Europas Wohlstand: EZB in der Sackgasse, Zinswende stockt

Seite 2: Das Credo der EZB-Geldpolitik

Mit der seit Jahrzehnten einseitig auf wirtschaftliche Stabilisierung anstatt auf Geldwertstabilität ausgerichteten Geldpolitik hat sich die EZB die geldpolitischen Mittel zur Inflationsbekämpfung weitgehend genommen und den aus Arbeitsproduktivitätsverbesserungen resultierenden, inflationsdämpfenden Marktmechanismus außer Kraft gesetzt.

Sie muss daher darauf setzen, dass sich die Inflation von selbst beruhigt, indem die Unternehmen und Bürger gleichermaßen Realeinkommensverluste hinnehmen und die Arbeitsproduktivität wie Phönix aus der Asche wieder ansteigt, wie EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel kürzlich gegenüber der FAZ erklärte.

In ihren Projektionen, so Schnabel, gehe die EZB nämlich davon aus, "dass sich das Beschäftigungs- und Lohnwachstum graduell abschwächen wird, dass die Produktivität sich erholt und dass die Unternehmen zunehmend bereit sind, den Kostenschub zu absorbieren, indem sie geringere Gewinnmargen hinnehmen."

Besser wäre es, wenn die EZB – und mit ihr die Staaten der Eurozone – den geld- und wirtschaftspolitischen Kurs, der nicht nur "Deutschland zum kranken Mann Europas", sondern ganz Europa zur kranken Region der Welt gemacht hat, endlich auf den Prüfstand stellen würden.

Die EZB führt einen ziemlich aussichtslosen Kampf bei der Bekämpfung der Inflation, den sie offensichtlich nicht in erster Linie zur Sicherung der Geldwertstabilität führt.

Es geht ihr primär darum, die konjunkturelle Entwicklung unter der Hinnahme von Realeinkommensverlusten der Bürger und Unternehmen zu stabilisieren und letztlich dafür zu sorgen, dass die Vermögenspreisblase an den Kapitalmärkten zur Freude der Vermögenden erhalten bleibt und idealerweise noch weiter wachsen kann.

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