Erfolgreiche Kommunisten: "Wohnen ist das brennende Thema"
- Erfolgreiche Kommunisten: "Wohnen ist das brennende Thema"
- "Alle Parteien beginnen, auf unsere politische Arbeit zu reagieren"
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Nach Wahlerfolg in Österreich: KPÖ-Bundessprecherin Sarah Pansy stellt Systemversagen fest: Keine Regierung stoppte bisher steigende Mieten. Ein Interview.
Nach dem überraschend guten Wahlergebnis der KPÖ Plus bei den Landtagswahlen am 23. April in Salzburg mit mehr als elf Prozent und sogar 21 Prozent in der Stadt Salzburg, gibt es für die Kommunistische Partei, die bisher nur über einen Sitz im Salzburger Stadtparlament verfügte, viel zu tun. Die KPÖ hat jetzt Klubstärke im Landtag und will aus der Opposition heraus mithelfen, das Land zum Besseren zu verändern.
Eine weitere Koalition zwischen Konservativen und Rechtsextremen wird jetzt wohl neben den Bundesländern Nieder- und Oberösterreich wohl auch in Salzburg kommen. Ganz einfach dürfte dies nicht werden. Nach anfänglichen Zögern und leisen Äußern von Bedenken des Landeshauptmannes Wilfried Haslauer (ÖVP) gegenüber der FPÖ, die jüngst das Ex-CDU-Bundesvorstandsmitglied Michel Friedmann im österreichischen Parlament als Antidemokraten bezeichnet hat, herrscht nun große Harmonie zwischen ÖVP und FPÖ in Salzburg.
Die KPÖ wird diese Verbrüderung nicht mehr aufhalten können. Sie konzentriert sich in ihrer politischen Arbeit auf das Thema Wohnen – hieran seien bisher alle Parteien im Land gescheitert.
Sarah Pansy ist studierte Politologin, Philosophin und seit zwei Jahren Bundessprecherin der KPÖ.
Frau Pansy, am Wahlabend überraschten die ungewöhnlich vielen jungen, jubelnden Menschen. Ohne jemandem zu nah treten zu wollen, aber das Durchschnittsalter bei der KPÖ wirkte in den letzten Jahren doch recht hoch.
Sarah Pansy: Unsere Themen wie Soziales und leistbares Wohnen betreffen die breite Mehrheit der SalzburgerInnen. Wir erleben seit mehreren Jahren einen starken Zulauf. Dabei kommen Menschen aus allen Altersstufen und Berufsfeldern zu uns. Damit hat sich die Partei deutlich verjüngt.
Bei der Landtagswahl waren wir mit unseren 42 KandidatInnen die im Durchschnitt jüngste Liste auf dem Stimmzettel. Das spiegelt sich auch im Wahlergebnis wider. Wir konnten über alle Generationen hinweg zwischen 11 und 12 Prozent erreichen, was gerade bei den Jüngeren mehr ist als erwartet.
"Populär sind unsere Themen und Vorschläge"
Sind Sie eigentlich eine Populistin?
Sarah Pansy: Populär sind unsere Themen und Vorschläge sicher, zum Beispiel dass niemand mehr als ein Drittel des Einkommens für das Wohnen ausgeben muss. Wir legen Wert darauf, unser Kernthema leistbares Wohnen fundiert zu bearbeiten, also mit Statistiken, Studien und wissenschaftlicher Expertise.
Wir sind dabei stets sachlich und konstruktiv, sprechen aber Probleme und Missstände deutlich an. Wenn beispielsweise in Salzburg immer mehr Wohnraum als Spekulationsobjekte, als Betongold zweckentfremdet wird, anstatt der Wohnbevölkerung zur Verfügung zu stehen, zeigen wir das auf. Wenn man etwas verändern will, muss man sich auch mit den Mächtigen anlegen.
Im übermächtigen österreichischen Medienboulevard wird die KPÖ als Ausdruck eines randständigen Protestpotenzials betrachtet und immer zugleich mit der FPÖ in einem Atemzug genannt. Was sagen Sie zu dieser Gleichsetzung von Links- und Rechtspopulismus?
