Fixen & Schlucken

Sex & Drugs vor laufender TV-Kamera

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Früher war alles besser. Auch die Wirklichkeit. Zumindest die, mit der TV-Sender unter dem Stichwort „Reality-Show“ hausieren gehen. Um nach BigBrother, Dschungel-Camp und Co. heute überhaupt noch Aufmerksamkeit zu wecken, präsentieren die Produktionsfirmen inzwischen Shows, bei denen es richtig zur Sache geht. Es werden Samenspender gesucht, spektakuläre Sexerziehungsprogramme veranstaltet, oder es wird vor laufender Kamera gefixt und geschluckt. Und TV-Trendsetter sind wie schon bei BigBrother meist niederländische TV-Sender.

"Spuiten & Slikken“, also „Fixen & Schlucken“, ist nämlich tatsächlich der Titel einer Show, die vom 10. Oktober an im holländischen Fernsehen zu sehen sein wird. Dabei wird der 26-jährige Showmaster Filemon Wesselink auf Sauftouren durch Kneipen gehen, was ja noch harmlos klingt, und er will harte Drogen nehmen, beispielsweise LSD unter Aufsicht seiner Mutter. Natürlich darf auch Sex in einem solchen Konzept nicht fehlen. So soll unter anderem handfest oder mundreich geklärt werden, ob oraler Sex besser bei Frauen oder Männern ankommt.

So weit, so lustig. Aber natürlich ist das Ganze nicht lustig gemeint, sondern damit soll nach Angaben der Produktionsfirma BNN angeblich nur die Wirklichkeit widergespiegelt werden. „Unsere Intention", sagt die BNN-Sprecherin Ingrid Timmer, „ist nicht, einen Schrei der Entrüstung auszulösen. Wir wollen einfach nur über Themen reden, die ein Teil des Lebens der Jugend sind.“ Und bei einem Teil (nicht nur) der Jugend hat sie ja durchaus Recht. Warum jedoch in der Show dann nicht nur geredet, sondern eben auch gefixt und geschluckt werden muss, das verrät Ingrid Timmer allerdings nicht. Aus gutem Grund, denn sonst müsste sie ja eingestehen, dass es ihrer Firma und dem beteiligten Sender um Einschaltquoten und Werbeeinnahmen geht, und da ist ein „Schrei der Entrüstung“ mehr als hilfreich.

Das Konzept scheint jedenfalls aufzugehen. So haben politisch konservative Kreise bereits Kritik geäußert und die geplante Show als "gefährlich" und als "ein schlechtes Beispiel" bezeichnet. Das holländische Justizministerium hat dagegen eher moderat reagiert. Gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press erklärte erklärte Ivo Hommes, Sprecher des Ministeriums, dass Drogenkonsum im TV zwar illegal sei, aber die Polizei habe nicht die Mittel zur Verfügung, Personen, die im Besitz von weniger als einem halben Gramm Heroin sind, zu verfolgen. Zudem betonte er, dass Drogenkonsum ein gesundheitliches Problem und kein krimineller Akt sei. Dennoch sollte man so etwas nicht im Rahmen einer TV-Show zeigen.

Und wir deutschen TV-Gucker? Nun, vor allem dank härterer Gesetze und einer schärferen TV-Aufsicht ist bei uns die TV-Wirklichkeit noch nicht reif für Fixen und Schlucken. Obwohl die wirkliche Wirklichkeit in diesen Punkten ja schon längst weiter ist als die im Fernsehen.