Erdogans asymmetrischer Krieg
Der Krieg gegen die Bevölkerung Nordsyriens und Erdogans Expansionspolitik wird nicht lokal beschränkt bleiben
Der Krieg der Türkei gegen Nordsyrien hat am Mittwochnachmittag mit Beschuss zwischen Raʾs al-ʿAin (kurdisch: Serekaniye) und Tell Abyad (kurdisch: Gire Spi) begonnen. Im Laufe des Nachmittags wurden türkische Luftangriffe und Bombardierungen auch aus Qamischli (auch: Qamishlo) und Al-Malikiya (besser bekannt unter dem kurdischen Namen Derik) gemeldet.
Die Invasion der türkischen Armee in Nordsyrien ist Teil des asymmetrischen Krieges, den Erdogan schon seit Jahren führt. Für Europa, insbesondere für Deutschland wird es sich früher oder später rächen, Augen und Ohren vor diesem Krieg vor unserer Haustüre zu verschließen. Der Krieg gegen die Bevölkerung Nordsyriens und Erdogans Expansionspolitik wird nicht lokal beschränkt bleiben. Seit drei Jahren verbreiten türkische Medien Landkarten, die Erdogans Expansionspläne in Anlehnung an das Osmanische Reich deutlich machen.
Trumps Ankündigung, die Türkei sei ab jetzt für die gefangenen IS-Terroristen in Nordsyrien verantwortlich, sollte allen das Blut in den Adern gefrieren lassen, denn der jahrelange türkische Support für den IS und die anderen Dschihadistengruppen in Syrien ist ausreichend belegt. Angeblicher türkischer Kampf gegen den IS bedeutete immer, vormalige IS-Kämpfer in andere dschihadistische Strukturen einzugliedern und als Hilfstruppen für eigene Zwecke zu gebrauchen, um u.a. neue Flüchtlingsströme nach Europa auszulösen oder anzudrohen und sich für deren Verhinderung bezahlen zu lassen. Auch die Annektion Nordsyriens und deren Folgen wird er sich von der EU bezahlen lassen.
Der völkerrechtswidrige Angriff auf Nordsyrien hat begonnen. Die Menschen fliehen aus Serekaniye. Die in Nordsyrien ansässige Nachrichtenagentur ANHA ist von einem Cyberangriff betroffen. In der Grenzregion sind die Telefonverbindungen unterbrochen. In den sozialen Medien wird von zehntausenden Dschihadisten und türkischen Soldaten berichtet, die auf türkischer Seite vor den Grenzstädten zu Kobane, Gire Spi und Serekaniye aufgezogen sein sollen.
Die oppositionelle kemalistische Partei CHP, die in Istanbul bei den erneuten Bürgermeisterwahlen nur deshalb gegen den AKP-Kandidaten gewann, weil die HDP auf einen eigenen Kandidaten zugunsten eines CHP-Kandidaten verzichtete, stimmte im Parlament dem Angriffskrieg zu (siehe: Erdogans Werk und Kilicdaroglus Beitrag. Wieder hat die nationalistische Alt-Herrenriege in der CHP die Oberhand gewonnen. Die türkischen Medien blasen ebenfalls zum Angriff und veröffentlichen eine Karte, die zeigt, dass die Türkei das ganze Gebiet von Afrin bis Derik entlang der türkisch-syrischen Grenze besetzen will.
"Geh und sag dem Ungläubigen, Mohammeds Armee ist zurückgekehrt", schrieb die AKP-Propagandazeitung Yeni Akıt auf ihrer Titelseite nach Trumps Ankündigung des US-Rückzugs aus dem Grenzgebiet. Ein Angriff auf dieses Territorium wird auf heftige Gegenwehr treffen. Die kurdische Selbstverteidigungseinheit YPG warnt vor einem großen Blutbad und ruft die Internationale Gemeinschaft dazu auf, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Die gesamte Region sei jetzt schon mit Flüchtlingen aus Afrin und den Bewohnern überfüllt.
Da Erdogan die Bewohner der Region pauschal als "Terroristen" betrachtet, wird er die Verteidigung der Menschen als Angriff auf die türkische Sicherheit darstellen: "Seht ihr, sie ergeben sich nicht oder überlassen uns ihr Territorium, sondern greifen uns an ..." Mit Sicherheit wird es eine neue Fluchtbewegung aus Syrien nach Europa geben. Denn: Wo sollen denn die 3 Millionen Einwohner hin, die in Nordsyrien leben?
