FBI erreichte Überwachung eines Trump-Mitarbeiters mit unglaubwürdigem Dossier
Comey kritisiert Freigabe des Nunes-Memos als schädlich für das Vertrauen in die Geheimdienste
Gestern genehmigte US-Präsident Donald Trump eine zuvor vom Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses beschlossene öffentliche Freigabe eines Memos, in dem der republikanische Geheimdienstausschussvorsitzende Devin Nunes Erkenntnisse zur Überwachung von Trumps Wahlkampfberater Carter Page durch das FBI zusammenfasst.
Anhand der Art und Weise, wie diese Überwachung zustande kam, diagnostiziert Nunes einen "besorgniserregenden Zusammenbruch der rechtlichen Prozeduren, die das amerikanische Volk vor Missbrauch" schützen sollen. Grund dafür ist, dass die Bundespolizei relevante Informationen zu einem Dossier verschwiegen haben soll, als sie sich die Überwachung vom Geheimgericht Foreign Intelligence Surveillance Court (FISC) genehmigen ließ. Besagtes Dossier stammt vom ehemaligen MI6-Mitarbeiter Christopher Steele, der sich dafür von der Demokratischen Partei bezahlen ließ, was das FBI dem FISC nicht mitteilte.
Unbelegt aber aufmerksamkeitstauglich
Steele behauptete in dem Papier, das sich teilweise liest wie ein Artikel aus Praline oder Bento, die Russen könnten Trump mit einem Video erpressen, auf dem zu sehen sei, wie der Milliardär in einem Hotelzimmer in Russland, in dem vor ihm die Obamas übernachteten, mit Prostituierten eine Golden-Shower-Orgie feiert (vgl. Trump, die Russen und "goldene Duschen"). Beweise für diese Behauptung (die der "Keimphobiker" Trump entschieden bestritt) legte der ehemalige MI6-Agent nicht vor. Dafür gestand er einem Vertreter des amerikanischen Justizministeriums, er wünsche sich "leidenschaftlich", dass der Republikaner bei der Präsidentschaftswahl im November 2016 unterliegen werde.
Trump meinte zum Inhalt des Memos, es sei "eine Schande, was in den USA alles möglich ist" und "eine Menge Leute sollten sich schämen". James Comey, der dem FBI damals vorstand und von Trump entlassen wurde, kritisierte dagegen die Freigabe, weil diese das Vertrauen in die Geheimdienstarbeit beschädigen könne. Die Demokraten, die durch die Finanzierung des Steele-Dossiers ebenfalls in der Kritik stehen, verwiesen auf einen Konkurrenten Trumps aus der republikanischen Partei, der das Dossier während der Vorwahlkampfzeit initiiert habe, und darauf, dass es nicht die alleinige Grundlage der Genehmigung der Überwachung durch den FISC gewesen sei.
Auswirkungen auf Rosenstein und Sonderermittler Mueller?
Für den Fall, dass der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein, dem das Memo eine Beteiligung an der Verlängerung der Überwachung von Page vorwirft, entlassen wird oder den im Mai 2017 eingesetzten Russland-Sonderermittler Mueller entlassen sollte, drohen demokratische Politiker mit einer "Verfassungskrise". Trump macht bislang allerdings keine Anstalten, solche Schritte zu unternehmen und verhandelt mit Mueller über die Konditionen einer persönlichen Aussage, bei der es der New York Times nach darum gehen soll, worüber sein gleichnamiger Sohn bei einem Treffen mit der russischen Anwältin Natalia Weselnizkaja im Trump Tower 2016 sprach: Lediglich über russischen Adoptionsrichtlinien - oder auch über Hillary Clinton.
Weil die Demokraten (bislang ohne nähere Erläuterungen dazu) argumentieren, das Nunes-Papier sei unvollständig und deshalb irreführend, möchten sie nun ein eigenes Memo mit bislang geheimen Informationen zusammenstellen und veröffentlichen. Ein Sprecher von Paul Ryan verlautbarte gegenüber The Hill, der republikanische Repräsentantenhaussprecher werde die Veröffentlichung solch eines Gegen-Memos genehmigen, wenn darin keine "Quellen" und "Methoden" der geheimdienstlichen Informationsgewinnung preisgegeben werden.
ACLU fordert Freigabe der Originaldokumente
Die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) zeigte sich wegen der anscheinend eher locker gehandhabten Genehmigungsbeantragung und -prüfung einer Überwachung besorgt und fordert weitere Informationen dazu. Ihr stellvertretender Direktor Christopher Anders sagte Reason, anstatt dass sich die eine und die andere Seite in Memos jeweils das herauspickt, was ihr genehm ist, sollten die Amerikaner die Möglichkeit haben, die Originaldokumente und Rohdaten einzusehen, die diesen Memos zugrunde liegen.
Der libertäre Senator Rand Paul, der mit einer Filibusterrede vergeblich versucht hatte, den Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) zu verhindern, der den Geheimdiensten Überwachungen wie die von Page erlaubt, forderte den Kongress dazu auf, dafür zu sorgen, dass solche Fälle in Zukunft nicht mehr vorkommen können. Das sei man den Amerikanern und dem Vierten Verfassungszusatz schuldig. Unterstützt wird er dabei von seinem republikanischen Parteifreund Justin Amash aus Michigan, dessen Überwachungsreformvorschlag bislang keine Mehrheit fand.