Sarah Pansy: Dass etablierte Parteien wie die ÖVP und SPÖ immer mehr Menschen enttäuschen, ist zwar eine Chance für alle anderen Kräfte. Aber als Kommunisten geht es uns im Kern, um die Gleichheit der Menschen – nicht in dem Sinne, dass alle gleich leben müssen, es ist gut, dass wir verschieden sind. Aber jeder Mensch ist gleich an Würde und hat ein Recht auf ein gutes Leben.
Die extreme Rechte geht stets davon aus, dass Menschen in ihrem Wert ungleich sind. Und so hetzt die FPÖ zwar gegen andere, traut sich aber nicht, sich mit den wirklich Mächtigen anzulegen, z.B. den Investoren und dem Kapital. Zur wachsenden Schere zwischen Arm und Reich hat die FPÖ nichts zu sagen und keine Vorschläge.
Die Forderungen von KPÖ Plus sind eigentlich nicht "extrem", oder?
Sarah Pansy: Unsere Ideen und Vorschläge für leistbares Wohnen sind in Salzburg mehrheitsfähig. Im Kern geht es um die Frage, ob Wohnen eine Ware wie jede andere ist, zur Profitmaximierung für einige Wenige, oder ein Grundbedürfnis, wie das Gemeinwohl im Vordergrund stehen.
Hier wollen wir das kapitalistische Profitstreben zurückdrängen, weil die Grundversorgung mit leistbarem Wohnraum wichtiger ist. Konkret heißt das zum Beispiel, mit AirBnB-Beschränkungen und einer Leerstandsabgabe der lukrativen Zweckentfremdung von Wohnraum einen Riegel vorzuschieben. Für manche ist das eine kleine Revolution, weil es abweicht vom absoluten Glauben an den Markt. Aber für die meisten Menschen in Salzburg ist es schlichtweg vernünftig.
Erleben wir eigentlich einen Linksruck in Österreich? Mit Andreas Babler bewirbt sich ein dezidiert linker Kandidat um den Vorsitz der SPÖ und die KPÖ fährt diesen Erfolg in Salzburg ein?
Sarah Pansy: Das ist momentan noch sehr offen. Wie die SPÖ-Vorsitzwahl ausgeht, ist unklar. Die KPÖ zeigt immer öfter, wie man bei Menschen, die von den aktuellen Parteien enttäuscht worden sind, wieder Vertrauen aufbauen kann, wenn man ein ernsthaftes Interesse an den alltäglichen Sorgen und Problemen der Menschen mit konstruktiven Lösungen und einer entsprechenden Haltung verbindet.
Dem entgegen kann auch eine Lagerstabilität konstatiert werden. Genau betrachtet ergaben die Wahlen im Bundesland Salzburg nur eine Umschichtung innerhalb etwa gleichbleibender Spektren. Die FPÖ sammelt Stimmen ein, die die ÖVP verloren hat. Die Grünen und SPÖ verlieren zugunsten der KPÖ PLUS. Die konservative Mehrheit im Land von fast 60 Prozent Konservativen bis hin zu Rechten bleibt bestehen. Wie könnte das "linke Lager" hinzugewinnen?
Sarah Pansy: Wir konnten Wähler:innen aus allen Bereichen ansprechen. Die KPÖ Plus hat insgesamt 9.000 Stimmen von ÖVP, NEOS und FPÖ gewonnen. Hinzu kommen 5.000 Menschen, die beim letzten Mal gar nicht wählen waren. In Summe macht das rund die Hälfte unserer landesweit 31.000 Stimmen aus.
Die andere Hälfte hat früher SPÖ oder Grüne gewählt – ob sie das ohne KPÖ Plus wieder getan hätte, steht in den Sternen. Man sollte auch nicht vergessen, dass SPÖ und die Grüne Partei in der Stadt Salzburg fast 20 Jahre lang eine absolute Mehrheit hatten.