Feuer in Afrika - zwischen Tod und Erneuerung
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Afrikanische Kleinbauern zünden regelmäßig ihre Felder an. Im Gegensatz zu den Bränden in Amazonien und Australien nutzen einige dieser Feuer auch den Ökosystemen
Ob am Mittelmeer, in der sibirischen Taiga, in südasiatischen Monsun- und Trockenwäldern, in kalifornischen Nadelwäldern oder in australischen Eukalyptuswäldern - in rund Dreiviertel aller globalen Lebensräume bricht regelmäßig Feuer aus. Alle Jahre wieder brennt es auch in Afrika.
Der Kontinent gilt als entzündlichste Region der Welt und ist damit für 70 Prozent der jährlich verbrannten Erdoberfläche verantwortlich, weiß der Ökologe William Bond von der Universität Kapstadt. Auch im letzten Jahr stieg von vielen Hügelketten im südlichen Afrika Rauch auf. Im August/September 2019 zog sich ein Feuerband von Angola durch den Kongo, über Tanzania und Mosambik bis nach Madagaskar. Allein in Angola wurden 7.000 Brände gezählt, im Kongo waren es etwa 3.000, in Sambia 1.000.
In vielen Regionen sind Feuer ein alljährliches Phänomen der Trockenzeit. Sie gehören zum Ökosystem dazu, denn sie erneuern die Natur. Die Asche wirkt wie Dünger, die verbrannte Erde sorgt für neue Nährstoffe und Keime. Das Feuer fegt durch niedriges Buschland, Graslandschaften, Savannen und Feuchtgebiete.
Es schafft neuen Lebensraum und sorgt für eine ökologische Verjüngung des Baumbestandes. Im Busch beseitigen intensive Brände alte und kranke Bäume. Nach den Feuern ist die Savanne innerhalb weniger Wochen wieder grün, die Bäume schlagen aus, neue Büsche keimen.
Manche Arten sind sogar auf Feuer angewiesen
Die Savannenbäume sind an Feuer gewöhnt, erklärt die südafrikanische Botanikerin Sally Archibald. Und manche Arten sind sogar auf Feuer angewiesen. Entweder entwickeln sie eine natürliche Widerstandsfähigkeit gegen Feuer, oder sie können sich nach einem Brand leichter erholen. Manche Pflanzen blühen überhaupt erst nach einem Wildfeuer.
Andere Säugetier-, Vogel- und Ameisenarten brauchen ungleichmäßig offene Landschaften, die bei einem Brand entstehen. Die Wurzeln der Savannenpflanzen können sich nach dem Feuer schnell regenerieren. Das wiederum lockt Tiere an. Auch manche Greifvögel machen sich das Feuer zunutze, weil Tiere, die vor dem Feuer flüchten, leichter zu schlagen sind.
So wurden Störche dabei beobachtet, wie sie in der Nähe von Buschfeuern dicht hinter der Feuerwand den verbrannten Boden nach toten Insekten, Schlangen, Eidechsen und Kleinsäugern absuchten.
Vom Feuer geformte Landschaften
Das Ökosystem der Savanne entwickelte sich im Känozoikum im Laufe der letzten 66 Millionen Jahre. Damals war der Boden von einer gut ausgebildeten Grasschicht bedeckt, wobei Gräser erst in der letzten Kreidezeit vor 44 Millionen Jahren fossil nachgewiesen wurden. Weil sich die oberidisch absterbende Blattmasse leicht entzündet, vermutet man, dass auch Blitzschläge, die durch Feuer ausgelöst wurden, bei ihrer Entstehung eine Rolle spielten.
Auf Grund ihrer Wuchsform schadet das Feuer den Gräsern weniger als den Holzpflanzen. In Afrikas Savannengürteln brechen sehr häufig Feuer aus, nur wenige Gebiete darin bleiben verschont. Man geht davon aus, dass die Savanne in ihrer heutigen Form deshalb existiert, weil Menschen in den letzten 100.000 Jahren Feuer gelegt haben.
