Exklusiv: So haben die EU-Staaten ihren Gas-Notfallplan zum Scheitern gebracht
Seite 3: Massive Einschränkungen bei Pflichtregelung und "Unionsalarm"
- Exklusiv: So haben die EU-Staaten ihren Gas-Notfallplan zum Scheitern gebracht
- EU-Gas-Notfallplan: freiwillig, freiwillig, freiwillig …
- Massive Einschränkungen bei Pflichtregelung und "Unionsalarm"
- Geltungsdauer des Notfallplans begrenzt
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Offensichtlich wird der Widerstand zahlreicher EU-Mitgliedsstaaten gegen ein gemeinsames und verpflichtendes Vorgehen angesichts einer drohenden Gaskrise auch in einem anderen Textanschnitt, dem umkämpften Artikel 5 der Verordnung, der die Pflichtregeln behandelt. Dieses Thema war in der Präambel und im Verordnungstext um jeweils mehrere einschränkende Einschübe ergänzt worden.
Einige Mitgliedstaaten seien "aufgrund ihrer spezifischen geografischen oder physischen Situation nicht in der Lage, erhebliche Mengen an Pipelinegas für andere Mitgliedstaaten freizugeben", ist in der aktuellen Version der Verordnung zu lesen. Diesen Staaten "sollte daher die Möglichkeit eingeräumt werden, einen Grund oder mehrere Gründe für die Beschränkung der Verpflichtung zur Nachfragereduzierung geltend zu machen".
Es folgt erneut eine nachträgliche Relativierung des ursprünglichen Textes. Den Mitgliedstaaten sollte es freistehen, welche geeigneten Maßnahmen zur Erreichung der Nachfragesenkung sie wählen, heißt es in der "Gas-Verordnung" oder "GS-VO".
Ursprünglich sollten die EU-Staaten bei der Ermittlung geeigneter Maßnahmen zur Nachfragesenkung und bei der Priorisierung von Kundengruppen an den Maßnahmenkatalog "Gaseinsparungen für den Winter" vom 20. Juli 2022 gebunden werden. Nun findet sich an der Stelle ein Zusatz: Die Staaten müssen die definierten Maßnahmen demnach nur noch "in Erwägung ziehen".
Ausgenommen von den Sparzielen sind zudem nun EU-Mitgliedsstaaten, deren Stromnetz "nur mit dem Elektrizitätssystem eines Drittlandes synchronisiert" ist und die Zulieferungen aus dieser Quelle verliert. Gleiches gilt für Gasnetze, solange der betreffende EU-Staat "nicht direkt mit einem Gasverbundnetz eines anderen Mitgliedsstaates verbunden ist".
Diese Regelungen nehmen die baltischen Staaten Estland. Lettland und Litauen de facto von der GS-VO aus – sie sind weitgehend von Strom- und Gaslieferungen aus Russland abhängig.