Europas rechte Internationale traf sich in Sankt Petersburg
Das Treffen soll nicht nur die Verbindungen zwischen Moskau und rechten Kräften in Europa stärken, sondern hat auch wichtige Bedeutung für die innerrussische Propaganda
Fast 900 Tage dauerte während des 2. Weltkriegs die Belagerung Leningrads durch die deutsche Wehrmacht, die hier offenbarte, dass sie im Osten einen gnadenlosen Vernichtungskrieg führte. Schätzungsweise 1.1 Millionen Zivilisten wurden während der Belagerung durch Hunger und Bombenangriffe ermordet. Es war eines der schlimmsten Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht in ihrem Krieg gegen die Sowjetunion.
Ein Umstand, der Politiker der rechtsradikalen NPD im heutigen Sankt Petersburg undenkbar machen dürfte. Doch weit gefehlt. Udo Voigt, ehemaliger Vorsitzender der NPD und heutiger EU-Parlamentarier, war am Sonntag ein willkommener Gast in der Stadt an der Newa. So, wie Vertreter von rund 150 anderen rechtsradikalen Parteien aus Europa. Darunter der Goldenen Morgenröte aus Griechenland, der bulgarischen Ataka sowie der britischen National Party.
Grund für dieses Zusammentreffen rechtsradikaler Kräfte war das "Internationale Russische Forum der Konservativen", zu welchem die russische Partei Rodina geladen hat. Dies ist zwar keine Kremlpartei wie Einiges Russland, doch Vertreter gehören zur aktuellen politischen Elite des Landes. Der Vorsitzende der Rodina, Alexej Schurawljow, sitzt für die Putin-Partei Geeintes Russland in der Duma. Der Gründer und inoffizielle Führer der Partei ist wiederum Dimitrij Rogosin, ehemaliger Vertreter Russlands bei der NATO und heute einer der stellvertretenden Ministerpräsidenten.
Die Botschaft des Forums war eindeutig. Man forderte die Christen auf, sich zu vermehren, wobei dieser Aufruf an die weißen Christen gerichtet war, hetzte gegen Homosexuelle und beschimpfte Barack Obama als Nazi. Gleichzeitig solidarisierte man sich mit Russland im heutigen Ukraine-Konflikt und rief zum Widerstand gegen den US-Imperialismus auf. So lobte Udo Voigt die Geduld, mit der Wladimir Putin der aggressiven NATO-Politik begegnet.
Die Konferenz ist ein weiterer Schritt in der Annäherung zwischen dem offiziellen Russland und rechtsradikalen und europaskeptischen Parteien im Westen. So wurde im vergangenen Herbst bekannt, dass der Front National von russischen Banken einen Kredit von 40 Millionen Euro erhielt, mit dem die anstehenden Wahlkämpfe finanziert werden sollen (Front National mit russischem Geld). Wie der Erfolg des Front National bei den gestern stattgefundenen Regionalwahlen in Frankreich gezeigt hat, der die Teilnahme von FN-Vertretern bei dem Kongress verhindert hat, ist es eine aus russischer Sicht gut angelegte Investition.
Die Moskauer Unterstützung für die rechtsradikalen Parteien in Europa soll aber nicht nur die eigene Position im Westen stärken, sondern hat auch eine wichtige innenpolitische Bedeutung. Wie der nationalistische kremlkritische Publizist Konstantin Krylow gegenüber der Internetzeitung Gazeta.ru erklärte, erinnert das Spektakel an vergangene sowjetische Zeiten, als damals Vertreter ultralinker Gruppierungen nach Moskau eingeladen wurden und den Volk als Vertreter breiter sozialer Schichten vorgestellt wurden. "Es hat die Sowjetbürger mit Stolz erfüllt, dass wir im Westen wahrgenommen werden und nicht ganz alleine sind", sagte Krylow und machte die europäischen Rechtsradikalen selber zu Opfern der russischen Propaganda, die dächten, Russland sei eine Hochburg konservativer Werte, obwohl es die meisten Migranten weltweit aufnehme.
Wie wichtig die Vertreter rechtsradikaler Parteien aus Europa für die innenrussische Propaganda sind, zeigte bereits das Referendum auf der Krim. Viele rechte Politiker reisten damals auf die Krim und wurden den russischen Zuschauern als unbefangene, antifaschistische Wahlbeobachter vorgestellt. Und ähnlich war es auch diesmal in Sankt Petersburg. Noch am Sonntag veröffentliche Aleksej Schuraljew über Twitter ein Foto von sich und Udo Voigt. "Udo Voigt, Europaabgeordneter. Ebenfalls Antifaschist", schrieb der russische Politiker dazu. Eine Aussage, die ihm wohl dann vielleicht doch zu leicht überführbar als Lüge erschien und worauf er sicherheitshalber gleich sein ganzes Konto bei Twitter löschte.