Europol und Interpol verstärken Bekämpfung von Fluchthelfern
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Das bei Europol entstehende "Europäische Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung" erhält auch eine Abteilung zur Kontrolle des Internets. Mithilfe automatisierter Verfahren zur Internetbeobachtung sollen Inhalte gefunden werden, mit denen Fluchthelfer ihre Kunden "anlocken" könnten. Gemeint sind vor allem Facebookgruppen, über die Fluchtwillige Kontakt zu den Fluchthelfern aufnehmen. Europol soll die Entfernung der Postings bei Facebook, Google oder Youtube beantragen.
Eigentlich war geplant, die Beobachtung der Internetauftritte von Fluchthelfern in der ebenfalls neu eingerichteten "Meldestelle für Internetinhalte" bei Europol anzusiedeln. Deren Zweck wird jedoch mit der Bekämpfung des "islamistischen Terrorismus" angegeben (Wie das BKA das Internet säubern will). Trotzdem erhielt die "Meldestelle" bereits 99.000 Euro, um mit drei neuen Stellen auch gegen unerwünschte Migration vorzugehen.
Europol sucht nun in Stellenanzeigen Analysten und türkischsprachige Übersetzer, die mit der Auswertung offener Quellen im Internet und der Verarbeitung von Massendaten vertraut sind. Bevorzugt werden Bewerber, die über Erfahrung mit Finanzermittlungen verfügen und in den Bereichen "Cyberkriminalität" oder "Anti-Terrorismus" tätig waren.
Europol führt außerdem ein Register, über das Polizeidienststellen aus den Mitgliedstaaten erfahren, ob gegen bestimmte Webseiten bereits Maßnahmen ergriffen wurden oder ob der fragliche Content auch auf anderen Internetplattformen festgestellt wurde. Die "Meldestelle" benutzt dafür automatisierte Verfahren zur Bilderkennung, wie sie bislang zum Aufspüren von Kinderpornografie zum Einsatz kamen.
Enge Kooperation mit Interpol
Europol will aber nicht nur als "Meldestelle" fungieren, sondern verlangt von den Providern auch Informationen über die betreffenden Accounts. Allerdings darf die EU-Agentur nicht ohne weiteres Personendaten mit privaten Firmen austauschen. Deshalb soll die "Meldestelle" einen Platz in der gegenwärtig diskutierten Neuauflage der Europol-Verordnung erhalten. Ab Januar 2016 ist die volle Einsatzbereitschaft der "Meldestelle" geplant.
Vergangene Woche hielt Europol mit der internationalen Polizeiorganisation Interpol in Lyon ein gemeinsames Forum zur Bekämpfung von Fluchthelfern ab. Die zweitägige Konferenz habe laut einer gemeinsamen Mitteilung "zahlreiche Maßnahmen gegen organisierte kriminelle Netzwerke" erörtert. Zu den teilnehmenden gehörten auch Behörden aus Transit- und Herkunftsländern von Geflüchteten sowie Organisationen aus dem "Privatsektor".
Auch bei Interpol soll ein "Operatives Spezialistenzentrum gegen den Schmuggel von Migranten" entstehen, das eng mit dem EMSC bei Europol verzahnt werden soll. Ziel sei demnach die Mitarbeit von Behörden aus Transit- und Herkunftsländern. Die neue Interpol-Abteilung gegen Fluchthilfe soll auf der bereits existierenden Zusammenarbeit mit "Partnern" in Afrika aufbauen. Genannt werden Regionalbüros in Abidschan und Nairobi, die nach einem Modellprojekt in Lateinamerika eingerichtet wurden.
30.000 Fluchthelfer?
Europol und Interpol wollen ihre Kooperation abermals verstärken. Polizeibehörden würden durch einen regelmäßig erscheinenden Lagebericht unterstützt. Dieser Bericht könnte demnach als Leitfaden für "koordinierte und effiziente" Aktivitäten dienen. Die beiden Polizeiorganisationen kündigen den Ausbau von Echtzeit-Kapazitäten in der Informationsübermittlung an. Davon betroffen wäre eine beträchtliche Zahl mutmaßlicher Fluchthelfer.
Europol führt eine Datensammlung namens "Checkpoint", in der bereits 30.000 Personen wegen angeblicher "Schleusungskriminalität" gespeichert sind. Es liegt auf der Hand, dass die meisten der Verdächtigen selbst Geflüchtete sind, die für die Übernahme bestimmter Tätigkeiten auf der Flucht von den Helfern Vergünstigungen erhalten. Vor Strafverfolgung schützt das indes nicht: Auch wer bei der Überfahrt mit dem Schlauchboot mit der Familie am Außenbordmotor sitzt, wird als "Schlepper" oder "Schleuser" behandelt und vor Gericht gestellt.
Der Einsatz von Kriminalpolizei, Staatsanwälten und Geheimdiensten gegen unerwünschte Migration illustriert einen Paradigmenwechsel in der Behandlung globaler Migrationsströme. Geflüchtete werden auf diese Weise zunehmend als "Opfer" von Fluchthelfern dargestellt. So heißt es auch in einem Werbevideo von Europol zur Errichtung des neuen Anti-Schmuggler-Zentrums, dass dieses der Bekämpfung einer "humanitären Krise" dienen soll. Die "Katastrophe" besteht jedoch darin, dass viele Fluchtwillige durch die Aufrüstung der EU-Außengrenzen zu immer risikoreicheren Routen gezwungen werden, was zu immer mehr Toten führt und schließlich die Tarife der Fluchthelfer in die Höhe treibt.