Finnen in der Waffen-SS

Auszeichnung der Waffen-SS-Division "Wiking" 1942. Bild: Bild: <X>Bundesarchiv::http://www.bild.bundesarchiv.de<X>, / <X>CC-BY-SA-4.0::http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de<X>

Abschied von einem Mythos

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Wer waren die Finnen, die in der Waffen-SS dienten, wirklich? Diese Frage bewegt diese Woche die Öffentlichkeit des Landes. Aufgeworfen hat sie der Historiker André Swanström, der mit dem Werk "Die strebsamen Ritter. Finnische SS-Männer, Politik, Religion und Kriegsverbrechen" das bisherige Bild korrigiert.

Anhand von Briefen der finnischen Soldaten der SS-Division "Wiking" weist der Historiker die Beteiligung mancher der 1400 Freiwilligen an der Erschießungen von Juden und Kriegsgefangenen in der Sowjetunion nach.

In Finnland gilt dies als neu, noch in den achtziger Jahren hatte man den Soldaten ein Denkmal mit Lutherkreuz in Helsinki gestiftet. Denn das Land hat grundsätzlich einen besonderen Blick auf den Zweiten Weltkrieg. Finnland wurde Ende 1939 von der Sowjetunion angegriffen und musste 1940 Gebiete abtreten, das Land ging 1941 beim Angriff gegen die Sowjetunion eine "Waffenbrüderschaft" mit NS-Deutschland ein, die Helsinki im September 1944 wieder aufkündigte, als sich der kommende Sieg der Sowjetunion deutlich abzeichnete.

Diese Geschichte bewegt noch heute. Wer eine finnische Buchhandlung besucht, ist über die Masse an Literatur über den Zweiten Weltkrieg erstaunt. Geprägt ist das Zweite-Weltkriegs-Gedenken von dem erfolgreichen Widerstand finnischer Soldaten als Heimatverteidiger gegen zwei sowjetische Offensiven (der Winterkrieg 39/40 und die Wyborg-Petrosawodsker Operation). Die Verfolgung von Juden kam auf dem Territorium des stets souveränen finnischen Staates nicht vor und war so aus finnischer Sicht ein allein deutsches Thema. Finnische Freiwillige dienten von 1941 bis 1945 in der Waffen-SS, nach Auflösung des Regiments "Nordlands" im Mai 1943 kehrte ein Teil von ihnen wieder nach Finnland zurück und wurde dort wieder in die finnische Armee eingegliedert.

"Meine Entdeckungen stellen die Beschreibung des Geschehens durch die SS-Bataillone und durch deren Historienschreiber Professor Mauno Jokipiis in ein ganz anderes Licht", sagt Swanström.

Das Bild, dass die finnische Öffentlichkeit von der Waffen-SS hat, ist durch den 2007 verstorbenen Historiker geprägt, der 1968 sein 900-seitiges Opus Magnum dazu herausgab. Nach Einschätzung der größten finnischen Tageszeitung "Helsingin Sanomat" habe das Werk, das in enger Zusammenarbeit mit den Veteranen entstanden war, eine ähnliche Funktion der Rechtfertigung der SS-Mitgliedschaft gehabt, wie die Veteranenverbände im Nachkriegsdeutschland.

Swanström wies die Verbindung vieler finnischer Freiwillige, die ihre Verpflichtung gegenüber den finnischen Behörden offiziell als Wehrdienst anrechnen konnten, zur faschistischen Organisationen in Finnland nach. Auch nach Ende des Krieges sollten finnisch-deutsche SS-Beziehungen gepflegt worden sein.

Ein Fokus von Swanströms Arbeit war auch die Rolle von zwei finnischen Pastoren, die den christlichen Glauben mit der Mitgliedschaft in der Waffen-SS vereinbaren konnten. Kalervo Kurkiala avancierte zum Obersturmbannführer und pflegte Umgang mit Heinrich Himmler, auch das wurde in Jokipiis Werk ausgelassen. In den Briefen beschwerten sich finnische Freiwillige über das ihnen zugeteilte Erschießen von Juden, jedoch nicht aus moralischen Gründen, sondern da sie sich nicht mit der als gering eingestuften Aufgabe befassen wollten.

Swanström wird für seine Recherchen derzeit in Finnland als einseitig kritisiert, von schärferen Gegnern als "Kulturbolschewik" angefeindet, seine Telefonnummer ist geheim. Bis heute wird die Flagge des finnischen SS-Bataillons bei Feierlichkeiten der finnischen Streitkräfte gezeigt, nach Ansichten der Tageszeitung soll dies nach der Lektüre Swanströms Werk unterbunden werden.