"Es geht letztlich nur darum, die Akte so schnell wie möglich vom Tisch zu haben"
Staatsanwalt steigt aus dem Justizsystem aus und prangert Missstände offen an
Der Abgang von David Jungbluth aus der saarländischen Justiz ist nicht das, was man als leise bezeichnen könnte. Im Gegenteil: Es ist ein Abgang mit einem lauten Knall. Der heute 36-jährige Jungbluth war beinahe 2 Jahre in seinem Traumberuf tätig. Er war Staatsanwalt, dann Richter. Doch die Zustände, die er, laut seinen Schilderungen, an der Saar erlebt hat, ließen für ihn nur einen Schluss zu: Er muss raus aus diesem System, in dem die strukturellen Verwerfungen so groß geworden sind, dass er, als Einzelner, als Rad in diesem System, nichts von innen heraus tun konnte, um die Situation zu verbessern.
Im Sommer 2013 reichte Jungbluth die Kündigung ein und teilte dem Präsidenten des Saarbrücker Landgerichts, dem Präsidenten des Saarbrücker Oberlandesgericht und auch der damaligen Justizministerin Anke Rehlinger in einem 15-seitigen Brief mit, warum er der Justiz im Saarland den Rücken kehrt. Und Jungbluths Begründung hat es in sich: Er zeichnet das Bild einer desolaten Justiz, deren Mitarbeiter bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit und auch noch darüber hinaus beansprucht würden. Er verweist auf einen ungeheuerlichen "Erledigungsdruck", auf einen teilweisen "amtsanmaßenden Umgang" und er spricht von jungen Justizangestellten, die oft ohne Begründung und Rücksprache als reine "Manövriermasse" von Position zu Position geschoben werden. Er spricht auch offen an, dass er bei seinem Dienstantritt beinahe drei Monate auf sein erstes Gehalt warten musste.
Seitdem die Saarbrücker Zeitung die Geschichte von David Jungbluth erzählte und dabei auch aus seinem Brief an die Ministerin zitierte, steht die saarländische Justiz in einem fragwürdigen Licht dar. Eine öffentliche Reaktion des Justizministeriums folgte rasch. Gegenüber dem Saarländischen Rundfunk äußerte sich eine Ministeriumssprecherin mit den Worten:
Herr Jungbluth selbst hat sich nie an die Behördenleitung oder an die Personalvertretung gewandt, er hat keine Überlastungsanzeige gemacht. Wir haben seine Vorwürfe dennoch sehr ernst genommen, die er ja im Jahr 2013 erhoben hat. Wir haben diese Vorwürfe der Behördenleitung mit der Bitte um Stellungnahme zugeleitet. Die Vorwürfe haben sich als haltlos erwiesen.
Doch ist es wirklich so einfach?
Im Interview mit Telepolis schildert Jungbluth im Detail die Zustände, die er bei der saarländischen Justiz ausgemacht haben will. Deutlich wird auch: Eine pauschale Justizkritik, wie sie immer wieder von Justizkritikern angebracht wird, greift zu kurz. Jungbluth spricht an, dass auch diejenigen, nämlich die Justizangestellten, die häufig für ihre Arbeit kritisiert werden, unter Rahmenbedingungen agieren, die Fehler und Fehlverhalten geradezu provozieren. Der 36-Jährige, der heute an der Universität in Mainz als Dozent tätig ist, gewährt einen Blick hinter die Kulissen eines Justizsystem, das offensichtlich unter gewaltigen Missständen leidet - oft auch mit fatalen Konsequenzen für die Rechtssuchenden, wie etwa im Fall Mollath.
Herr Jungbluth, Sie waren auf dem besten Wege, Karriere im Justizsystem zu machen, doch dann haben Sie die Reißleine gezogen. Was ist passiert?