Ohne die häufigen Brände wäre die Savanne vermutlich von dichten Wäldern bewachsen. So brennen in der Trockenzeit von Oktober bis April die ausgedörrten Gräser großflächig ab, wobei auch junge Bäume zerstört werden. Nur wenn ein Baum hoch genug und sein Stamm dick genug ist, überlebt er die Feuer.
Brandrodungen unter Kontrolle?
Zwar brennt es in afrikanischen Wäldern weniger häufig als in den Savannen. Dafür werden die Brände in den Wäldern zumeist gezielt gelegt, zum Beispiel, um Platz für Tierweiden oder Palmöl-Plantagen zu schaffen. Durch systematische Rodungen wird im Kongo Platz für Viehweiden sowie den Anbau Soja und Ölpalmen gewonnen, aber auch für den Abbau von Rohstoffen.
Doch die Wälder werden auch angezündet, um fliehende Wildtiere leichter erlegen zu können. Einer Studie aus Westafrika zu Folge brannten Gebiete, in denen Viehzüchter Feuer gelegt hatten, acht Mal in elf Jahren. Sie waren verantwortlich für eine immense Luftverschmutzung: Von 2001 bis 2009 sollen diese Brände 44 Prozent aller durch globale Feuer entstandenen Kohlendioxidemissionen verursacht haben.
Bei den Bränden in Angola handele es sich um kleinere Brandrodungen, zumeist auf Ackerflächen, erklärte Paula Francisca Coelho im August 2019 im Interview mit DW. Diese würden traditionell von der Landbevölkerung vorgenommen, um die Felder für die nächste Saison vorzubereiten, so die angolanische Umweltministerin. Von Waldbränden wisse sie nichts. Immerhin räumte Coelho ein, dass die Brandrodungen nicht unproblematisch sind und kündigte Aufklärungskampagnen seitens der Regierung an.
Kongobecken in Gefahr
Weltweit umfassen die Regenwälder eine Fläche von 3,3 Millionen Quadratkilometern, etwa ein Drittel davon in der Demokratischen Republik Kongo, in Gabun, Kamerun und der Zentralafrikanischen Republik. Ähnlich wie am Amazonas, speichern auch die Wälder des Kongobeckens tonnenweise Kohlendioxid. Nach Angaben von Global Forest Watch Fires gab es im Kongo seit dem 1. Juli 2019 fast eine Million Brandherde.
Greenpeace zufolge liegen viele der Brände außerhalb sensibler Regenwaldgebiete. Klimawandel und industrielle Aktivitäten erhöhen die Gefahr von Waldbränden, erklärt Irène Wabiwa Betoko, Waldexpertin von Greenpeace in Kinshasa.
Zwar seien die Brände hier zwar kleiner als die am Amazonas, ergänzt Alphonse Muhindo, dennoch gerieten künstlich gelegte Feuer immer wieder außer Kontrolle. Der Experte für Forstverwaltung in der Demokratischen Republik Kongo hält daher entsprechende Aufklärungskampagnen in der Bevölkerung für absolut notwendig.
Immer wieder zünden an den Waldrändern siedelnde Kleinbauern die Vegetation auf ihren Feldern an, oft mit katastrophalen Folgen: Einmal außer Kontrolle geraten, drohen die Feuer auf das Kongobecken überzugreifen. Der zweitgrößte Regenwald der Welt dünnt immer mehr aus und wird immer verletzlicher. Dazu kommt, dass immer mehr Zufahrtsstraßen in die Wälder hinein gebaut werden, an denen immer mehr Menschen siedeln.
Im Kongobecken gehen jedes Jahr 15.000 Quadratkilometer Wald - eine Fläche so groß wie Schleswig-Holstein - durch Holzeinschlag verloren. Immerhin: Die jüngste UN-Artenschutzkonferenz in Genf stellte die in Europa und Asien am meisten begehrten Hartholzarten unter Schutz.
Was Tiere angeht, so sollte ein begrenzter Handel mit im Kongo endemischen Tierarten weiter erlaubt bleiben, findet Craig Hoover, Vorsitzender der zuständigen UN-Kommission. Seiner Ansicht nach könnten sich die Menschen, die mit und von geschützten Arten leben, gegen Raubbau und Abholzung - und damit auch gegen die Waldbrände - am besten schützen.