Das syrische Regime wird sie nicht mit offenen Armen empfangen. Vielmehr dürften sie im Assad-Gebiet ebenfalls in Gewehrmündungen schauen, wenn sie nicht bereit sind, ihre Forderung nach Anerkennung als Minderheit aufzugeben und sich dem Regime ergeben. Letztendlich bleibt nur die Flucht in den Nordirak oder nach Europa.
Die kurdische Autonomieregierung des Nordirak, die von der Bundesregierung mit Waffen und Support unterstützt wird, warnte die türkische Regierung bereits vor den unabsehbaren Folgen eines türkischen Einmarsches und wies gleichzeitig darauf hin, dass sie selbst noch immer 1,1 Millionen Geflüchtete zu versorgen hätte, die innerhalb des Irak vor dem IS geflohen waren. Barzani sucht auch das Gespräch in Washington.
Die konservativen Barzani-Kurden treibt schon jetzt die Furcht vor einem Wiedererstarken des IS um und um den Bedeutungsverlust als Wirtschaftspartner der Türkei, wenn sich die Türkei neue Warenwege über Nordsyrien erschließt. Die kurdische Autonomieregion würde dann ins wirtschaftliche Abseits gedrängt.
Erdogans Krieg und die Erpressung
Ein wichtiger Teil von Erdogans asymmetrischer Kriegsstrategie ist die Erpressung Europas mit neuen Geflüchteten. Unter europäischen Diplomaten und Militärs spricht man seit 2015 von der türkischen "Migrationswaffe". "Weil der türkische Geheimdienst die Wanderungsbewegung von Muslimen immer dann massiv und gezielt befördert, wenn die Türkei mehr Geld oder politisches Wohlverhalten von Europa erpressen will", berichtet n-tv.
Erdogan weiß, wie erpressbar (und unterwürfig) die Bundesregierung ist: Jede neue Fluchtbewegung wird sowohl die AfD stärken wie dadurch auch seine Anhängerschaft in Deutschland. Erdogan wird daher auch nach der Eroberung Nordsyriens nicht damit aufhören, von Zeit zu Zeit die Tore zu öffnen, um an EU-Gelder für seine marode Wirtschaft zu kommen. Verpackt wird das in die Forderung, EU-Gelder in die nordsyrische "Sicherheitszone" fließen zu lassen - zum Wiederaufbau dessen, was seine Panzer und Bomber vorher zerstört haben und zum Aufbau neuer Dörfer und gar Städte.
Diese Gelder soll vor allem das staatliche Wohnungsbauunternehmen TOKI verbauen. Von Europa werden Erdogans Expansionsbestrebungen, die auch vor Europa nicht halt machen werden, völlig ausgeblendet. Seit Jahren droht er, die Türken hätten ihre Grenzen nicht freiwillig akzeptiert und spielt auf den Lausanner Vertrag von 1923 an. "Wir müssen überall sein, wo unsere Ahnen waren."
Ein hochrangiger Diplomat in Brüssel warnt, es gehe Erdogan "nicht um einen kleinen Sicherheitskorridor in Nordsyrien, er sieht die historische Gelegenheit, die Grenzen der Türkei in großem Stil zu verschieben". So fordert er beispielsweise von Griechenland einige Inseln zurück, die 1923 mit dem Vertrag von Lausanne Griechenlands zugeordnet wurden.
In Zypern provoziert er die EU mit einem umfangreichen Gasbohrprogramm in den Hoheitsgewässern der Insel. Niemand solle bezweifeln, dass die Türkei dasselbe tun würde wie vor 45 Jahren, provozierte Erdogan mit Anspielung auf den 45. Jahrestag der türkischen Invasion auf Nordzypern. In Deutschland treibt er den "politischen Islam" in den Moscheen über die beiden islamischen Dachverbände DITIB und die Islamische Föderation voran, die ihre Order direkt von der türkischen Religionsbehörde Diyanet erhalten. Einige Bundesländer schließen trotzdem weiterhin Kooperationsverträge für islamischen Religionsunterricht mit ihnen ab.