David Jungbluth: Es kommt mir entgegen, dass Sie ihre Eingangsfrage in dieser Art formulieren, denn bereits das Wort "Karriere" impliziert, dass es im Rahmen einer Tätigkeit in der Justiz, um eine persönlichen beruflichen Erfolg geht, sei es finanzieller Art oder durch den Erhalt von gesellschaftlichen Ansehen. Beide Punkte waren aber für mich nicht die ausschlaggebenden Motive, mich um eine Tätigkeit in der Justiz zu bemühen, sondern ich wollte - mag sich dies auch auf den ersten Blick etwas pathetisch oder gar naiv anhören - versuchen, einen Beitrag zur Herstellung von Gerechtigkeit zu leisten. Ich hatte die Hoffnung, dies in der Justiz am besten bewerkstelligen zu können.
Soweit ihre Annahme.
David Jungbluth: Ja, mir ist dann aber schnell klar geworden, dass - vielleicht etwas überspitzt formuliert - das Justizsystem, zumindest so, wie ich es im Saarland kennengelernt habe - in seiner faktischen Struktur nicht darauf ausgelegt ist, Verfahren in einem Sinne zu betreiben, die der umfassenden Wahrheitsfindung dienen, geschweige denn, mehr oder weniger ausschließlich gerechte Entscheidungen zu fällen. Ich habe daher für mich keine andere Alternative gesehen, als aus diesem System auszuscheiden. Dies insbesondere auch deswegen, weil für mich nicht mal ansatzweise ein Hoffnungsschimmer bestanden hat, dass man "von innen" eine Änderung herbeiführen könnte.
"Sich mit etwaigen juristischen Problemen zu beschäftigen, dafür bleibt in aller Regel so gut wie keine Zeit"
Können Sie schildern, was das im Einzelnen heißt?
David Jungbluth: Zunächst möchte ich betonen, dass alle von mir geäußerte Kritik nicht pauschal zu verstehen ist. Zum einen gibt es viele ehemalige Kolleginnen und Kollegen, die versuchen, ihre Arbeit, so gut wie es eben nur geht, gewissenhaft zu erledigen. Zum anderen dürfen meine Angaben nicht dergestalt interpretiert werden, dass in der Justiz mehr oder weniger ausschließlich falsche oder nicht sachgerechte Entscheidungen getroffen werden.
Worauf wollen Sie hinaus?
David Jungbluth: Es existieren meiner Ansicht nach ganz klare strukturelle Mängel, welche die eben angesprochenen Fehler evident begünstigen. Zudem besteht eine Tendenz, dass sich die Probleme weiter verschärfen werden.
Praktische Erfahrungen haben Sie aber nur bei der saarländischen Justiz gesammelt, oder?
David Jungbluth: Das ist richtig. Und daher kann ich in erster Linie lediglich von meinen Erfahrungen im Saarland berichten, da ich ja ausschließlich dort tätig war. Mir ist aber aus Gesprächen mit ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bekannt, dass durchaus auch in anderen Bundesländern ähnliche Probleme herrschen. Zudem ist es so, dass ich in erster Linie für die ordentliche Gerichtsbarkeit (mithin Strafgerichts- und Zivilgerichtbarkeit) spreche, da ich nur diesen Bereichen eingesetzt war. Diese Felder stellen aber naturgemäß einen wesentlichen Teil der Justiz dar.
Gut, aber nochmal zurück zur Ausgangsfrage: Wo liegen konkret die Probleme?
David Jungbluth: Ok, machen wir es konkret: Es ist so, dass man als Richter - man kann dann entweder als Richter oder, wie ich zunächst, als Staatsanwalt eingesetzt werden - vom ersten Tag an, ohne jegliche Eingewöhnungszeit, von Aktenbergen mehr oder weniger erschlagen wird. Obwohl das Dezernat, das ich am Anfang zu betreuen hatte, vergleichsweise noch eine leicht unter-durchschnittliche Verfahrenszahl aufwies (meiner Erinnerung nach waren es 138 laufende Verfahren), kommt man kaum dazu, den Inhalt einer Akte einigermaßen ausführlich zu studieren, geschweige denn zu reflektieren. Dazu kommt, dass ja, zumindest in der Zivilgerichtsbarkeit, aber teilweise auch im strafrechtlichen Bereich, in manchen Fällen eigentlich eine tiefergehende rechtliche Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt zu erfolgen hat. Sich mit etwaigen juristischen Problemen zu beschäftigen, dafür bleibt allerdings in aller Regel so gut wie keine Zeit.
