Explosion des Strompreises: Extraprofite für Energiekonzerne

Konstruktion des Strommarktes sorgt für massive Preissteigerung. Hoher Gaspreis verschafft Betreibern von Kohle- und Atomkraftwerken ansehnlichen Gewinnzuwachs.

Nach den Verwerfungen auf den Gasmärkten steht den Verbrauchern ein weiterer Preisschock bevor. Nicht nur die Gaspreise steigen massiv in die Höhe, auch der durchschnittliche Strompreis für Haushaltskunden ist inzwischen (Zahlen vom Juli 2022) bei 37,30 Cent pro Kilowattstunde angekommen.

Gegenüber dem Durchschnitt für 2021 ist das eine Steigerung um 16 Prozent, und das, obwohl zwischenzeitlich die EEG-Umlage wegfiel, die im vergangenen Jahr noch 6,5 Cent pro Kilowattstunde betrug. Dabei scheint das Ende der Fahnenstange scheint noch immer nicht erreicht.

Schuld daran ist vor allem das Verfahren, mit dem an der Leipziger Börse der Strompreis bestimmt wird. Das sorgt nämlich dafür, dass der hohe Gaspreis auch auf den Strom aus anderen Kraftwerken durchschlägt. Der an der Börse zu bezahlende Preis richtet sich jeweils nach dem Angebot des teuersten Kraftwerks, das zu einem bestimmten Zeitpunkt gerade noch benötigt wird.

Aufgrund des massiv gestiegenen Gaspreises sind dies insbesondere morgens und abends die Gaskraftwerke, wenn der Bedarf noch hoch ist, aber Solaranlagen wenig oder nichts liefern. Damit verteuert der hohe Gaspreis auch den anderen Strom und beschert den Betreibern von Kohlekraftwerken einen prächtigen Zusatzgewinn.

Vergangene Woche musste an der Leipziger Börse vereinzelt bis zu 85 Cent pro Kilowattstunde gezahlt werden. Aber die Ursache ist nicht der hohe Gaspreis selbst, sondern die oben beschriebene, für den Verbraucher teure, aber den Betreiber von schmutzigen Braunkohlekraftwerken äußerst einträglich Konstruktion des Strommarktes.

Es ist also so bequem wie simplifizierend, für die Preisentwicklung allein die russische Regierung verantwortlich machen zu wollen. Doch natürlich hat diese Erklärung den Vorteil, dass weder nach eigenen Versäumnissen geschaut werden muss, noch allzu viel Gedanken über Gegenmaßnahmen nötig erscheinen, solange das Publikum durch den äußeren Feind abgelenkt ist.

Regenerative Energien sträflich vernachlässigt

So muss man sich denn auch keine Gedanken darüber machen, welche Rolle bei dem ganzen Dilemma der verschleppte Umstieg auf Sonne, Wind und andere regenerative Energiequellen spielen könnte. Der Ausbau der Biogasnutzung ist zum Beispiel fast zum Erliegen gekommen. Dabei hätte man, um die ungeliebten und unökologischen Maiswüsten zu vermeiden, gezielt die Nutzung von Blühpflanzen und vor allem die Verwertung von Abfallstoffen fördern können.

Es hätte auch dafür gesorgt werden können, dass das Biogas und die Biogaskraftwerke gezielt für den Spitzenbedarf eingesetzt werden. Bis zu 46 Prozent des in diesem Bereich meist verfeuerten Erdgases könnte durch Biomasse ersetzt werden, hat kürzlich eine Studie des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie sowie des Deutschen Biomasseforschungszentrums ergeben.

Auch im Wärmebereich, in dem mit Gas betriebene Kraftwerke eine große Rolle spielen, lassen sich erneuerbare Energieträger weit aus mehr als bisher nutzen. Die verschiedenen Bundesregierungen haben es hingegen vorgezogen, den Einbau von Gasheizungen zu fördern, was deren Nutzerinnen und Nutzern jetzt auf die Füße fällt.

Mittels sogenannter Solarthermie, das heißt, der direkten Nutzung der Wärme der Sonneneinstrahlung, lässt sich zum Beispiel nach Angaben des Bundesverbandes der Solarwirtschaft inzwischen schon für unter fünf Cent pro Kilowattstunde Energie in Fern- und Nahwärmenetze einspeisen. Dennoch liegt der Beitrag der Sonnenwärme in diesem Sektor eher im Promillebereich.

Immerhin hat der Bund nun ein Programm aufgelegt, das den Einstieg der Stadtwerke und anderen Wärmeanbieter ins Sonnenenergiezeitalter mit drei Milliarden Euro fördert. Immerhin. Wenn denn auch noch die für den Anschluss neuer Wind- und Solaranlagen notwendige Bürokratie eingedampft würde und nicht mehr Solaranlagen daran gehindert würden, ihre volle Leistung ins Netz einzuspeisen, könnte vielleicht tatsächlich mehr Gas überflüssig gemacht werden.