Es reicht nicht, die AfD als neoliberal zu entlarven

Seite 2: "Standort Deutschland": DGB-Gewerkschaften und Rechtspopulismus

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Da gibt es emanzipatorische sowie verschiedene Varianten von reaktionären Krisenlösungskonzepten. Der Rechtspopulismus bietet da durchaus eine Kriseninterpretation und findet Zustimmung bei Menschen, für die die Perspektive nicht eine transnationale Solidarität der Lohnabhängigen, sondern die Identifizierung mit einen erfolgreichen Konzern oder Industriestandort ist.

Nun muss man sich fragen, ob die DGB-Gewerkschaften einen Beitrag dazu leisten, dass ihre Mitglieder das Lager der transnationalen Solidarität stärken. Das wäre ein realer Beitrag gegen den Rechtspopulismus. Wenn man die Erklärungen verschiedener Vorstandsmitglieder des DGB und seiner Einzelgewerkschaften hört und registriert, dass viele Gewerkschafter sich an lokalen Bündnissen gegen die AfD beteiligen, sieht ihre Bilanz positiv aus. "Wer hetzt, fliegt raus", erteilte der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann, Rechten in seiner Organisation eine klare Absage.

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille. Das Propagieren eines starken Standortes Deutschland, der sich im internationalen Wettbewerb durchsetzen muss, gehört ebenso zum Repertoire des DGB. Eine solche Ideologie könnte zum ungewollten Scharnier für die Ideologie rechter Gruppen werden, warnt Dietl und nimmt dabei Bezug auf den schon vor 17 Jahren erstellen Bericht einer Kommission Rechtsextremismus, die vom DGB-Bundesvorstand beauftragt wurde, die Ursachen von extrem rechten Einstellungen in der eigenen Mitgliedschaft zu untersuchen.

Die im Jahr 2005 veröffentlichte Studie Gewerkschaften und Rechtsextremismus führten erstmals zu einer größeren Diskussion, welche Verantwortung die DGB-Politik selber für dafür hat, dass auch die eigene Mitgliedschaft nicht immun gegen rechte Parteien ist.

Deutsche Facharbeiter oder Prekäre mit und ohne deutschen Pass

Da stellt sich die Frage nach den Zielgruppen des DGB. Aktuell sind dort noch immer die gut ausgebildeten Facharbeiter in der Mehrheit, die mit ihrer Angst vor dem gesellschaftlichen Abstieg häufig nach rechts abdriften.

Die Gewerkschaften müssen sich besonders den prekären Segmenten der Lohnarbeiter unabhängig von ihrer Herkunft öffnen, wo sie im europäischen Vergleich großen Nachholbedarf haben. Darin sieht Dietl die beste gewerkschaftliche Abwehrstrategie gegen die AfD und andere Rechtspopulisten.

"Gewerkschaftliche Organisierung muss nicht nur unabhängig von Nation und Herkunft erfolgen, sondern auch unabhängig vom arbeitsrechtlichen Status der Betroffenen", schreibt Dietl und nimmt damit Bezug auf eine längere Diskussion über den Status von Geflüchteten in den DGB-Gewerkschaften, die längst nicht immer solidarisch geführt wurde.

Leider hat Dietl in seinem Buch nur den DGB im Blick. Dabei haben sich kleinere Basisgewerkschaften wie die Freie Arbeiter Union in einigen Städten schon längst als Alternative für prekäre und migrantische Lohnabhängige entwickelt.