Was bedeutet das alles?
David Jungbluth: Es ist also so, dass aufgrund der umfassenden Verfahrenszahl, die den einzelnen Dezernenten, also Richter bzw. Staatsanwalt, trifft, mehr oder weniger keine Möglichkeit verbleibt, sich mit den jeweiligen Verfahren angemessen zu befassen. Darauf wird aber, so wurde es mir zumindest bei der Staatsanwaltschaft vom ersten Tag an vermittelt, auch kein besonders großer Wert gelegt.
Verstehe ich Sie richtig: Es wird kein besonders großer Wert darauf gelegt, sich intensiv mit den Verfahren zu beschäftigen?
David Jungbluth: Das habe ich gesagt. Es geht letztendlich nur darum, die Akte - im wahrsten Sinne des Wortes - so schnell wie möglich vom Tisch und das Verfahren schnellstmöglich abgeschlossen zu haben, damit am Ende des Monats die persönliche Statistik stimmt.
Das Ganze hat also etwas von einer Art Arbeit am Fließband?
David Jungbluth: Es ist wie ein Fließband, das stetig und in hohem Tempo weiterläuft. Sollte man zu viel Zeit darauf verwenden, sich mit einem einzelnen Fall zu beschäftigen, rächt sich das bitter, weil das Band halt - ohne Rücksicht auf die etwaige Komplexität eines einzelnen Falles - weiter Fälle liefert. Man wird dadurch quasi dazu gezwungen, Verfahren mehr oder weniger oberflächlich zu bearbeiten, möchte man vermeiden, dass man nicht irgendwann mit seinem ganzen Laden absäuft.
Im Büro eines Staatsanwaltes dürften so einige Akten liegen.
David Jungbluth: Völlig richtig, wobei das auch etwas von dem jeweiligen Dezernat und auch der Art, wie man mit den Verfahren umgeht, abhängt. Teilweise sind die Büros voller Akten - und ich meine damit dann wirklich das ganze Büro, also beispielsweise auch Akten unter und neben dem Schreibtisch sowie sonst auf dem Fußboden verteilt und an den Wänden hochgestapelt.
Vielleicht können Sie erahnen, dass diese Aktenberge auch eine psychologische Belastung sind. Ich weiß von ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bei der Staatsanwaltschaft, die ihre Akten vor lauter Verzweiflung entweder im Kleiderschrank "versteckt" haben, Hauptsache, sie mussten die nicht mehr sehen. Andere haben, nur zu dem Zwecke, dass Ihr Büro einen sauberen Eindruck macht, in den Verfahren eine Wiedervorlage verfügt. Das heißt, die Akten haben dann einfach für beispielsweise vier Wochen in einem Fach in der Geschäftsstelle gelegen, ohne dass irgendetwas passiert ist.
"Das System provoziert Fehler"
Ein Fortgang der Ermittlungen sieht anders aus.
David Jungbluth: Nein, davon kann man dann wirklich nicht mehr sprechen.
Was bedeutet denn diese Quantität an Akten weiter für die Praxis?
David Jungbluth: Dieses Pensum führt natürlich dazu, dass man versucht, die Arbeitsabläufe radikal zu ökonomisieren. So werden Akten beispielsweise oft nur noch "quergelesen". Das mag in manchen Fällen gutgehen oder sogar auch angemessen sein, aber halt nicht immer. Alleine aus der umfassenden Verfahrenszahl und statistischen Erwägungen ergibt sich zwangsläufig, dass immer wieder auch wesentliche Punkte nicht zur Kenntnis genommen werden. Wenn aber erst mal ein Fehler geschehen ist, dürfte es den meisten schwer fallen, diesen einzugestehen und zurück zu rudern.
Was heißt wesentliche Punkte nicht zur Kenntnis nehmen? Wie darf man sich das vorstellen. Können Sie ein Beispiel nennen?
