Farbenspiele in Schleswig-Holstein

Seite 2: Auf Abstand zur Sozialdemokratie

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Bei denen stößt sie dabei auf offene Ohren. Denn die Spitze der Grünen versucht schon lange, zur SPD auf Abstand zu gehen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass die Grünen nur mit der SPD koalieren können. Die Zahl der Publizisten und Politikberater aus dem grünen Milieu wächst, die in schwarz-grün ein Zukunftsmodell für den in diesen Kreisen so hochgepriesenen sozialökologischen Umbau sehen. Mit der knappen Wahl des Spitzenduos vom konservativen Parteiflügel sind solche Pläne realistischer geworden.

Mit Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt sind zwei Personen gewählt worden, die beide ein Bündnis mit der Union als eine Option sehen. Ihre Wahl wurde auch als Signal gesehen, dass ein schwarz-grünes Bündnis auch bundesweit mehr Chancen denn je hätte, wenn es die Wahlergebnisse erlauben.

Für einige Wochen geriet dieses Konzept in die Krise, als sich die SPD mit ihren neuen Vorsitzenden Schulz als Regierungsalternative zur Merkel-CDU in Stellung brachte. Verschiedene Kommentatoren sprachen schon vom Pech der Grünen, die auf ein Bündnis mit der Union hinarbeiteten, während Schulz sich anschickte, der SPD neues Selbstvertrauen einzuhauchen. Nur ist von diesem vielzitierten Schulz-Effekt bei den letzten Landtagswahlen wenig zu spüren gewesen und so könnten sich die Grünen wieder ihrem alten Konzept zuwenden.

Der bei der Wahl des Spitzenduos knapp unterlegene Robert Habeck könnte nun in Schleswig-Holstein dieses Bündnis realisieren. Inhaltliche Differenzen dürften dabei keine Hürde stellen. Die Union muss fürchten, dass ihr mancher Grüner Konkurrenz machen könnte, beim Wettbewerb "Das wird man doch noch sagen dürfen."

Der wegen populistischer Stimmungsmache schon mal bei Facebook gesperrte Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer sorgt im eigenen Milieu für Irritationen, seit er so postet, wie man sonst eher von der AfD erwartet hat. Nun will er auch noch das Parteitag der Grünen die Flüchtlingspolitik kompatibel für Konservative machen. Da muss die Union eher fürchten, dass ihr ein Grüner zu ähnlich wird.

Was ist sozialliberal?

Die Palmers und Habecks bei den Grünen lassen sich nicht in irgendwelche politischen Koordinatensysteme einordnen. Sie können sich ökosozial oder sozialliberal nennen. Diese Begriffe haben keine inhaltliche Relevanz. Es soll nur irgendwie modern klingen. Gerade nach der Wahl von Macron in Frankreich erlebt plötzlich das Adjektiv "sozialliberal", das in Deutschland während der SPD-FDP-Regierungen Konjunktur hatte, wieder ein Comeback.

Der Begriff ist eine Hülle ohne Inhalt und soll Macron vom Vorwurf des Wirtschaftsliberalismus freisprechen. Gerade in einer Zeit, wo sich der lange Zeit in der Versenkung verschwundene Peter Hartz wieder zu Wort meldet will man mit Begriffen Ideologie transformieren.

Mag der Begriff also ohne Inhalt sein, so ist er dennoch wirkmächtig. Unter das Label "sozialiberal" könnten sich die Macron-Unterstützer von Cohn-Bendit bis Valls stellen und so eine neue Bewegung aus dem Boden stampfen, die keine Inhalte hat, was niemanden stört. Schließlich geht es ja nur darum, die Parlamentswahlen in Frankreich zu gewinnen.

Dass damit das was von der Sozialdemokratie noch übrig geblieben ist, entsorgt werden soll ist offensichtlich aber nicht zu bedauern. Da zeigt sich, dass es vom Kandidaten der Linken, Mélenchon, richtig war, sich nicht mit einer toten Sozialdemokratie zu verbinden. So besteht noch die Chance, eine neue Linke aufzubauen und nicht den Rechtspopulisten die Oppositionsrolle zu überlassen.