Exklusiv: So haben die EU-Staaten ihren Gas-Notfallplan zum Scheitern gebracht

Verordnung sollte die EU gegen einen Lieferstopp aus Russland wappnen. Doch viele Staaten traten effektiven Regeln entgegen. Ein internes EU-Dokument macht nun das Ausmaß des Streits deutlich.

Der Notfallplan der EU für den Fall einer drohenden Gaskrise im Herbst und Winter ist auf Druck einiger Mitgliedsstaaten stärker abgeschwächt worden als bisher bekannt war. Das geht aus dem jüngsten internen Entwurf für eine Ratsverordnung "über koordinierte Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage" (GS-VO) hervor, der Telepolis exklusiv vorliegt. Das Dokument war in der vergangenen Woche unter Hochdruck erarbeitet worden und hatte unter den EU-Mitgliedsstaaten massive Debatten provoziert.

Vor allem der Versuch der EU-Kommission, verpflichtende Gas-Sparziele festzulegen, war auf Widerstand gestoßen. Letztlich scheiterte dieses Vorhaben in seiner ursprünglichen Form an der Gegenwehr meist südeuropäischer Staaten, aber auch Frankreichs.

Die Bundesregierung hingegen konnte sich mit ihren ambitionierten Zielen nicht durchsetzen. Deutschen Diplomaten waren nach eigenen Angaben mit der Vorgabe in die Gespräche am Freitag vergangener Woche und am Montag dieser Woche gegangen, ein Einsparziel von 20 Prozent auszuhandeln. Am Ende einigten sich die Delegationen nach heftigem Streit auf 15 Prozent.

In der internen, dritten Überarbeitung der Verordnung wird nun klar: Auch an anderen Stellen des Dokuments wurden die ursprünglichen Ziele abgeschwächt. Das ist auch eine Teilniederlage für die tschechische Ratspräsidentschaft, die bei den Sitzungen des Ausschusses der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (AStV) hinter verschlossenen Türen vor einer drohenden Notlage gewarnt hatte. Sie appellierte laut Gesprächsprotokollen "eindringlich" an die Mitgliedsstaaten, ein "Signal der Einigkeit und der Solidarität auszusenden". Die Gaslieferungen aus Russland könnten jederzeit komplett eingestellt werden.

Die dritte Überarbeitung des Verordnungstextes ist nun ein Ergebnis der Beratungen im AStV am Montag und wurde von einem sogenannten Sonderenergierates am Dienstag dieser Woche abgesegnet. "Die wichtigste noch offene Frage unter den Mitgliedsstaaten war die Berücksichtigung nationaler Besonderheiten", heißt es nun in einem internen EU-Dokument, das die Debatte zusammenfasst und das Telepolis ebenfalls vorliegt. Mehrere Mitgliedsstaaten hätten "Vorbehalte hinsichtlich eines zu hohen Zielwerts für die verpflichtende Nachfragesenkung" geltend gemacht.