David Jungbluth: Nehmen wir doch nur mal Verfahren, in denen es um eine etwaige Schuldunfähigkeit des Beschuldigten geht, und wo dann ein psychologisches Gutachten erstellt wird. Diese fallen oftmals relativ umfangreich aus. Man hat aber kaum Zeit, diese vollständig zu lesen, da man sonst mit der Bearbeitung der anderen Fälle nicht hinterher kommt. Ich weiß daher von ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bei der Staatsanwaltschaft, die regelmäßig lediglich die Zusammenfassung am Ende des Gutachtens gelesen haben, aus der sich dann ergab, ob der Beschuldigte unter einer psychischen Störung leidet oder nicht. Wenn man aber sich ausschließlich die letzten vier Seiten eines vierzigseitigen Gutachtens anschaut, kann man meines Erachtens nach nicht erkennen, ob die Ausführungen des Sachverständigen insgesamt in sich schlüssig sind oder eben nicht. Später, also beispielsweise in einer höheren Instanz, dann noch einmal zurück zu rudern und gegebenenfalls dort dann sogar zuzugeben, dass man das Gutachten ursprünglich nicht vollständig gelesen hat, halte ich dann für äußerst unrealistisch. Das System provoziert mithin Fehler. Menschliche Schwächen perpetuieren diese dann noch gegebenenfalls.
Bei ihren Ausführungen denke ich an den Fall Mollath. Wie haben Sie den Fall wahrgenommen?
David Jungbluth: Der Fall Mollath ist insofern schwer einzuschätzen, als dort ja auch aufgrund des Schwarzgeldskandals, auf den der Beschuldigte Mollath aufmerksam gemacht hat, der Verdacht einer politischen Einflussnahme besteht. Das kann ich aber natürlich aus der Ferne nicht beurteilen und möchte mich auch nicht zu Spekulationen hinreißen lassen. Wenn der damals Vorsitzende Richter im Landtags-Untersuchungsausschuss aber angibt, dass er doch keine 106 Seiten Verteidigungsschrift lese, passt das doch sehr zu den Erfahrungen, die ich gemacht habe.
Und wenn man sich vor Augen hält, dass im Rahmen der Entscheidung über die Fortsetzung der Unterbringung der psychologische Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten und in seinen mündlichen Ausführungen in der Hauptverhandlung teilweise völlig widersprüchliche Angaben gemacht und sich das Gericht hiermit so gut wie überhaupt nicht auseinandergesetzt hat, fragt sich doch sehr, ob das Gericht oder der Gutachter im Ergebnis über die Frage einer Unterbringung entscheidet. Der oben beschriebene Perpetuierungseffekt könnte hier jedenfalls eingetreten sein.
Nochmal zu den strukturellen Problemen. Was haben Sie noch erkannt?
David Jungbluth: Problematisch ist in meinen Augen auch der interpersonelle Umgang. Grundsätzlich ist es ja qua Gesetz so, dass man als neu eingestellter Richter zunächst "Richter auf Probe" (Assessor) ist. Die Probezeit dauert hier maximal fünf Jahre, wobei man im Saarland in der Regel dann nach vier Jahren zum Richter/Staatsanwalt auf Lebenszeit ernannt wird. In dieser Zeit ist man allerdings Verfügungsmasse und kann, je nach Bedarf, innerhalb der Justizzweige hin und her versetzt werden.
Aber wo ist da das Problem?
David Jungbluth: Das Problem hierbei ist, dass man - wenn man ein neues Dezernat besetzt - kein einziges der jeweiligen Verfahren kennt. Das heißt, man fängt dann quasi wieder "bei Null an". Das sind enorme Reibungsverluste, die auf diese Art und Weise entstehen, denn der Arbeitstag bekommt durch eine Ver- bzw. Umsetzung nicht mehr Stunden.
Dazu kommt, dass die Betroffenen - und dies ist wohl ein ziemliches Spezifikum im Saarland - überhaupt nicht gefragt werden, ob Sie mit einer solchen Ver- bzw. Umsetzung einverstanden sind, Sie werden nicht einmal angehört. In aller Regel, wird man zwei Wochen vor der anstehenden Umsetzung über diese offiziell informiert, wenn man "Glück" hat, ist vorher schon etwas durchgesickert und man erlangt auf informellem Wege Kenntnis von der neuen Tätigkeit. Dies hat manchmal die absurde Konsequenz, dass derjenige, der von der Ver- bzw. Umsetzungsmaßnahme betroffen ist, mehr oder weniger als letzter in der Behörde erfährt, dass und in welchem Bereich er demnächst eine neue Arbeit verrichten darf.