Auf AKP-Veranstaltungen spricht Erdogan immer wieder davon, für seine Leute "die Tore bis Wien zu öffnen" und meint damit die muslimisch geprägten Balkanstaaten wie Albanien, Bosnien und dem Kosovo. Mit Investitionen, wie dem Bau von muslimischen Schulen, Universitäten, Studentenheimen und Moscheen finanziert die Türkei auf dem Balkan den zunehmenden Islamismus.
Erdogans Kriegsstrategie in Nordsyrien
Im Oktober 2018 konnte die Autorin sich persönlich ein Bild von der Region machen. Bei einer Fahrt von Derik nahe der irakischen Grenze im Osten Nordsyriens entlang der türkischen Mauer wurde deutlich, wie angreifbar diese Region gegen eine türkische Aggression ist. Ein flaches Gelände, rund 480 km lang, die Hauptstraße führt über weite Strecken direkt an der türkischen Mauer entlang durch Dörfer und Städte, deren Häuser bis direkt an die Mauer reichen.
Bewohner der Region berichteten, türkische Militärs würden von der türkischen Seite aus die Bauern beschießen, die ihre Felder bestellen wollen. Im Jahr 2019 registrierte das Rojava Information Center (RIC), das Journalisten aus aller Welt mit Hintergrundinformationen und Kontakten zur Seite steht, über 30 Angriffe von türkischem Militär über die Grenzmauer hinweg, während es nur einen umgekehrten Angriff Richtung Türkei von einer Einzelperson gab.
Da das türkische Militär gegenwärtig rund um die Stadt Akcakale ihre Panzerhaubitzen auf Gire Spi richtet, ist davon auszugehen, dass das türkische Militär den einstigen Grenzübergang zum Einmarsch benutzt. Der ist für das türkische Militär strategisch günstig zum Einmarsch. Begonnen hat die Offensive mit Bombardements türkischer Kampfbomber. Diese fliegen quasi im Blindflug, denn das Pentagon berichtet, dass Türkei aus der Nato-Luftüberwachung ausgeschlossen wurde, d.h. dass die türkische Luftwaffe unkoordiniert über Syrien fliegt.
So könnten sie amerikanischen Militärflugzeugen oder deutschen Aufklärungsflugzeugen in die Quere kommen. Von der Möglichkeit, den Luftraum für türkische Kampfflugzeuge zu sperren, hat die USA jedoch noch keinen Gebrauch gemacht. Das erinnert an Afrin, wo Russland den Luftraum für die Türkei freigab. Vermutlich plant Erdogan, mit der Eroberung der Städte Serekaniye und Gire Spi einen 30 km tiefen Keil zwischen Kobane und dem östlichen Teil Nordsyriens zu schlagen. So können beispielsweise Kobane und die Sheba-Region von zwei Seiten langsam in die Zange genommen werden.
Für die Menschen in Nordsyrien hat Kobane großen Symbolcharakter. Entgegen der Behauptungen Erdogans, der anstatt der angestammten Kurden gerne den IS als Nachbar gehabt hätte, wurde Kobane im Januar 2015 von den kurdischen Einheiten YPG/YPJ mit vielen Verlusten zurückerobert. Daher ist die Eroberung von Kobane ein wichtiges strategisches Ziel für die Türkei. So wird die türkische Armee, in deren Reihen in türkischen Camps ausgebildete Islamisten arbeiten, das Gebiet der nordsyrischen Selbstverwaltung durch Keile bis an die Grenze der Gebiete der syrischen Armee weiter zerstückeln und isolieren.
Die "Drecksarbeit" der Vertreibung und Ermordung werden dann die islamistischen Milizen erledigen, auf die nicht nur Jungfrauen im Paradies warten, sondern die sich in IS-Manier wie in Afrin geschehen, an kurdischen und ezidischen (jesidischen) Frauen vergehen können, sie vergewaltigen und versklaven.
Die türkische Armee wird für Waffen- und Versorgungsnachschub im Hintergrund sorgen, darunter auch deutsche Waffen. All das wurde uns in den letzten anderthalb Jahren in Afrin vorgeführt - von den westlichen Medien fast vollständig verschwiegen und von der Bundesregierung ignoriert.
