Nordkoreas Elite-Soldaten für Putin: Der Deal hinter dem Deal

Parade für Armee in Pjöngjang. Bild: Bild: kcna.kp

Nordkorea schickt tausende Elitekämpfer nach Russland. Im Gegenzug fließen Geld und Militärtechnik nach Pjöngjang. Interne Dokumente zeigen: Die EU ist alarmiert.

Die Entsendung tausender Soldaten aus Nordkorea nach Russland beschäftigt auch die EU. Aus vertraulichen EU-Dokumenten, die Telepolis vorliegen, geht hervor, dass Brüssel die militärische Kooperation zwischen Moskau und Pjöngjang nicht nur scharf verurteilt, sondern als massive Eskalation wertet. Ein Detail dürfte die Sicherheitscommunity dabei aber spalten.

Die EU verfügte schon im Oktober über Informationen vom Geheimdienst und dem Verteidigungsministerium Südkoreas, nach denen Pjöngjang die Verlegung von bis zu 12.000 Soldaten nach Russland vorbereitet. Rund 3.000 nordkoreanische Elitekämpfer sollten sich zu diesem frühen Zeitpunkt bereits in russischen Trainingslagern befinden.

Strategische Interessen

Hinter dem überraschenden Schritt Nordkoreas stehen nach Einschätzung Brüssels mehrere strategische Interessen.

Im Gegenzug für die Truppenentsendung erhalte das international isolierte Land von Russland dringend benötigte Technologie zur Modernisierung der eigenen Streitkräfte sowie finanzielle Mittel.

Zudem wolle Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un durch die Unterstützung Moskaus seine Verhandlungsposition gegenüber den USA stärken – insbesondere mit Blick auf mögliche Gespräche mit dem künftigen Präsidenten Donald Trump.

Russland wiederum habe das nordkoreanische Angebot aus innenpolitischen Gründen angenommen. Dies gehe aus Analysen des südkoreanischen Geheimdienstes hervor. Angesichts hoher Verluste in der Ukraine ziehe der Kreml ausländische Unterstützung einer unpopulären Ausweitung der Wehrpflicht vor.

In den EU-Staaten löst das Vorgehen Pjöngjangs große Besorgnis aus. Dies sei "ein Zeichen der Schwäche Russlands" und zugleich eine aber weitere massive Eskalation, die eine starke Reaktion erfordere, so der Europäische Auswärtige Dienst. Man plane daher zusätzliche Sanktionen gegen Nordkorea und eine engere Abstimmung mit regionalen Partnern wie Südkorea und Japan.

EU will auf Globalen Süden einwirken

Auch der diplomatische Austausch mit Drittstaaten, vorwiegend im "Globalen Süden", müsse intensiviert werden. "Es gibt keine Rechtfertigung für Nordkoreas Teilnahme an diesem illegalen Krieg", soll ein deutscher Diplomat den Quellen nach gesagt haben. Dem globalen Ringen um Unterstützung im Ukraine-Konflikt verleiht die Entwicklung eine neue Dringlichkeit.

Pikant: Laut Einschätzung Südkoreas wurde China als engster Verbündeter Pjöngjangs offenbar nicht vorab über die Truppenentsendung informiert.

China nicht informiert

Beijing (Peking) sehe die vertiefte militärische Zusammenarbeit zwischen Moskau und Pjöngjang kritisch, werde dies aber wohl nicht öffentlich kundtun. Denn die Führung von Präsident Xi Jinping sei weiter an guten Beziehungen zu beiden Staaten interessiert, strebe jedoch keine Allianz oder vertiefte Dreierpartnerschaft an.

Unterdessen wirft der Einsatz nordkoreanischer Soldaten in der Ukraine viele praktische Fragen auf. Die entsandten Elitetruppen verfügen zwar über eine ideologisch geprägte Ausbildung, aber kaum Kampferfahrung. Auch ihre Einbindung in russische Befehlsketten sei eine Herausforderung, gibt das südkoreanische Verteidigungsministerium zu bedenken.

Weitere nordkoreanische Truppenverstärkungen zur Rotation oder Aufstockung gelten als wahrscheinlich, schätzen die EU-Experten den Telepolis vorliegenden Unterlagen nach ein.

Für die EU zeigt die jüngste Eskalation, wie eng die Sicherheit in Europa mit Ostasien verwoben ist. "Wir müssen unsere Bemühungen zur Unterstützung der Ukraine auf allen Ebenen fortsetzen", betonten deutsche Diplomaten in Brüssel.

Gleichzeitig sei eine enge Zusammenarbeit mit den demokratischen Partnern im Indopazifik nötig, damit diese den Druck auf Nordkorea erhöhen.

Die Protokolle der Europäischen Union verweisen aber auch auf einen internen Widerspruch: Zum einen wird der Einsatz der Nordkoreaner als Teil des "russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine" verurteilt.

Zum anderen verwiesen EU-Diplomaten darauf, dass noch unklar sei, ob die Nordkoreaner überhaupt in der Ukraine eingesetzt würden. Bisher ist tatsächlich nur klar, dass die Soldaten aus Nordkorea im russischen Verwaltungsbezirk Kurs eingesetzt werden – zur Gegenoffensive gegen ukrainische Truppen.