Dass ein solcher interpersoneller Umgang naturgemäß nicht gerade die Arbeitsmoral steigert, dürfte jedem einleuchten. Ganz abgesehen davon halte ich das für einen ziemlich respektlosen Umgang mit den Bediensteten.
In Ihrem Schreiben an die saarländische Justizministerin sprechen Sie auch davon, dass Sie auf ihr erstes Gehalt fast drei Monate warten mussten. Wie geht so etwas?
David Jungbluth: Das ist eine gute Frage, die ich Ihnen allerdings auch nur schwer beantworten kann. Es ist aber so, dass das bei mir kein Einzelfall war, sondern es wohl regelmäßig vorkam, dass Berufsanfänger einige Zeit auf ihr Gehalt warten mussten und dann, nach einer gewissen Wartezeit, zunächst auch lediglich einen Abschlag erhalten haben. Das ist aber gerade für Assessoren, die direkt aus der Ausbildung kommen und oftmals keinerlei Rücklagen haben, besonders misslich. Zudem ist zu berücksichtigen, dass nicht wenige, wie auch ich, aus einem anderen Bundesland zugezogen sind und somit eventuell nicht unerhebliche Umzugskosten zu stemmen hatten.
Wie haben Sie für sich die Frage nach dem Warum beantwortet?
David Jungbluth: Es gibt für mich hier eigentlich nur zwei Erklärungsansätze: Entweder kommen die zuständigen Sachbearbeiter in der Besoldungsstelle mit der Bearbeitung nicht hinterher, was mich in Anbetracht der Personalpolitik des Saarlandes nicht verwundern würde. Auf der anderen Seite war die Besoldungsstelle nach meinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis recht schnell aktiv, was die besoldungstechnische Abwicklung betrifft.
Es drängt sich daher auch eine zweite Variante auf, nämlich die, dass die verspätete Zahlung vorsätzlich geschieht, um, zumindest für einen gewissen Zeitraum, Kosten zu sparen. Ich muss allerdings betonen, dass dies rein spekulativ ist.
Zu berücksichtigen ist aber, dass es durchaus ein gewisses System der Kosteneinsparung bei der Besoldung der Richter gibt.
Was bedeutet das?
David Jungbluth: Meiner Kenntnis nach ist es so, dass Bedienstete, die befördert werden sollen, beispielsweise zum Abteilungsleiter bei der Staatsanwaltschaft, die entsprechende Tätigkeit bei voller dienstlicher Verpflichtung und Verantwortung für einige Monate verrichten und erst anschließend offiziell befördert werden, mithin zunächst weiter das Gehalt eines einfachen Staatsanwalts beziehen, obwohl sie faktisch Abteilungsleiter sind. Und dies, wie gesagt, bei entsprechendem Arbeitsanfall und in voller Verantwortung. Diese Vorgehensweise hat System und ist meiner Ansicht nach moralisch verwerflich, wenn nicht gar rechtswidrig. Aber auch hier gilt leider, wie bei all den anderen Missständen, keiner wehrt sich.
Das klingt nach einer fragwürdigen Kosteneinsparungspolitik.
David Jungbluth: Dazu kann ich auch noch eine Anekdote erzählen. Das Saarland hat vor einiger Zeit beschlossen, dass sämtliche Assessoren, die ab dem Jahre 2011 eingestellt sind, in den ersten zwei Jahren eine Besoldungskürzung von circa 10% erhalten. Das heißt, dass diese genau dieselbe Arbeit wie die anderen Kollegen verrichten, dafür aber rund 350,- Euro im Monat weniger erhalten. Dies ist nach meiner Rechtsauffassung nach ein klarer Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Ich habe daher im März 2012 einen Antrag auf amtsangemessene Besoldung gestellt. Trotz mehrfacher Aufforderung wurde dieser bis heute nicht beschieden. Das ist im Ergebnis nicht anderes als eine Rechtsverweigerung, um nicht den Begriff der Rechtsbeugung zu gebrauchen.