Europäische Unternehmen verlieren Vertrauen in China als Investitionsziel

Eine fabrik in China mit zahlreichen Robotern

(Bild: humphery / Shutterstock.com)

Chinas Attraktivität für europäische Investoren sinkt laut EU-Handelskammer. Stattdessen rücken Südostasien und Indien in den Fokus. Das sind die Hintergründe.

China ist für viele europäische Unternehmen nicht mehr die erste Wahl, wenn es um Entscheidungen über Investitionen geht. Das berichtet die Handelskammer der Europäischen Union in China. Stattdessen wenden sich viele Unternehmen anderen Regionen in Südostasien und Indien zu.

Europäische Unternehmen suchen Alternativen zu China

Als Gründe werden wirtschaftliche Unsicherheiten und geopolitische Spannungen genannt. Letztlich zeigt sich in dieser Entwicklung deutlich, dass sich die vom Westen betriebene Entkopplung der Märkte negativ auf die Wirtschaftstätigkeit niederschlägt, was zu einer weiteren Entflechtung führen könnte.

Die jährliche Umfrage der Handelskammer zum Geschäftsklima zeigt alarmierende Zahlen: Nur noch 15 Prozent der befragten Unternehmen halten China für ihr wichtigstes Investitionsziel. Das ist der niedrigste Wert, der jemals in der Umfrage gemessen wurde.

Nur wenige Unternehmen planen weitere Investitionen in China

Noch düsterer sieht es bei den Zukunftsplänen aus: Nur noch dreizehn Prozent sehen China als wichtigstes Ziel für künftige Investitionen – ebenfalls ein historischer Tiefstand. Besorgniserregend ist auch, dass dreizehn Prozent der Befragten überhaupt keine weiteren Investitionen in China planen.

Immerhin gaben drei Viertel der Befragten an, bis 2023 einen Teil ihrer Gewinne in China reinvestieren zu wollen. Mehr als ein Drittel wird jedoch weniger als im historischen Durchschnitt reinvestieren.

Globaler Druck und Wettbewerb bedrohen Chinas Marktstellung

"China ist nicht mehr für alle die offensichtliche Wahl", zitiert die in Hongkong ansässige South China Morning Post (SCMP) aus dem Bericht. Die Unternehmen erkennen demnach, dass der globale Druck auf den Markt und der Wettbewerb eine ständige Bedrohung darstellen.

Nachdem die US-Regierung ihre Sanktionen verschärft und die Ausfuhr fortschrittlicher Halbleiter verboten hat, zeigen sich zunehmend die Folgen in China. Fast ein Viertel der befragten Unternehmen gab demnach an, davon betroffen zu sein.

Abkopplung des Westens führt zu Produktionskomplikationen

Aber auch in der Produktion führt die zunehmende Abkopplung des Westens zu Komplikationen. Mehr als ein Drittel (37 Prozent) der Unternehmen berichten demnach, unter Druck zu stehen, um keine in den USA hergestellten Komponenten in ihren Waren einzubauen. Rund ein Viertel der Betriebe gab an, keine Komponenten aus China für Waren mit dem Zielort Europa verwenden zu dürfen.

Neben diesen Folgen der geopolitischen Rivalität sehen viele Unternehmen noch weitere Herausforderungen, etwa die weltweit schwächelnde Konjunktur und die zunehmende Konkurrenz mit chinesischen Firmen. Zudem sind die regulatorischen Hürden in China weitgehend ungelöst. Mehr als zwei Drittel der Befragten gaben an, dass die Geschäftstätigkeit in China schwieriger geworden ist.

IT- und Pharmaunternehmen besonders betroffen

Besonders betroffen sind ausländische Unternehmen der Informationstechnologie. Sie leiden unter geopolitischen Spannungen, einer strengeren Datenregulierung und einer Überbetonung von Unabhängigkeit und nationaler Sicherheit. Aber auch Pharmaunternehmen sehen ihre Investitionsaussichten durch Marktbeschränkungen und zögerliche Verbesserungen beim Schutz geistigen Eigentums beeinträchtigt.

Die Umfrage zeigt auch einen leichten Anstieg der Investitionen, die China verlassen oder in andere Länder verlagert werden sollen. Hauptnutznießer der sinkenden Attraktivität Chinas als Zielland für ausländische Investitionen ist die Association of Southeast Asian Nations. 21 Prozent der Befragten haben bereits Investitionen, die ursprünglich in China geplant waren, verlagert oder erwägen dies.

Unternehmen weichen geopolitischen Spannungen aus

Mit der Entscheidung, Investitionen in andere Länder zu verlagern, folgen die Unternehmen dem Druck der geopolitischen Rivalität. Das zunehmend unsichere Geschäftsumfeld soll umgangen werden.

Dies könnte jedoch die wirtschaftlichen Probleme in China weiter verschärfen, warnt die Handelskammer. Strategien wie Kostensenkungen als Reaktion auf die Herausforderungen hätten das Potenzial, einen negativen Konjunkturzyklus auszulösen.