Erdgas: Wer zahlt die teuren Preise?
Preisschock befürchtet: Es zeichnen sich Konflikte zwischen Mietern und Vermietern ab. Sowie zwischen denen, die für bloße staatliche Subventionen eintreten, und denen, die den Energiemarkt stärker regulieren wollen
Die Energiepreise machen große Sprünge nach oben. Beim Heizöl steigerte sich der Preis von 0,70 Euro pro Liter im März 2021 auf "1,70 Euro heute" – eine Steigerung von 145 Prozent. Noch fulminanter fällt die Preissteigerung bei Erdgas aus. Im Vergleich zwischen Januar des letzten Jahres und 2022 beträgt sie laut Tarif der Stadtwerke München 370 Prozent.
"Gas kostete im Januar 2021 1,79 ct/kWh (Arbeitspreis), im Januar 2022 waren es 8,47 ct/kWh" – die Angaben stammen vom Eigentümer-Verband Haus und Grund München, die der Münchner Merkur heute zitiert. Dort ist von einem Preisschock im Frühjahr 2023 die Rede, vor dem "viele Hausverwaltungen" ihre Mieter warnen.
Der Eigentümerverband hat dazu bereits Anfang März eine Beispielrechnung präsentiert:
Die Heiz- und Warmwasserkosten für eine 80 m² große Wohnung betragen durchschnittlich 100 €/Monat; d.h. 1.200 €/jährlich. Bei einer Verdoppelung der Energiepreise belaufen sich die Heizkosten in diesem Jahr auf 2.400 €. Werden diese im Frühjahr 2023 bei gleichbleibenden Vorauszahlungen abgerechnet, wird eine Nachzahlung von 1.200 € fällig. Diese Nachzahlung kann noch deutlich höher ausfallen, wenn aufgrund der extrem niedrigen Temperaturen im Februar und März dieses Jahres mehr Heizenergie verbraucht wird oder die Preise infolge des Ukraine-Krieges noch weiter ansteigen werden.
Haus und Grund München
Daraus entwickelt sich nun eine Diskussion darüber, ob monatliche Vorauszahlungen schon im laufenden Abrechnungsjahr erhöht werden sollen, wie heute auch die Tagesschau berichtet. Laut dem Deutschen Mieterbund (DMB) gebe es erste Forderungen von Vermietern nach höheren Zahlungen, auch der Eigentümerverband erhalte Anfragen, "wann Vorauszahlungen angepasst werden können".
Geht es nach der DMB-Sprecherin Jutta Hartmann, so haben Vermieter "keinen Anspruch" darauf, "unterjährig höhere Vorauszahlungen zu verlangen". Einen Anspruch auf die Zahlung erhöhter Nebenkostenvorauszahlungen gebe es nur nach Abrechnungslegung.
Kündigungsmoratorium
Hartmann rät zum Sparen: Rücklagenbildung, für die oder den, die es können. "Für alle anderen brauchen wir für die Dauer der Energiekrise staatliche Unterstützung." Nötig sei auch ein Kündigungsmoratorium.
Alexander Wiech, Geschäftsführer von Haus und Grund, hält von dieser Idee nicht viel. Vermieter und Mieter sollen das Gespräch suchen. Vermieter wollen nicht für verbrauchsabhängige Kosten des Mieters geradestehen, so die Position des Eigentümerverbandes: "Ein Kündigungsmoratorium darf es aus unserer Sicht nicht geben."
In diesem Streit liegt Brisanz. Bei vielen Mietern dürften die exorbitanten Preissteigerungen an die Belastungsgrenze gehen. DMB-Sprecherin Jutta Hartmann ist bei Weitem nicht die einzige, die in der staatlichen Unterstützung die Lösung sieht.
Deckelung des Gaspreises
Zusatzbelastungen für eine Familie durch den Gaspreisanstieg im Extremfall von 2.000 Euro pro Jahr seien "für viele nicht verkraftbar", heißt es von Frank Bsirske, der vielen noch als Verdi-Chef in Erinnerung sein dürfte, nun ist er als Sozialexperte bei den Grünen und sitzt im Bundestag. Bsirske fordert eine Deckelung des Gaspreises für den Grundbedarf.
Bezahlt werden müsste eine Preisdeckelung laut Bsirske durch staatliche Subventionen, wie ihn die FAZ zitiert.
Auch der aktuelle Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Frank Werneke, fordert einen "staatlichen Gaspreisdeckel für Privathaushalte", um sicher durch den nächsten Winter zu kommen. Doch setzt er dem als Finanzierungsvorschlag noch hinzu: die "Abschöpfung von Krisengewinnen bei Ölkonzernen".
Ich denke hier an die Öl- und Rüstungskonzerne, die vor lauter Geld kaum laufen können. Der Staat muss diese Extra-Profite abschöpfen.
Frank Werneke
Auch diese Forderung hat es in sich. In ihrem Hintergrund zeigt sich ein Konflikt zwischen denen, die vor allem für staatliche Subventionen argumentieren, und denjenigen, die sich für eine stärkere Reglementierung des Energiemarktes einsetzen.
Die zuletzt genannte Seite verweist wie Wernecke auf die großen Gewinne, die etwa der US-Ölriese Exxon durch höhere Öl- und Gaspreise gemacht hat. Neuesten Meldungen zufolge hat sich der Gewinn im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 2,73 Milliarden Dollar auf 5,48 Milliarden Dollar verdoppelt.