Der IS ist nicht besiegt, er lebt in den Gefängnissen und Lagern weiter
Im Spiegel warnt Raniah Salloum in einem Videobeitrag vor dem Aufleben des IS vor allem im syrisch-irakischen Grenzgebiet. Entgegen Trumps Behauptung, der IS sei besiegt, würde ein Einmarsch der Türkei zur Rekonstitution des IS beitragen und die Sicherheit Europas gefährden.
Trumps Ankündigung, die Türkei sei ab jetzt für die gefangenen IS-Terroristen in Nordsyrien verantwortlich, müsste allen demokratischen Politikern das Blut in den Adern gefrieren lassen, wenn man sich vergegenwärtigt, wie Tausende von IS- Terroristen nach Syrien gekommen sind und welchen Support sie erhalten haben. Warum sollten sie nicht auch auf gleichem Wege unbehelligt wieder nach Europa oder Russland zurückkehren können? Die Wege wurden von gefangenen IS- Terroristen detailliert beschrieben.
Dass der IS längst noch nicht besiegt ist, sollen einige Beispiele aufzeigen, die einen Ausblick auf das kommende Drama geben: Am Mittwoch, am Tag des Beginns der Bombardierung von Nordsyrien, verübten IS-Schläferzellen Anschläge auf Rakka. Im Gefängnis von Derik gab es vor wenigen Monaten einen Ausbruchsversuch von IS-Gefangenen, der nur durch die zur Hilfe geeilten US-Helikopter abgewendet werden konnte. Im Camp Al-Hol bei Hasaka bildet sich gerade ein Mini-IS-Staat heraus - in dem Areal, wo auch die internationalen Angehörigen von IS-Terroristen untergebracht sind.
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Türkei die nordsyrischen Gefängnisse und Lager der IS- Gefangenen ernsthaft sichern wird. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass die IS- Anhänger freigelassen und in die anzusiedelnden islamistischen Milizen integriert werden, denn sie verfügen über wertvolle Informationen zur Zusammenarbeit der Türkei mit dem IS, die besser nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollen. Nicht wenige werden über die Türkei dann nach Europa einsickern.
Die SDF haben immer wieder gewarnt, dass sie die Situation unter den gegebenen Bedingungen nicht länger unter Kontrolle halten können. Sie müssten bei einem Angriff der Türkei Personal an die Front verlegen und könnten die Lager nicht mehr ausreichend bewachen. Deshalb baten sie wieder und wieder um internationale Unterstützung. Es gab auch den Vorschlag, einen internationalen Gerichtshof vor Ort einzurichten. Aber es gab nichts als Schweigen von allen Seiten - übrigens auch von der syrischen Regierung. Assad will die IS- Terroristen auch nicht haben.
Das Rojava Information Center (RIC), berichtete in seinem August-Report von 95 Angriffen, ausgeübt von IS-Schläferzellen und der Islamistenmiliz Ahrar al-Sham allein im August. 35 Menschen starben bei diesen Angriffen. Die von der Türkei unterstützte islamistische Miliz Ahrar al-Sham war hauptsächlich im Gebiet um Serekaniye, Dirbespiye und Qamishlo aktiv, jenes von der Türkei als "Sicherheitszone" begehrte Gebiet.
Die Angriffe sollten in Verbindung mit den Truppenaufmärschen des türkischen Militärs auf der anderen Seite der türkischen Mauer die Bevölkerung in Nordsyrien verunsichern und demoralisieren, berichtet Robin Fleming vom RIC.
Die SDF nahmen allein im August 78 IS-Terroristen fest, darunter das hochrangige Isis-Mitglied Anwar Mohammad Hadoushi aus Belgien, von dem angenommen wird, dass er an den Anschlägen von Paris und Brüssel beteiligt war.
Die türkische Unterstützung der islamistischen Terroristen
Es ist schon lange bekannt, dass die Türkei den IS jahrelang in der Region unterstützt hat. Erinnert sei an die Enthüllungen des ehemaligen Cumhuriyet-Chefredakteur Can Dündar, der Beweise für den Waffentransport des türkischen Geheimdienstes an die Dschihadisten in Syrien veröffentlichte. Ihm blieb daraufhin nur die Flucht ins Exil nach Deutschland.
