Fischsterben in der Oder: Werden jetzt alte Fehler wiederholt?

Toter Fisch an der Oder.

Bilder wie diese könnten auch in diesem Jahr wieder massenhaft an der Oder zu sehen sein.

(Bild: Anilga, Pixabay)

Hitze, Niedrigwasser, Salzeintrag: Ideale Bedingungen für die Goldalge. Im letzten Jahr war sie für das Fischsterben in der Oder verantwortlich. Warum es erneut Grund zur Sorge gibt.

Der deutsch-polnische Grenzfluss Oder war im vergangenen Jahr Schauplatz einer Umweltkatastrophe. Durch die Massenentwicklung einer Alge verendeten bis zu 400 Tonnen Fische, die aus der Oder geborgen werden mussten.

In diesem Jahr kündigt sich das massenhafte Fischsterben erneut an. In zwei polnischen Nebenflüssen der Oder, dem Gleiwitz-Kanal und dem Kedzierzyn-Kanal, wurden kürzlich mehrere hundert Kilogramm Fischkadaver geborgen.

Nach Angaben der Märkischen Oderzeitung (MOZ) waren es am betreffenden Samstag knapp 450 Kilogramm, am Sonntag weitere 370 Kilogramm und am Montag wurden nochmals 290 Kilogramm tote Fische aus dem Wasser gezogen.

Ursache: Goldalge

Wie im vergangenen Jahr gibt es derzeit eine Algenblüte. Wieder wurde die Brackwasseralge Prymnesium Parvum in erhöhten Konzentrationen nachgewiesen. Die gefundenen Fische wiesen die gleichen Rötungen und Verletzungen an den Kiemen auf, wie sie bereits im letzten Jahr durch die Goldalge verursacht wurden.

Die Oder selbst ist von der Algenblüte noch nicht betroffen. Doch Brandenburgs Umweltminister Axel Vogel (Grüne) schätzt die Gefahr als sehr groß ein. "Ich muss (…) einräumen, dass die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist", sagte Vogel am Montag dem Sender radio1 des RBB.

Wie im vergangenen Jahr herrschten Bedingungen, unter denen die Goldalge gut gedeihen könne. Es gebe Wärme, Niedrigwasser und eine hohe Leitfähigkeit im Fluss, die auf einen hohen Salzgehalt hinweise, sagte Vogel.

Fischbestand noch nicht vom letzten Jahr erholt

Die Entwicklung komme zu einer Zeit, in der sich der Fischbestand noch nicht von dem Massensterben im vergangenen Jahr erholt habe. Darauf wies Vogel am Montag hin, als er gemeinsam mit der Grünen-Europaabgeordneten Hannah Neumann vor Ort an der Oder war. "Tatsächlich ist es so, dass wir zu verzeichnen haben, dass wir bisher keine Revitalisierung haben", sagte er laut Deutscher Presse-Agentur (dpa).

Das aktuelle Fischsterben bietet erneut Konfliktpotenzial zwischen deutschen und polnischen Behörden. Die polnische Seite habe die deutschen Behörden nicht über die Vorfälle informiert, so der Vorwurf.

Polnische Behörden offenbar lange untätig

Die polnische Umweltministerin Anna Moskwa erklärte laut MOZ in einem Interview jedoch, dass ein Krisenstab zur Goldalge eingerichtet worden sei. Schließlich handele es sich bereits um das dritte lokale Fischsterben in diesem Jahr.

Deutsche Politiker und Wissenschaftler hatten schon vergangenes Jahr vorgeschlagen, die Salzeinleitung in die Oder zu begrenzen. Passiert sei in dieser Hinsicht bisher wenig, kritisierte Vogel jetzt. "Wir können jedenfalls nicht feststellen, dass sich an den Salzeinleitungen etwas geändert hat."

Der Krisenstab von Ministerin Anna Moskwa habe zwar vorgeschlagen, die Einleitung kommunaler und industrieller Abwässer systematisch zu steuern. Brandenburgs Umweltminister vermisst aber nach wie vor, dass die polnischen Behörden einen Zusammenhang zwischen dem Algenwachstum und den Salzeinleitungen herstellen.

Laut RBB sagte er, Polen zünde jetzt Nebelkerzen und spreche von einer Goldalge, die kein Salz benötige, um zu gedeihen. Dieses Verhalten sei besorgniserregend.

Was Wissenschaftler vorschlugen

Polen argumentiere nach wie vor, dass alle Einleitungen legal seien. Für Hannah Neumann ist das beim derzeitigen Zustand der Oder trotzdem zu viel. Sie warnte: Wo die Umwelt kaputtgeht, geht auch die Wirtschaft, die Landwirtschaft und der Tourismus kaputt.

Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) hatten im vergangenen Jahr vorgeschlagen, die Genehmigungen bis April von bestimmten Salzmengen, die eingeleitet werden dürfen, auf Salzkonzentrationen umzustellen. Dabei sollte auch ein ökologisch verträglicher Grenzwert auf wissenschaftlicher Basis festgelegt werden.

Sie hatten gewarnt, dass sich sonst die Katastrophe im Sommer wiederholen könnte.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.