Facebook-Löschungen: Manufacturing Consent

Seite 2: Begründungen politischer Löschungen

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Facebooks offizielle Begründung für die Löschungen: Die Betreiber hätten "politisch orientierten Spam, Propaganda und Clickbait-Artikel" verbreitet. Dass die Löschungen politisch motiviert sind, streitet Facebook nicht einmal ab. Fälle von gelöschten Clickbait-Schleudern und Spammern aus dem Entertainment-Bereich wurden hingegen nicht bekannt. Die Löschungen betreffen ausschließlich politische oppositionelle Publikationen wie "Antimedia" (2,1 Mio. Follower), "Free Thought Project" (3,1 Mio.), "Police the Police" (gegen Polizeigewalt, 1,9 Mio.), "Cop Block" (1,7 Mio.). Filming Cops" (1,4 Mio.), "Get Involved, You Live Here" (360.000) "Nation in Distress" (3,2 Mio.) oder "Reverb Press" (700.000).

Unter den gelöschten Seiten ist auch "Reasonable People Unite" (übersetzt: "Vernünftige Leute, vereinigt Euch"), die mit 8 dazugehörigen Seiten auf 2,25 Millionen Abonnenten kam. Ihr Betreiber Chris Metcalf erklärte:

"Ich würde liebend gern Facebooks Richtlinien erfüllen - wenn ich bloß wüsste, was genau sie sind. Ich bin ein legitimer politischer Aktivist. Ich habe keinen Clickbait Blog. Ich habe keine Fake News Website. Und ich habe nichts anderes getan als alle anderen Seiten in diesem Bereich auch tun."

Metcalf spricht damit einen weiteren Aspekt an: Es gibt keinen Rechtsweg, um sich gegen die Löschung aus der demokratischen Öffentlichkeit zu wehren, und keinen Rechtsanspruch auf gleiches Recht für alle. Fakebook, Google und Twitter sind kafkaseske Schlösser, in denen kafkaeske Prozesse laufen.

Screenshot: Jörg Gastmann

Wie absurd Facebooks Vorwürfe sein können, demonstrierte recht anschaulich die Verwarnung der texanische Lokalzeitung "Liberty Country Vindicator" im Juli 2018. Facebook behauptete, dass die von ihr gepostete Unabhängigkeitserklärung der USA "Hate Speech" sei und gegen die Richtlinien verstoße.

Facebook wirft den gelöschten Seitenbetreibern vor, "mit neugierig machenden Überschriften Nutzer dazu zu bringen, auf Links zu Artikeln ihrer Websites zu klicken, die wiederum Werbung enthielten". Noch dazu würden sie mit ihrer Marketing-Taktik ihre Reichweite künstlich zu steigern versuchen. Das heißt: Die gelöschten Seiten wenden genau die gleichen Content-Marketing-Methoden wie jede Zeitung an - deren Websites allesamt mit Werbung gefüllt sind.

Wer definiert die Grenze zwischen Propaganda, Meinung und Wahlkampf?

Die Encyclopaedia Britannica definiert:

Propaganda ist die ... systematische Bemühung, die Überzeugungen, Haltungen oder Handlungen anderer Menschen durch Symbole (Worte, ... usw.) zu manipulieren. Absichtlichkeit und eine relativ starke Betonung der Manipulation unterscheiden Propaganda von üblicher Konversation oder dem freien und einfachen Austausch von Ideen. Der Propagandist hat ein bestimmtes Ziel .... Um diese zu erreichen, wählt er absichtlich Fakten, Argumente und Darstellungen ... aus und präsentiert sie auf eine Weise, von der er denkt, dass sie die größte Wirkung hat. Um die Wirkung zu maximieren, kann er relevante Fakten weglassen oder sie verzerren, und er könnte versuchen, die Aufmerksamkeit der Leute, die er zu beeinflussen versucht von allem außer seiner eigenen Propaganda abzulenken.

(Encyclopaedia Britannica)

Diese Definition erfüllen Wahlplakate, politische Websites, politische Sendungen / Nachrichtensendung und politische Talk Shows, aber auch viele private Unterhaltungen über Politik.