Von der kurdischen Nachrichtenagentur ANF wurden Dokumente vorgelegt, die belegen, dass der IS seine Funkgeräte aus der Türkei bezog. Ein Dokument, eine Rechnung, ist auf den 12. April 2014 datiert - ausgestellt vom Vertriebspartner der Firma HYT Radios Ideal in Okmeydanı Perpa in Istanbul. 140 Handfunkgeräte vom Typ HYT TC 518 UHF und drei Programmkabel wurden an eine Person namens Abdulkader al-Razi für 28.932 Türkische Lira verkauft - Bestimmungsort "Deir Ez-zor". Eine weitere Rechnung für 100 verkaufte HYT TC 518 UHF Funkgeräte wurde am 28. Mai 2014 ausgestellt, die Lieferung ging nach Idlib. Ein türkischer Vertrag mit dem Scharia-Gericht des IS beinhaltet folgendes: "Die zweite Partei bringt 100 Funkgeräte im Wert von 11.400 Dollar, die am Freitag den 16.7.1435 (Islamische Zeitrechnung, 16.07.2014) geliefert werden."
Der IS-Kommandant Ilyas Aydin, der sich seit zwei Jahren im Gewahrsam der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) befindet, bestätigte, dass der IS ab2014 mit Ausrüstung der Firma Ideal versorgt wurde: "Bei den von uns verwendeten Funkgeräten handelte es sich um zwei Typen, also um analoge Geräte und digitale Geräte. Der Islamische Staat erhielt Funkgeräte von einer Firma namens Hytera. Hytera ist ein weltbekannter Konzern, der auch in der Türkei aktiv ist. Ein Großteil der Digitalfunkgeräte stammt von dort. Es gibt einen Ort namens Perpa in Mecidiyeköy, Istanbul. Im Obergeschoss gibt es Funkgeräte. Ich meine, diese Firmen sind Sicherheitsunternehmen. Sie kümmern sich um die Sicherheitskommunikation großer Fabriken an vielen Orten." Aydin berichtete, dass all diese Lieferungen in Kenntnis des türkischen Geheimdienstes MIT erfolgten.
Laut RIC besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Beteiligung des türkischen Geheimdienstes an den Aktivitäten der Islamistenmiliz Ahrar al-Sham, die ähnlich wie andere von der Türkei unterstützte Milizen in Nordsyrien agiere. So hätte Ahrar al-Sham erklärt hat, dass sie mit ihren Anschlägen auf "Angriffe auf unser Volk in den Gebieten der türkischen Operationen 'Olivenzweig und Euphratschild'" reagieren würden.
In Deutschland mehrt sich die Kritik an der Bundesregierung. Prominente Künstler, Wissenschaflter, Politiker und Journalisten wandten sich am Mittwoch in einem Aufruf an die Bundesregierung, endlich zu handeln anstatt zu schwadronieren.
Kritik aus den Parteien kommt nicht nur von den Grünen und der Linkspartei, sondern auch aus der CDU: Ali Ertan Toprak, Hamburger CDU-Bürgerschaftskandidat, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde und Mitunterzeichner des Aufrufs, findet in einem Interview mit dem Deutschlandfunk deutliche Worte. Europa, allen voran Deutschland, sollte es nicht nur bei folgenlosen "Besorgnisbekundungen" belassen, das interessiere Erdogan überhaupt nicht.
Jetzt wäre klares Handeln angesagt: keine Waffenlieferungen an die Türkei, die ja dann in dem Angriffskrieg zum Einsatz kommen würden, kein wirtschaftliches Engagement in der Türkei und keine weiteren Finanzhilfen an die Türkei - das ist die Sprache, die Erdogan versteht.
Gespräche müssen nicht mehr mit der AKP geführt werden, sondern mit der Oppositionspartei HDP. Deutschland muss die demokratische Opposition in der Türkei stärken und nicht die rückwärts gewandten Neo-Osmanen oder die alteingesessenen Kemalisten in der CHP, denen man in der Kurdenfrage ebenfalls Nationalismus vorwerfen kann. Innerhalb der CHP muss man den progressiven Flügel stärken, der sich langsam mit einer multikulturellen Gesellschaft in der Türkei anfreundet.
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