU zu beschränken, wo es mit Ausnahme von zwei Mitgliedsstaaten überall ein geschütztes Lieferkettensystem gibt, bei welchem jedes einzelne Exemplar eines Medikaments vom Hersteller bis zur Abgabe an den Patienten an jedem Schritt gebucht werden muss.

Die Verantwortung dafür, dass die Medikamente den bei der Zulassung zugesicherten Eigenschaften entsprechen, liegt somit beim Hersteller, der die Ware in der EU in den Verkehr bringt.

Verunreinigungen bei den Grundstoffen, die aufgrund geänderter Produktionsverfahren auftreten, wie es bei Blutdrucksenker Valsartan bekannt wurde, lassen sich auch bei guten Eingangskontrollen nur bedingt erkennen, solange man nur nach bekannten Verunreinigungen sucht.

Der Import von Antibiotika aus anderen EU-Mitgliedsstaaten

Die Engpässe bei Antibiotika zeigen sich sowohl in nahezu allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als auch international. Dadurch dürften die Möglichkeit des Bezugs von Arzneimitteln zur Kompensation aus diesen Staaten als stark begrenzt einzuschätzen sein.

Das schafft Risiken für Patienten, die weder mit in Deutschland regulär zugelassenen Medikamenten, noch mit solchen aus der EU importierten Antibiotika versorgt werden können.

In ihrer Verzweiflung versuchen sie die gesuchten Medikamente über Online-Apotheken zu beschaffen. Dabei können sie an einen vertrauenswürdig erscheinenden Online-Anbieter geraten, der hierzulande nicht registriert ist und seinen Sitz auch nicht innerhalb der EU hat und den EU-Vorschriften nicht entspricht.

Hier gibt es keinen wirksamen Schutz vor Fakes und der Patient wird allein gelassen mit seinem Risiko.

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