Erste Fernsehdebatte zur US-Präsidentschaftswahl: Spanische Antworten und technische Pannen
Trump: Langweilig, MSNBC: Gewinner war der abwesende Joseph Biden
Bei der ersten Fernsehdebatte zur US-Präsidentschaftswahl 2020 gab es keinen eindeutigen Gewinner. Es sei denn, man folgt dem Urteil des MSNBC-Kommentators Chris Mathews, der meinte, der heute früh gar nicht teilnehmende Umfrageführer Joseph Biden habe gewonnen, weil sich keiner der Teilnehmer der ersten Gruppe in einer Weise hervortun konnte, die ihm gefährlich werden könnte. Oder man sieht es wie Donald Trump, der sich offenbar noch weniger gefährdet sieht und lapidar twitterte: "Langweilig!"
Man kann jedoch nicht sagen, dass sich die Teilnehmer der ersten Fernsehdebatte nicht bemüht hätten, mit Alleinstellungsmerkmalen zu glänzen: Robert Francis O'Rourke, der den spanischen Kosenamen "Beto" benutzt, versuchte das, indem er teilweise auf Spanisch antwortete, was ihm von - nun ja - "interessante" Blicke anderer Teilnehmer einbrachte. Außer ihm warben auch der der Afro-Amerikaner Cory Booker und Barack Obamas ehemaliger Bauminister Julián Castro mit dieser Sprache um die zahlenmäßig zunehmenden Latino-Wähler (die Elizabeth Warren "Latinx" nannte).
Unterschiedliche Redezeiten
Eher inhaltlicher als formeller Natur war dagegen das Alleinstellungsmerkmal der Irakkriegsveteranin Tulsi Gabbard. Sie sieht anders als andere Teilnehmer nicht Donald Trump, China, Russland oder einen Klimawandel als die größte Bedrohung der Zukunft, sondern einen Atomkrieg. Ein Krieg mit dem Iran, der in den letzten Wochen in den Bereich des Möglichen rückte, würde ihrer Erwartung nach noch sehr viel schlimmere Folgen haben als der im Irak. Nach der Debatte beklagte sie sich indirekt darüber, dass ihr der Sender NBC, der die Diskussion veranstaltete, sehr viel weniger Redezeit eingeräumt hätte als Elizabeth Warren.
Tatsächlich hatte Warren mit neun Minuten 20 Sekunden zwar mehr Redezeit als Gabbard mit sechs Minuten 24 Sekunden. Aber Cory Cooker (der sich merkwürdigerweise mit dem Thema Transsexuelle zu profilieren versuchte) und "Beto" O'Rourke hatten mit zehn Minuten und 58 Sekunden beziehungsweise zehn Minuten und vier Sekunden noch mehr als Warren. Und John Delaney, Bill de Blasio und Jay Insley hatten mit sechs Minuten 24 Sekunden, fünf Minuten 30 Sekunden und vier Minuten 57 Sekunden noch weniger als Gabbard.
Trotzdem sahen in einer Blitzumfrage des konservativen Drudge Reports mit 38,75 Prozent die Irakkriegsveteranin als Gewinnerin der Debatte. Ein Hinweis für die Demokraten, dass sie eine Kandidatin wäre, die auch Wähler außerhalb der eigenen ideologischen Festung anziehen könnte. Außerdem war sie in 34 der 50 US-Bundesstaaten während der Debatte die Bewerberin, nach deren Namen Google-Nutzer am häufigsten suchten.
Wer in der ersten Runde ausscheidet, entscheiden die Umfragen
Voraussetzung für die Teilnahme an den zwei ersten Fernsehdiskussionen war, dass die Teilnehmer in drei Umfragen auf einen Stimmenanteil von mindestens einem Prozentpunkt gekommen waren oder Spenden von insgesamt 65.000 Förderern aus 20 US-Bundesstaaten gesammelt hatten. Für weitere Runden sind strengere Voraussetzungen angekündigt.
Als potenzielle Ausscheider, die diese Voraussetzungen möglicherweise nicht erreichen, nennen US-Medien heute unter anderem den Washingtoner Gouverneur Jay Inslee (der sich in der Debatte als radikaler Klimaschützer zu profilieren versuchte), den Repräsentantenhausabgeordneten Tim Ryan (der sich als eine Art jüngeres Abziehbild von Joseph Biden verkaufte), seinen noch farbloseren Kollegen John Delaney, den New Yorker Bürgermeister Bill di Blasio und Amy Klobuchar (die in der Vergangenheit vor allem mit ihrer Forderung nach Gefängnisstrafen für Immaterialgüterrechtsverletzer auf YouTube aufgefallen war und sich gestern mit der Forderung nach mehr Einwanderen für die "Fabriken und Felder" Amerikas erneut auffallend industriefreundlich gab).
Bessere Chancen hat Elizabeth Warren, der es zu gelingen scheint, ihr Image als Indianerabstammungshochstaplerin durch die Übernahme von Bernie Sanders Forderung nach einer staatlichen Einheitskrankenversicherung und an deren sehr teuren Wahlversprechen in Vergessenheit geraten zu lassen.
Eindeutiger Verlierer der Debatte war gestern aber keiner der Bewerber, sondern der Sender NBC, der mit zahlreichen technischen Pannen den Eindruck machte, von der Veranstaltung im Adrienne Arsht Center for the Performing Arts in Miami schwer überfordert zu sein. Ob er daraus gelernt hat, wird sich morgen früh zeigen, wenn in der zweiten Gruppe der ersten Runde Joseph Biden und Bernie Sanders aufeinandertreffen (vgl. Zu viele Bewerber: Demokraten teilen erste Fernsehdebatte in zwei Gruppen auf).
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