Exklusiv: So haben die EU-Staaten ihren Gas-Notfallplan zum Scheitern gebracht

Seite 2: EU-Gas-Notfallplan: freiwillig, freiwillig, freiwillig …

Dreizehnmal kommt in dem Verordnungstext, der in der deutschen Übersetzung 23 Seiten umfasst, nun das Wort "freiwillig" vor. Nur einmal davon wird der nicht verbindliche Charakter der Einsparziele problematisiert. An dieser Stelle heißt er: "Ein Unionsalarm sollte nur ausgerufen werden, falls sich die Maßnahmen zur freiwilligen Nachfragereduzierung als unzureichend erweisen, um dem Risiko eines schwerwiegenden Versorgungsengpasses zu begegnen."

Aus dem internen EU-Dokument: Das gefettete "freiwillig" wurde hier noch eingefügt.

In mehreren Passus aber sind ursprünglich verbindliche Ziele in optionale Regelungen geändert worden. So wurde das Wort "freiwillig" in der Präambel des dritten Entwurfs in eine zentrale Aussage eingefügt: "Bei der Höhe der freiwilligen Nachfragereduzierung sollte den Gasnachfragemengen Rechnung getragen werden, die im Falle einer vollständigen Einstellung der russischen Gaslieferungen nicht geliefert würden."

Über eine weitere Einschränkung hatten mehrere Nachrichtenagenturen in dieser Woche bereits berichtet: Der ursprüngliche Plan, nach dem die EU-Kommission im Fall der befürchteten vollständigen Einstellung der russischen Gaslieferungen einen "Unionsalarm" auslösen kann, konnte nicht durchgesetzt werden. Der "Unionsalarm" hätte zur Folge gehabt, dass das grundsätzliche Einsparziel von 15 Prozent des Gaskonsums im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch der letzten fünf Jahre zwingend wird.

Stattdessen übertrugen die Vertreter der Mitgliedsstaaten diese Entscheidungsmacht dem Europäischen Rat, also sich selbst. Damit dürfte ein obligatorischer Sparplan in weite Ferne rücken: Telepolis hatte schon am Dienstag unter Berufung auf beteiligte Diplomaten berichtet, dass sich eine große Ländergruppe gegen eine Pflichtregel gewehrt und Ausnahmeregelungen gefordert hatte; darunter neben der mächtigen französischen Delegation auch Belgien, Griechenland, Italien, Malta, die Slowakei, Spanien und Portugal.

In einem Einschub des jüngsten Entwurfs heißt es dazu: "Bei der Übertragung einer Durchführungsbefugnis an den Rat wird der politischen Natur des Beschlusses, eine Verpflichtung zur unionsweiten Nachfragesenkung auszulösen, und den horizontalen Auswirkungen für die Mitgliedstaaten gebührend Rechnung getragen."