"Fake News"-Sperrung: Eine Frage der Macht

Bei Facebook, YouTube und Twitter gelten "Fake News" als ein Hauptgrund für Löschungen und Sperrungen. Aber wer verbreitet Fake News, und wer entscheidet, was unter diese Kategorie fällt? Trotz zigfach nachgewiesener Fake News würden Facebook und Twitter unter keinen Umständen den Account von Donald Trump löschen. Löschungen und Toleranz von Fake News veranschaulichen, wer Macht hat und wer nicht. Wenn Regierungssprecher Steffen Seibert behauptet: "Es hat nie eine massenhafte Überwachung gegeben", würden Facebook und Twitter niemals seinen Account sperren, oder den der Bundesregierung.

Wie Professor Mausfeld erläuterte, "üben die Medien keine wirkliche Machtkritik, klären über die tatsächlichen Zentren der Macht nicht auf und haben den Begriff "Fake News" eingeführt, um das Monopol auf das eigene "Falschgeld" zu bekräftigen. Die "Qualitätsmedien" erklären sich zur Bundesbank für Informationen." Alles, was sie nicht selbst zertifizieren, nennen sie falsch.

Beispiele:

Kein Bürger versteht, warum die Abgastest-Manipulation der Automobilindustrie nicht § 263 "Betrug" des Strafgesetzbuches erfüllen und kein Täter strafrechtlich verfolgt werden soll. Tagesschau, heute, Süddeutsche Zeitung, Spiegel & Co. verbreiten die Fake News, man könne in Deutschland den Herstellern keine Nachrüstung auf deren Kosten abverlangen. Sie verbreiten die Falschmeldung, Hardware-Umrüstungen seien nicht möglich. Dass dies in den USA nach größerem politischen Druck eben doch möglich ist, verschweigen sie.

Dass die Hälfte der Ukrainer eine positive Haltung zu Russland hat, würde die Tagesschau nie berichten. Das Gut-und-Böse-Schema in Syrien verbreiten die Leitmedien undifferenziert und manipulativ weiter.

Prof. Ulrich Teusch ("Lückenpresse: Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten") und Jens Wernicke ("Lügen die Medien") bieten hierzu reichlich Fakten. Die London School of Economics stellte am Beispiel Großbritannien und Jeremy Corbyn fest: Die Medien wurden "vom Wachhund zum Kampfhund".

Wer definiert mit welchem Recht die Grenzen?

Wo liegt die Grenze zwischen zulässiger Meinungsfreiheit, Wahlkampfunterstützung und unzulässiger Propaganda, und wer hat das Recht, diese Grenzen für alle zu definieren? Richard Stengel, unter Barack Obama Staatssekretär für Öffentlichkeitsarbeit im Außenministerium und ehemaliger Herausgeber des Time Magazine, erklärte bei der Podiumsdiskussion des "Council on Foreign Relations": "Ich war das, was die Leute scherzhaft den Chef-Propagandisten des Außenministeriums nannten. Ich habe nichts gegen Propaganda. Jedes Land macht es, und sie müssen es gegenüber ihrer eigenen Bevölkerung tun. Das ist nicht notwendigerweise schlecht." (Anmerkung: Man beachte seine Reaktion auf die kritische Nachfrage über das Narrativ der Medien).

Es gibt kein Argument für die Löschung und Sperrung systemkritischer Seiten, Gruppen und Nutzer, so lange sie keine Straftaten begehen.

In Zukunft eine öffentliche Infrastruktur?

Facebook, YouTube und Twitter stecken in einer Zwickmühle: Entweder beugen sie es sich den Mächtigen, ruinieren ihren Ruf noch weiter, und vergraulen die politisch interessierten "Heavy User" an vk, Vimeo, tumblr oder diasporafoundation.org. Übrig bleiben irrelevante Entertainment-Portale.

Oder sie vertreten die Interessen ihrer Nutzer und lassen kritische Inhalte zu. Dann droht ihnen die Sperre durch die US Regierung und die gleiche Reichweite wie in China.

Als Demokrat muss man die Meinungsfreiheit auch politischen Gegnern gestatten - sonst ist man kein Demokrat. Facebook, Twitter und YouTube sind private Eigentümer der einflussreichsten "Debattenräume" der Demokratie. Mit ihren politischen Säuberungen werfen sie die Frage auf, ob das noch hinnehmbar ist. Facebook ist mittlerweile fast so groß und so strukturiert wie ein zweites Internet. YouTube ist quasi das Video-Internet. Die Alternative dazu ist die Umwandlung in eine öffentliche Infrastruktur, unter demokratischer Kontrolle, mit Selbstverständlichkeiten wie Rechtsweg, Verbraucherschutz und persönlich erreichbaren Servicemitarbeitern. Welche Partei traut sich das?

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